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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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einander zu beweisen.
    Dann funkelte es gefährlich in Dil Assas Augen auf. Sein Blick glitt über die Menge der Zuschauer, die sich schon wieder gesammelt hatten, denn schließlich geschieht im Orient nichts ohne Publikum.
    »Als Geste der Freundschaft will ich den Ferengi einladen, an einer turkmenischen Tradition teilzuhaben.« Er machte um der Dramatik willen eine Pause. »Morgen halten wir ihm zu Ehren ein Buskaschi ab. Und es ist ihm sogar erlaubt, mitzumachen!«
    Bei dem Wort Buskaschi erhob sich ein Murmeln in der Menge. Ross hatte den Ausdruck schon gehört, wußte aber nur, daß es ein Spiel war, das man auf dem Pferderücken spielte. Mißtrauisch fragte er nach: »Was ist Buskaschi?«
    Dil Assa grinste wölfisch. »Es ist ein großartiges Spiel, das unsere Vorfahren schon vor undenkbaren Zeiten spielten. Der Name bedeutet: Ziegenfangen. Männer auf Pferden kämpfen um den kopflosen Körper einer Ziege. ” Der  Kadaver muß um einen weiter entfernten Pflock herumgetragen, dann zurückgebracht und in den Kreis derGerechtigkeit geworfen werden. Derjenige, der die Ziege in den Kreis schleudert, ist der Sieger. Natürlich erwartet niemand, daß ein Ferengi gewinnen kann, aber es sei dir' gestattet mitzuspielen.«
    Man brauchte kein Genie zu sein, um zu ahnen, wieviel Gewalttätigkeit die kurze Erklärung barg. Wenig begeistert sagte Ross: »Ich fühle mich geehrt, aber ich habe weder ein Pferd noch Verständnis für das Spiel.«
    »Das macht nichts«, antwortete Dil Assa großmütig, »Buskaschi ist so einfach, daß es selbst ein Ferengi lernen kann. Und ich leihe dir eines meiner eigenen Pferde.«
    Ross ließ seinen Blick über die erwartungsvollen Gesichter der anderen Karawanenmitglieder gleiten. Er hatte sich eine Menge Sympathien unter ihnen eingehandelt, aber wenn er sich weigerte, auf Dil Assas barbarisches Spiel einzugehen, konnte einiges davon zunichte gemacht werden. Es gab keinen würdevollen Weg  zum Rückzug, denn sogar der Kalif sah zufrieden aus. »Dann wird es mir ein Vergnügen sein.«
    »Herrlich!« Dil Assa schwang sich auf sein Pferd. »Komm morgen zu unseren Zelten, wenn die Sonne sich halb zum Zenit erhoben hat. Und bring deine Freunde mit, damit sie deine Reitkünste bewundern können.« Mit bombastischer Publikumswirksamkeit brachte er sein Pferd zum Steigen, riß es dann herum und galoppierte, gefolgt von seinen Männern, davon. Nachdem er sich innerlich zugestanden hatte, daß die Runde an Dil Assa gegangen war, wandte Ross sich um und verbeugte sich vor dem Kalifen. »Vielen Dank für Eure Intervention, Majestät. Gottes Hand lag über dem Zufall, der Euch zu unserem Feuer führte.«
    Abd Urrahmans Augen zwinkerten vergnügt. »Nicht unbedingt Zufall, obwohl du gewiß unter Gottes schützender Hand weilst. Heute morgen kam ein Kameltreiber in mein Haus und berichtete mir von deiner Falschheit und der deines Tuareg-Dieners. Er wollte, daß ich dich steinigen lasse, aber ich wollte lieber selbst urteilen. Zudem dachte ich mir, daß Dil Assa dich aufsuchen würde, sobald er hörte, daß ein Ferengi sich in Merw aufhält, denn sein Bruder wurde in Afghanistan von den Briten getötet. Er ist ein guter Kerl, dieser Dil Assa, aber sehr impulsiv.« Der alte Mann neigte anmutig den Kopf. »Ich habe unser Gespräch genossen, Kilburn. Deine Ansichten über Theologie sind ungewöhnlich, aber sie entstammen einem gläubigen Herzen.«
    Selbst nachdem der Kalif bereits fort war, blieb Ross' Feuer noch länger Zentrum des Interesses für die Karawanenmitglieder, die herbeikamen, um begeistert über Buskaschis zu berichten, die sie gesehen hatten. Die Aussicht auf das Spiel am nächsten Tag versetzte alle in gute Stimmung.
    Es war lange nach Einbruch der Dunkelheit, und die meisten Leute hatten sich endlich zu ihren Schlafstellen begeben, als Juliet aufstand und ihm zumurmelte: »Laß uns ein Stück Spazierengehen.«
    Ein paar Minuten später stand er ebenfalls auf und entfernte sich schlendernd vom Lager. Wie in Sarakhs war auch diese Karawanserei am Rande der Stadt angesiedelt, und als er endlich auf Juliet traf, waren sie schon ein gutes Stück in der Wüste. Während sie sich ihren Weg durch die mondbeschienenen Dünen suchten, fragte er: »Wo bin ich da bloß hineingeraten?«
    »Stell dir ein Buskaschi als eine Mischung von Fuchs-Jagd und der Schlacht bei Waterloo vor«, gab sie trocken zurück.
    Er lachte. »So übel?«
    »Schlimmer. Da Dil Assa versprochen hat, dich nicht zu ermorden, hat er

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