Wilder als Hass, süsser als Liebe
tun.«
Verdutzt erkannte ROSS, daß die Warnung von seinem Wächter Zadeh gekommen sein mußte, der einer der jüngeren Soldaten im Haushalt des Nawab war. Ohne den Kopf zu drehen, flüsterte ROSS zurück: »Was hältst du von seinem Angebot, mir bei der Flucht zu helfen?«
»Er wird nur Euer Gold nehmen und Euch dann der Spionage anklagen, damit Ihr verurteilt werdet«, kam die prompte Antwort.
»Das habe ich vermutet«, murmelte ROSS. »Sag mir eines: Wenn ich versuchen würde, eines Nachts aus dem Haus zu fliehen, könnte es unter den Wachen welche geben, die vielleicht … in eine andere Richtung blicken würden?«
»Es gibt viele, die Euch helfen möchten«, antwortete Zadeh vorsichtig, »doch da dies ein Risiko ist, wäre ein kleines Geschenk angemessen.«
ROSS nickte und betrat dann seine Zimmer. Vermutlich war es sowohl billiger als auch sicherer, die Wachen direkt zu bestechen, als sich auf die unsichere Hilfe des Nawab zu verlassen. Doch aus dem Gebäudekomplex zu flüchten, würde nur der erste Schritt sein. Und der leichteste.
Juliet verbrachte den Morgen bei Saleh und Murad und sprach mit ihnen mögliche Pläne durch, denn instinktiv wußte sie, daß die Zeit knapp war. Das konkrete Gespräch tat ihr gut, denn es lenkte sie von der Erinnerung an die aufwühlende Nacht zuvor ab.
Später besuchte sie die verschiedenen Karawansereien, um herauszubekommen, wann und wohin die Karawanen abziehen würden. Erst spät am Nachmittag, als die Hitze am schlimmsten war und Buchara unter dem gelben, unbarmherzigen Licht Zentralasiens schmorte, kehrte sie zum Haus des Nawab zurück.
Sie war gerade durch das Tor getreten und lief durch einen dämmrig beleuchteten Flur, als sie mit Jawer Shahid Mahmud zusammentraf. Er hatte sich bisher nicht herabgelassen, ihre Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen, doch nun funkelten seine Augen nachdenklich auf, als er sie sah.
Niemand anderes war in der Nähe, und Juliet fühlte ein warnendes Kribbeln im Nacken. Den Blick stur geradeaus gerichtet, versuchte sie, um den Usbeken herumzugehen, doch er griff nach ihr und packte ihren Arm, bevor sie noch entwischen konnte.
»Nicht so schnell, Targi. Ich war bisher nicht sehr gastfreundlich zu dir. Dem Name ist Jalal, richtig?«
Sie gab keine Antwort, sondern blickte ihn nur aus verengten Augen an. Er war wenige Zentimeter größer als sie, aber weitaus schwerer, und es gefiel ihr überhaupt nicht, wie er sie nun anstarrte.
Shahid ließ sich nicht beirren. »Ich habe mich gefragt, wie dein Herr einen solchen dreisten Sklaven tolerieren kann, aber nun weiß, ich, daß du verborgene Qualitäten hast.« Er grinste breit und unfreundlich. »Ihr hättet gestern nacht leiser sein sollen.«
Juliet verfluchte sich selbst. Trotz all ihrer Versuche, ihre Stimme so leise wie möglich zu halten, hatte man sie belauscht, und das war zweifellos ihre Schuld. Als ROSS vom Emir zurückgekehrt war, hatte sie sich in seine Arme geworfen, als die Tür noch offen gewesen war. Der Jawer, der sich seiner Beute beraubt gedacht hatte, mußte beschlossen haben, noch ein wenig vor der Tür herumzulungern, um vielleicht etwas Nützliches aufzufangen.
Nun wußte er, daß Juliet eine Frau war, und sie hatte-einen schrecklichen Verdacht, was er mit dem Wissen zu tun gedachte.
Sie versuchte sich loszureißen, aber der Usbeke drehte ihr den Arm um und drückte sie gegen die Wand. »Es gibt ein berühmtes Pushtu-Liebeslied, es heißt >Zakmi Dil<, was >Verwundetes Herz< bedeutet«, raunte er leise. »Vielleicht kennst du es ja. Es geht so: >Es gibt einen Burschen über dem Fluß mit dem Hintern wie ein Pfirsich, aber ach! Ich kann nicht schwimmen.<«
Er grinste wieder, und seine Zungenspitze fuhr sich über die Lippen. »In Buchara sind wir besser dran, denn der große Fluß Amu ist Meilen von hier entfernt, und wir brauchen nicht zu schwimmen.« Mit plötzlicher Gewalt wirbelte er sie herum und rammte sie mit dem Gesicht voran an die Wand, während er ihr den verdrehten Arm hinter dem Rücken hochzog. »Du gehst so geschmeidig und anmutig wie ein Weib.«
Er packte mit der freien Hand an ihren Po. »0 ja, Junge«, flüsterte er heiser. »Dein Hintern ist wirklich wie ein Pfirsich. Du solltest ihn nicht an einen Ungläubigen verschwenden.«
Später würde sie froh sein, daß er das Geheimnis ihrer wahren Identität nicht entdeckt hatte — jetzt jedoch war sie mehr darum besorgt, ungeschändet zu entkommen. Anstatt sofort zuzutreten, zwang sie sich, ruhig zu
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