Wilder als Hass, süsser als Liebe
geschoben. Ihr Anblick war ein wundervoller Start in den Tag, denn sie trug nichts außer dem Goldkettchen mit dem Ehering als Anhänger. Im blassen Licht der Dämmerung schimmerte ihre helle Haut wie Perlmutt, und ihr Haar wirkte dunkel, nur mit einem Hauch von Kastanienbraun versehen.
Behutsam zog er das Laken herunter, damit er mehr von ihren schönen Rundungen betrachten konnte.
Nein, er starb definitiv nicht. Nicht, wenn man aus dem schloß, wie sein Körp,er auf ihre Nähe reagierte.
Aber das, was so einfach gewesen war, als er an der Schwelle des Todes gestanden hatte, war nun wieder schwierig. Er zweifelte nicht daran, daß er Juliet liebte -diese Wahrheit war so gewaltig, daß er sie nicht abzustreiten versuchen konnte.
Das Problem war nicht die Liebe, sondern das Leben. Die Gefahr hatte sie beide wieder verbunden … aber ohne dieses Band, was blieb von ihrer Ehe? In Buchara hatten sie beide die Differenzen absichtlich ignoriert, weil sie sich gegenseitig dringend gebraucht hatten. Doch gegen alle Wahrscheinlichkeit hatten sie überlebt, und nun mußten sie sich den explosiven, unbeantworteten Fragen der Vergangenheit stellen.
Er wünschte sich so sehr, sie mit nach England zu nehmen, daß es schon weh tat. Bei jeder anderen Frau würde er meinen, daß Freude, Leidenschaft und Zuneigung ausreichten, um eine Ehe aufrecht zu halten, doch mit tiefer Verzweiflung befürchtete er, daß all dies nicht genug sein würde, Juliet zu halten.
Mit leicht unsicherer Hand streichelte er ihr Haar. Sie mußte im Hammam gewesen sein, denn die leuchtenden Locken fielen weich wie ein Wasserfall aus Seide über ihre Schultern.
Bei seiner Berührung flogen ihre Lider flatternd auf, und sie schenkte ihm ein Lächeln unkomplizierter Zärtlichkeit. Dann hob sie eine Hand und ließ ihre Fingerspitzen über seine Gesichtszüge gleiten. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch er durfte das nicht zulassen, denn Worte würden sie vor den Abgrund ihrer Zukunft bringen. In dem verzweifelten Wunsch, dies noch hinauszuzögern, beugte ROSS
sich vor und küßte sie mit der ganzen Macht seiner Ängste und seiner Sehnsucht.
Sie machte tief in ihrer Kehle ein ersticktes Geräusch und reagierte rasch mit tiefer Intensität, als ob auch sie das Ende fürchtete, das sich unaufhaltsam näherte. Es lag soviel lebendige Unmittelbarkeit in diesem Kuß, soviel Rechtmäßigkeit in ihrem Verlangen, daß es unmöglich war, sich vorzustellen, es könnte das letzte Mal sein.
Vielleicht würde er nie wieder so wie jetzt den sanften Druck ihrer Haut auf seiner spüren. Oder so wie jetzt die samtige Härte ihrer festen Brustspitzen unter seiner Zunge. Oder das rauhe Atmen an seinem Ohr vernehmen, wenn er ihre intimste Stelle abtastete, neckte, liebkoste so wie jetzt, bis sie vor Begierde pulsierte. Er würde es nicht ertragen können, nie wieder ihr scharfes, freudiges Einatmen hören zu können, wenn er in ihre glühende Hitze eindrang, so wie jetzt.
Er versuchte, sich und seine Ängste in ihr zu verlieren, wollte die Leidenschaft so entfachen, daß sie sie ewig an ihn binden würde. Er schmeckte die drängende Furcht in ihrem Kuß und sah die Verletzlichkeit in ihrem Gesicht. Vielleicht würde er nie wieder eine solche Vereinigung spüren, die erschreckende Freude, die Kontrolle ganz und gar zu verlieren, so wie jetzt, o Gott, so wie jetzt…
Nach der Leidenschaft hatte sie ein zerbrechlicher Frieden eingehüllt, und sie kuschelten sich befriedigt aneinander, als sie gemeinsam wieder einschliefen. Doch als sie zum zweitenmal aufwachten, hatte sich ein schmaler, unangenehmer Abgrund zwischen ihnen aufgetan. Um das Schweigen zu füllen, murmelte Juliet: »Wenn der ha-kitn, der Doktor, wüßte, daß ich einen verwundeten Mann dazu gebracht habe, sich derart zu verausgaben, dann würde er mir das nie verzeihen.«
»So schlimm kann es mit mir nicht stehen, sonst hätte ich gar keine Chance zur Verausgabung gehabt.« Behutsam tastete ROSS den Verband an seinem Kopf ab und zuckte zusammen.
»Das wird wohl noch eine Weile weh tun, und wahrscheinlich habe ich die größte Ration meiner Tagesenergie schon aufgebraucht, aber ich werde dem hakim gerne erzählen, daß deine Pflege wundersam effektiv war.«
Seine Miene wurde nüchterner, und er streckte den Arm aus, um den Ring an ihrer Halskette zu berühren. Juliet, die sicher war, daß er nun gleich etwas die Zukunft betreffend sagen wollte, tat, als ob sie die Geste nicht bemerkte. In dem
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