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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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zurückkehren und Bericht erstatten. Außerdem habe ich . . . andere Verpflichtungen in Indien.«
    »Tut mir leid. Ich habe es ganz vergessen. Ross erzählte mir, daß du verlobt bist. Beschreib mir doch, wie sie ist, deine Verlobte.« »Georgina?« Er zögerte. »Wunderschön und bezaubernd. Blonde Haare, blaue Augen. Ihr Vater ist ein Colonel, also wird sie eine wunderbare Soldatengattin abgeben. Sie weiß immer genau, was sie tun und sagen muß.« Nach einer weiteren Pause fügte er hinzu: »Sie war das begehrteste Mädchen in ganz Nordindien.«
    Und ihre Beschreibung hörte sich unglücklicherweise genau nach dem Typ Frau an, die auf Juliet mißbilligend herabsehen würde. »Würden Georgina und ich uns mögen?«
    »Nun, ich denke nicht, daß ihr euch nicht mögen würdet.« Ian schüttelte den Kopf, dann stützte er sich an der Steinmauer ab und fügte mit plötzlicher Bitterkeit hinzu: »In diesem verfluchten Höllenloch habe ich jeden Tag an Georgina gedacht. Sie wurde für mich zum Symbol von allem Reinen, Gesunden und Unversehrten - all das, von dem ich glaubte, ich würde es nie wieder erleben. Und doch ist ihr Gesicht in meinem Kopf verschwommen ... ich kann mich nicht richtig erinnern, wie sie aussieht.«
    »Das ist nicht besonders erstaunlich, wenn man bedenkt, daß fast zwei Jahre vergangen sind, seit du sie zum letzten Mal gesehen hast«, erwiderte Juliet besänftigend. »Indien muß dir jetzt wie ein ganz ferner Trauni vorkommen, aber wenn du in dein altes Leben zurückkehrst, wird alles wieder an seinen Platz rutschen.«
    »Ich weiß nur nicht, ob ich in mein altes Leben zurückkehren kann«, gab er mit schwacher Stimme zurück. »Alles, woran ich je geglaubt habe, ist zerschmettert worden,  und ich habe keine Ahnung, ob man die Stücke wieder zusammenfügen kann.«
    Die verzweifelten Worte brachten Juliet in eine größere Nähe zu ihrem Bruder als die ganze Zeit zuvor, seit sie sich in Buchara wiedergefunden hatten, denn in ihrem Kummer waren sie wieder wie wahre Geschwister. Sie legte eine Hand über seine, die auf dem kühlen Stein ruhte. »Gib dir Zeit, Ian«, riet sie weich. »Du bist erst seit einer Woche frei. Nach allem, was du durchgemacht hast, würde es nicht überraschen, wenn die emotionalen Wunden länger zum Heilen brauchen als die körperlichen.«
    Sie wollte ihn trösten, aber zu ihrem Entsetzen mußte sie spüren, wie ihre Worte ihre eigene zerbrechliche Selbstbeherrschung unterminierten. Als der Kummer sie überwältigte, senkte sie den Kopf, um vergeblich ihre Tränen zu verbergen.
    Von seinem eigenen Elend abgelenkt, wandte sich Ian besorgt zu ihr. »Was ist los, Juliet? Hat es etwas mit Ross zu tun?«
    »Er reist morgen früh nach England ab. Ich glaube nicht, daß wir uns jemals wiedersehen.« Sie wischte sich die Augenwinkel mit dem Ärmel ihres seidenen Kaftans ab und setzte dann hilflos hinzu: »O Ian, ich habe alles zu einer Katastrophe gemacht. Vor zwölf Jahren habe ich Ross in einem Anfall zeitweiligen Irrsinns verlassen und dann einen Fehler nach dem anderen hinzugefügt, bis sie unverzeihbar waren. Nun ist es zu spät.«
    »Ross will dich nicht mehr?« fragte Ian überrascht. »Ich dachte immer, er wäre der verständnisvollste Mensch, den ich kenne, und es sieht bestimmt so aus, als würde er dich noch immer lieben.« Sie schüttelte den Kopf. »Er will, daß ich mit ihm gehe, aber das kann ich nicht. Er weiß nicht, was damals wirklich geschehen ist, und ich kann es nicht ertragen, es ihm zu sagen.« Ihre Stimme brach. »Ich verletze ihn ständig, aber wenn ich ihm die Wahrheit anvertraue, dann wäre es das Schlimmste für ihn.«
    »Was ist denn passiert?« fragte Ian weich. »Ist es etwas, das du, wenn schon nicht einem Ehemann, dann einem Bruder erzählen kannst?«
    Juliet überlegte einen Moment, ob sie die ganze bittere Geschichte ausschütten sollte, doch ihr Magen verkrampfte sich allein bei dem Gedanken daran. »Nein«, flüsterte sie. »Ich kann es  niemandem sagen. Ich kann einfach nicht.«
    »Versuch es«, drängte Ian. »Wenn du ein Geheimnis hast, das Ross betrifft, ist es selbstsüchtig, es für dich zu behalten. Laß ihn sich doch seine eigene Meinung bilden.« Seine Stimme wurde wieder zärtlicher. »Das Glück ist eine fragile Angelegenheit, die schnell zu verlieren und nur sehr schwer wiederzuerlangen ist. Wirf nicht einfach alles weg, nur weil du vor zwölf Jahren eine Dummheit begangen hast.« Er legte einen Arm um ihre Schultern. »Als du mir

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