Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
so die beste Chance, dir einen tödlichen Unfall zu verursachen.«
»Ja, vermutlich wird er nicht vor Kummer eingehen, wenn das geschieht«, stimmte Ross zu, »aber ich kann mir vorstellen, er will mich hauptsächlich demütigen. Das wird wie Balsam für seinen verletzten Stolz sein. Hast du schon viele Buskaschis gesehen?«
»Nur eins. Jeder dachte, ich wäre ein Mann, aber ich fand, ich sollte mein Glück nicht strapazieren, indem ich mir noch mehr ansah. Turkmenische Frauen sind bei solchen Spielen nicht zugelassen, es hätte also gefährlich werden können, wenn man mich entdeckt hätte.« Sie hielt an und pflückte eine blasse Blume, die nach dem kurzen Schauer am Abend zuvor erblüht war. »Männer scheinen Buskaschi zu verehren. Ich bin sicher, daß jetzt, während wir sprechen, die Nachricht durch die Wüste geht. Hunderte, vielleicht Tausende werden morgen kommen und zusehen. Es ist ein Winterspiel, und dies wird wahrscheinlich bis zum Herbst das letzte sein, denn es ist schon fast zu heiß geworden.«
»Wie sind die Regeln?«
»Es gibt keine. Die Anzahl der Spieler ist gleich, es können zehn oder hundert sein, und jeder Mann ist auf sich allein gestellt. Ich vermute, daß das Buskaschi ursprünglich als Kriegsübung für die räubernden Mongolenhorden entstand. In diesem Spiel ist nichts kompliziert: es geht um nackte Kraft und Reitkunst.« Sie warf ihm einen zweifelnden Blick zu. »Du bist ein exzellenter Reiter, aber du hast gesehen, was Turkmenen können.«
»Ja, sie sind offenbar auf dem Pferderücken geboren, und ich glaube kaum, daß sie durch irgendeinen Fairneßgedanken belastet sind.« Ross zuckte die Schultern. »Ich habe nicht das Bedürfnis, sie in ihrem eigenen Spiel zu besiegen. Wenn ich mich bis zum Ende auf meinem Pferd halten kann, dann habe ich genug für die britische Ehre getan, denke ich.«
»Wirst du auch morgen in der Hitze des Spiels daran denken?«
Er lächelte, pflückte noch eine der Blumen und steckte sie in eine Falte ihres Schleiers über dem Ohr. »Ganz sicher. Ich war noch nie wild auf Spiele.«
Eisern ignorierend, was er mit der Blume gemacht hatte, sagte sie: »Ich dachte immer, du wärst in Eton so eine Art Sportheld gewesen.«
»Ja«, gab er zu. »In Eton hatte man kaum die Wahl, ob man mitmachte oder nicht, aber mein Herz war nie dabei.«
»Mein Vater wäre sprachlos und schockiert, wenn er dich so reden hörte«, gab Juliet mit einer Andeutung von Belustigung zurück. »Er hatte keinen Respekt vor Männern, die sich nichts aus körperlicher Ertüchtigung machten.«
Neugierig und nicht bereit, diesen kostbaren Moment der privaten Unterhaltung schon zu beenden, setzte sich Ross im Windschatten eines Hügels nieder, von wo aus sie in der Ferne den Fluß von Merw sehen konnten. Lässig griff er nach Juliets Hand und zog sie zu sich herunter. Als sie nicht protestierte, überlegte er kurz, ob er ihre Hand in seiner behalten sollte, entschied dann jedoch, daß es klüger wäre, dies nicht zu tun.
Immer noch beiläufig, bemerkte er: »Weißt du, es ist das erste Mal, daß ich dich etwas über den Charakter deines Vaters sagen höre. Ich weiß, daß er in verschiedenen fernen Ländern gedient hat und daß er starb, als du sechzehn warst. Aber ansonsten weiß ich praktisch gar nichts. Mir kommt es so vor, als hätte nie einer aus deiner Familie Ihn je erwähnt.«
Juliet seufzte. Eine leichte Brise strich über die Dünen, Und sie zog den Schleier herunter, so daß die Nachtluft ihr kühlen konnte. »Er war ein schwieriger Mann.
Kinder zu haben schuldete er seinem Namen, aber ansonsten hatte er kaum Interesse an seinen Söhnen, noch weniger an seiner Tochter. Obwohl er in vieler Hinsicht bewundernswert war, so war er auch ein ziemlicher Tyrann. Ich nehme an, daß für die Familie vor zwölf Jahren die Erinnerung noch zu frisch war, um unbelastet über ihn zu reden. Nun dürfte genug Zeit verstrichen sein, um ihn aus der Distanz zu betrachten.«
»Wie hast du für ihn empfunden?« Sie zögerte. »Ich wünschte mir immer verzweifelt, es ihm recht zu machen, aber weil er ein solcher Tyrann war, hatte ich ständig mit ihm zu kämpfen. Das taten wir eigentlich alle, außer der armen Mutter, die ständig wie ein hilfloses frischgeschlüpftes Küken zwischen ihrem Ehemann und ihren Kindern gefangen war.«
»Interessant«, murmelte Ross und hielt seinen Blick auf das bleiche Oval ihres Gesichts geheftet. Er wollte sie so gerne berühren, daß er befürchtete, seine
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