Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
einem schön gravierten Glaskörper.
Das Wasser blubberte sanft, als der Nawab am beweglichen Mundstück sog. Er seufzte zufrieden, zog dann das Mundstück aus seinen Lippen und bot Ross den Schlauch mitsamt einem anderen Mundstück aus Elfenbein an. »Bitte, raucht mit mir.« Ross hatte niemals Geschmack am Rauchen gefunden, aber wenigstens kühlte die Wasserpfeife den Rauch und machte ihn weniger abstoßend. Während er an der Pfeife sog, erkundigte sich sein Gastgeber: »Habt Ihr über das nachgedacht, was wir vor ein paar Tagen besprochen haben?«
Abdul Samut Khan hatte es also immer noch nicht aufgegeben, aus seinem Gast Gewinn zu schlagen.
»Ich habe darüber nachgedacht, und meine Antwort ist immer noch dieselbe«, antwortete Ross, als er den Schlauch zurückgab. »Ich habe weder das Gold, das dafür nötig ist, noch die Lust, den Emir zu hintergehen. Was sein wird, wird sein.«
Die Miene des Nawabs verhärtete sich, und er stopfte sich das Mundstück ruppig zwischen die Lippen. »Jawer Shahid Mahmud wird hierbleiben, um Euren Arrest zu überwachen. Natürlich ist er enttäuscht, daß er nicht mit in den Krieg ziehen darf, aber Eure Würde verlangt es, daß Ihr von einem ranghohen Offizier bewacht werdet.« Dann senkte er seine Stimme. »Obwohl er in meinem Haus Dienst tut, gehört seine Loyalität dem Emir. Und ich kann nicht voraussagen, was er tun wird, wenn die Kriegsberichte schlecht ausfallen.«
Mit anderen Worten, Shahid könnte sich entschließen, seinen Gefangenen zu ermorden, falls die Kämpfe nicht siegreich waren. Ross nahm erneut die nargileh und sog den Rauch tief ein, um ihn dann langsam auszuatmen. Es hörte sich ganz an wie ein nicht gerade dezenter Versuch, Ross Angst einzujagen und ihn zur Flucht zu überreden. Und die Drohung war effektiv - wenn Ross zwischen Shahid und Abdul Samut Khan hätte wählen müssen, dann hätte er sich für den Nawab entschieden, der zumindest vielleicht tat, wozu er bestochen worden war.
Doch zum Glück hatte Ross eine Alternative. »Ich weiß Eure Sorge um mein Wohlergehen zu schätzen, aber mit Euren Fähigkeiten zur Führung der Artillerie kann die Armee doch nur im Triumph heimkehren.«
»Ihr habt eine geschmeidige Zunge, Lord Kilburn.« Der Nawab mußte widerwillig lächeln. »Ich kann nicht entscheiden, ob Ihr große Unschuld besitzt oder große Tücke. Doch genug von solchen Dingen. Um zu etwas Angenehmeren überzugehen, ich beabsichtige, den Abend, bevor wir abziehen, ein kleines Fest für ein paar Freunde zu veranstalten. Es wird in meinen Gärten stattfinden, wir werden Musik und Tänzer haben - persische Tänzer, denn die sind viel besser als turkmenische. Ihr werdet sicher viel Spaß haben. In den Krieg zu ziehen, bedeutet, den Tod in Kauf zu nehmen, daher wollen wir das Leben feiern. Wie der große persische Poet Omar Khayyam sagte: >Mach das Beste aus dem, was wir noch haben mögen, bevor auch wir in den Staub zurücksteigen.< Ist es nicht so?«
Ross lächelte, als er den gleichen Vers hörte, den er für Juliet zitiert hatte. In dieser Hinsicht stimmte er mit seinem Gastgeber voll und ganz überei n .
Als Ross von dem Essen mit Abdul Samut Khan zurückkehrte, wartete Juliet, bis er den Riegel vor die Tür geschoben hatte, dann zog sie den Schleier ab und kam zu ihm.
»Es war ein erfolgreicher Tag«, murmelte sie, während sie ihre Arme um seine breite Brust schlang. »Ich hatte überhaupt keine Probleme, aus der Stadt herauszukommen, und unsere Waffen und Munition waren immer noch dort, wo wir sie gelassen haben. Nun ist alles auf dem Anwesen der Kasems versteckt und wartet nur noch auf uns. In zwei Tagen werden Saleh und Reza nach Persien abreisen, und drei Tage später sind wir auf dem Nachhauseweg.«
Ross gab keine Antwort, sondern hielt sie nur fest und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Juliet zog die Brauen zusammen.
»Ist etwas passiert?«
»Ich fürchte ja.« Er ließ sie los und zog seinen Rock aus. »Und ich
weiß - ehrlich gesagt - nicht, ob es gute oder schlechte Neuigkeiten sind.«
Neugierig, aber nicht alarmiert folgte Juliet Ross ins Schlafzimmer. Sie nahm ihren Kamm und ließ sich auf ein dickes Seidenkissen fallen. »Erzähl mir, was los ist.«
Ross löste seine Krawatte und rieb sich dann müde den Nacken mit einer Hand. »Heute kam Ephraim ben Abraham mit zwei Freunden zu Besuch. Sie berichteten mir, daß nicht ein, sondern zwei Europäer im Schwarzen Brunnen eingekerkert waren. Einer war Ian, der andere ein
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