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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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dem Fenster und beobachtete ROSS’ Abstieg an der Wand mit konzentrierter Neugier.
    Als er den Boden erreicht hatte, war Juliet an der Reihe. Sie blickte noch ein letztes Mal umher, ob sie auch nichts vergessen hatten, und mußte lächeln, als sie an ihre eigene Sentimentalität dachte. Ohne es ROSS zu sagen, hatte sie beschlossen, das Tänzerkostüm der Nacht zuvor einzupacken. Federleicht wie es war, ließ es sich leicht zusammenfalten und in einer Tasche unter ihrem Gewand verstauen. Mit Gottes Willen konnte sie vielleicht in Serevan erneut tanzen.
    Dann verscheuchte Juliet diese unpassenden Gedanken und stieg ebenfalls aus dem Fenster. Am Boden angelangt, zog sie an dem Seil, so daß es oben um das Bein des Bettes glitt und schließlich neben ihr auf die Erde fiel. ROSS rollte es rasch zusammen und schlang es über die Schulter, damit kein Beweis ihrer Flucht zurückblieb. Da ihre Räume oben von innen verriegelt waren, würde es mit etwas Glück bis zum folgenden Mittag dauern, bis die Diener des Nawabs bemerkten, daß ihre Gefangenen fort waren.
    Juliet ging zuerst und ROSS folgte ein Dutzend Schritte hinter ihr, während sie sich in den Schatten ihren Weg durch den Garten bahnten. Da im Sommer die meisten Diener wegen der kühleren Luft auf den Dächern schliefen, konnten schon leise Geräusche leichte Schläfer aufwecken.
    Für ein anständiges Bestechungsgeld hatte Zadeh, der hilfreiche Wächter, ihnen versprochen, die selten benutzte hintere Tür ganz am anderen Ende des Grundstücks unverschlossen zu lassen, so daß es nicht besonders schwierig sein durfte, aus dem Besitz des Nawabs herauszukommen. Selbst wenn Zadeh es sich anders überlegt hatte oder nicht in der Lage gewesen sein sollte, den Schlüssel zu bekommen, so hatten sie immer noch das Seil und konnten zur Not über die Mauer klettern.
    Dummerweise ging es bereits schief, als Juliet um eine Ecke bei den Ställen glitt und in die schwankende Gestalt von Jawer Shahid Mahmud rannte. Er roch nach Pferden und nach Alkohol; offenbar hatte er in irgendeiner finsteren Spelunke in der Stadt getrunken und war ausgerechnet jetzt zurückgekehrt.
    Als Juliet hastig zurückwich, grollte Shahid in üblicher beleidigender Manier: »Paß doch auf, wo du hingehst, daous.«
    Juliet murmelte eine heisere Entschuldigung und versuchte, um ihn herumzugehen, aber es war zu spät: Der schwarze Tagelmoust, den sie getragen hatte, um mit den Schatten verschmelzen zu können, verriet sie nun im Handumdrehen.
    Shahid packte sie grob an den Handgelenken. »Na, wenn das nicht das Schätzchen des Ferengis ist.« Seine Stimme wurde schmierig, als er ihre Arme verdrehte. »Was für ein Glück, denn ich bin gerade jetzt in der Stimmung, zu vollenden, was ich neulich angefangen habe, und diesmal pass’ ich besser auf.«
    Juliet stand still, ohne den Versuch zu machen, sich zu wehren. Da ROSS hinter ihr war, machte sie sich keine Sorgen darüber, was Shahid wohl tun konnte, doch die Stimme des Offiziers tönte so laut, daß sie befürchtete, er könnte die Stallburschen auf dem Dach über ihnen wecken.
    »Und jetzt will ich erst mal dein Gesicht sehen.« Mit erstaunlicher Gewandtheit gelang es ihm, ihre beiden Handgelenke mit einer fleischigen Faust festzuhalten, während die andere nach ihrem Schleier grapschte.
    Jetzt konnte Juliet nicht mehr passiv auf ihre Rettung warten, sondern sprang zurück und trat Shahid gegen den Fußknöchel.
    Wo, zum Teufel, blieb ROSS?
    Sie bekam ihre Antwort ein paar Sekunden später, als sie eine kurze Bewegung hinter dem Usbeken entdeckte, doch bevor ROSS
    zuschlagen konnte, spürte Shahid seine Anwesenheit. Mit einem Brüllen ließ der Jawer Juliet los und wirbelte herum. Sein Ruf wurde durch den ekelerregenden dumpfen Laut eines schweren Pistolengriffs auf einem menschlichen Schädel erstickt. Shahid taumelte zur Seite und stürzte wie eine gefällte Eiche zu Boden.
    Juliet erstarrte in purem Entsetzen. »Glaubst du, er ist tot?«
    »Unglücklicherweise nicht, aber er wird teuflische Kopf-schmerzen haben, wenn er aufwacht.« ROSS schob die Pistole in seine Tasche zurück. »So weit zu unseren hübsch zurechtgelegten Plänen. Komm, verschwinden wir hier, und laß uns hoffen, daß niemand aufwacht und uns über den Weg läuft.«
    Sie sprinteten die letzten hundert Meter zum Tor. Sie hatten Glück gehabt, daß Shahid keine Chance bekommen hatte, ROSS’
    Verkleidung zu sehen, und nun - Gott sei’s gelobt - war die Hintertür genauso

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