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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Meshed ohne große Zwischenfälle bewältigt. Als Ferengi erregte Ross überall beträchtliches Aufsehen, aber daran war er gewöhnt. Das Wort »Ferengi« ging auf die Kreuzzüge zurück und war ursprünglich bloß die arabische Bezeichnung für Franken gewesen, war aber im Laufe der Zeit auf alle Europäer übertragen worden. In all den Jahren seiner Reisen war Ross schon mit allen möglichen Betonungen - von Neugier bis Verachtung - »Ferengi« genannt worden.
    Nun fehlten nur noch fünfhundert Meilen, bis er sein Ziel erreicht hatte. Die restliche Strecke sollte er in einem Monat zurücklegen können, es handelte sich jedoch um den gefährlichsten Teil der Reise, denn sie mußten die Karakum durchqueren, die Schwarze Wüste - ein Ödland mit wenigen Wasserstellen und vielen räuberischen turkmenischen Nomaden.
    Während Ross ein wachsames Auge auf die hellen, zerklüfteten Berge ringsherum warf, zügelte Alladah sein Pferd, um an seiner Seite zu reiten. »Wir hätten in Meshed auf eine Karawane warten sollen, Kilburn«, sagte er mit düsterem Unterton. »Drei Männer, die allein reiten, bieten eine lohnende Zielscheibe. Diese Räuber, die turkmenischen Banditen, werden uns erwischen.« Er spuckte verächtlich aus. »Das sind Menschenhändler, ein Schandfleck für den Glauben. Sie werden Murad und mich in Buchara als Sklaven verkaufen. Dich werden sie vielleicht sogar töten, denn du bist ein Ferengi.«
    Ross unterdrückte ein Seufzen. Sie hatten schon ein dutzendmal über dieses Thema gesprochen, seit sie Meshed verlassen hatten. »Wir werden bei Sarakhs auf die Karawane stoßen, wenn nicht  schon früher. Und wenn uns Räuber verfolgen, dann galoppieren wir ihnen einfach davon. Habe ich euch nicht in Teheran die besten Pferde besorgt?«
    Alladah musterte die Tiere und gab fast widerwillig zu: »Es sind prächtige Pferde, das stimmt schon. Aber die Turkmenen werden im Sattel geboren. Sie kennen keine Ehre, ihr Lebenszweck ist Plündern und Rauben. Wir können ihnen nicht davongaloppieren.«
    Wie gewöhnlich beendete Ross das Gespräch mit den Worten: »Vielleicht bekommen wir sie gar nicht zu Gesicht. Wenn doch, fliehen wir. Und wenn es geschrieben steht, daß wir als Sklaven gefangengenommen werden, so soll es geschehen.«  »So soll es geschehen«, wiederholte Alladah kummervoll.
    Das Oberhaupt der Festung von Serevan schritt die Mauern ab und durchmaß die Ebene unter sich mit scharfen, wachsamen Blicken, als der junge Schafhirte mit einer Nachricht eintraf, die er für wichtig hielt.
    Nach einer tiefen Verbeugung meldete der Junge: »Gul-i Sahari, heute morgen sah ich drei Reisende, die sich auf der Bir-Bala-Straße nach Osten bewegten. Sie ziehen allein, nicht als Teil einer Karawane.«
    »Was für Narren, so schutzlos durch dieses Land zu reiten«, lautete die gleichmütige Antwort. »Und noch dümmer, sich so nah an der Grenze zu bewegen.«
    »Ihr sprecht wahr, Gul-i Sahari«, stimmte der Hirte zu. »Aber da ist ein Ferengi, ein Europäer, bei ihnen. Zweifellos ist es seine Dummheit, die sie anführt.«
    »Weißt du, wo genau sie sich aufhalten?«
    »Inzwischen müßten sie sich dem kleinen Salzsee nähern«, antwortete der Hirte. »Heute morgen hörte ich von einem Freund meines Vetters, daß sein Onkel gestern eine Bande von Turkmenen ausgemacht hat.«
    Das Oberhaupt runzelte die Stirn und entließ dann den Hirten mit einer Silbermünze, auf die der Junge gehofft hatte. Einige Minuten lang beobachtete Gul-i Sahari gedankenverloren den Horizont. Da war also ein Ferengi -ein unwissender Ferengi - auf der Bir-Bala-Straße. Es mußte etwas unternommen werden.
    Als das Terrain rauher wurde, erhöhte Ross seine Wachsamkeit,  denn nun würde es Räubern noch leichter sein, gefährlich nah an sie heranzukommen. Obwohl er kaum glaubte, daß sich in dieser Gegend Turkmenen aufhielten, denn aufgrund der Armut schien dieses Grenzgebiet es kaum wert zu sein, daß Banditen ihre Zeit hier vergeudeten. Er warf einen Blick auf die kargen Berge, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Pfad, der nicht aussah, als würde er oft benutzt. »Murad, wie weit ist es bis zum nächsten Dorf?«
    »Vielleicht zwei Stunden, Kilburn«, antwortete der junge Perser voller Unbehagen. »Wenn das die richtige Straße ist. Der Winter ist hart gewesen, und die Berge sehen nicht mehr wie vorher aus.« Ross interpretierte die Bemerkung so, daß sie sich mal wieder verirrt hatten, und stöhnte laut auf. Er dachte an Murads

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