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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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wäre. Dann wäre sie vermutlich ein herausragender General oder Politiker geworden.«
    Juliet griff das neue Thema begeistert auf. »Stimmt ja, du hast ja Lady Hester besucht. Wann warst du da? Wie war sie denn so?«
    ROSS zögerte. Offenbar hatten die langen Jahre die naive Bewunderung seiner Frau für die selbsternannte »Königin der Araber« nicht vermindert, und er wollte ihr die Illusionen nicht nehmen. »Ich lernte Lady Hester vor sechs oder sieben Jahren kennen. Sie war schlagfertig und hatte klare Meinungen.
    Launenhaft. Bewundernswert, aber auch bemitleidenswert.«
    Juliet war entsetzt. »Wie kann so eine unglaubliche Frau wie Lady Hester bemitleidenswert sein? Es hat nie eine wie sie gegeben!«
    »Das ist sicher richtig.« ROSS erkannte, daß er vorsichtig mit dem, was er sagte, sein mußte. Seine Frau hatte an diesem Abend bereits genug schlechte Nachrichten gehört. »Aber als ich sie besuchte, war ihre Gesundheit bereits schwer angegriffen, und sie verließ ihre Festung praktisch nicht mehr. Für eine Frau, die eine großartige Reiterin und passionierte Reisende gewesen ist, muß das sehr schwer gewesen sein.«

    Etwas scheu gestand Juliet: »Als ich mich entschloß, in Serevan zu bleiben, schwor ich mir, genauso zu leben und zu handeln wie Lady Hester: Jeden Flüchtling, egal aus welchem Stamm und von welcher Herkunft, willkommen zu heißen - jeden in meinen Mauern zu beschützen und niemanden hungrig fortzuschicken.«
    Ihre Stimme klang verträumt. »Es verblüfft mich immer noch, daß die Nichte von William Pitt, die im Mittelpunkt der britischen Politik lebte, der Gesellschaft einfach den Rücken zukehrte, um ihr eigenes Königreich in Syrien zu erschaffen.«
    »In gewisser Hinsicht ist das höchst verständlich«, antwortete ROSS nachdenklich. »Lady Hester war zum Regieren geboren worden, aber was sie an Einfluß besaß, rührte aus der Tatsache, daß sie die Nichte des Premierministers war. Nachdem Pitt gestorben war, gab es in England für sie nichts außer Ungewißheit, und das hätte sie verabscheut. Im Osten konnte sie genau das tun, was sie wollte, und sie besaß wieder Autorität.«
    Eifrig setzte Juliet hinzu: »Sie war unglaublich mutig. Kennst du die Geschichte, wie sie als erste Europäerin die Ruinen von Palmyra besucht hat? Sie hatte den Mut, sich absolut in die Hände und in den Schutz von Beduinenräubern zu begeben -« Abrupt brach Juliet ihren Monolog
    ab. »Tut mir leid … du weißt das natürlich alles. Bitte erzähl mir, wie es war, sie zu treffen.«
    »Ich war damals in Zypern und beschloß, in den Libanon überzusetzen, natürlich in der Hoffnung, daß Lady Hester mich bemerken würde. Schließlich hat man nicht allzu oft die Chance, eine lebende Legende kennenzulernen.«
    ROSS und Juliet hatten sich inzwischen ein gutes Stück von der Karawanserei entfernt, also setzten sie sich in stummem Einvernehmen auf ein Fleckchen weichen Sands vor einem Hügel, der sie vor dem Wind schützte. »Obwohl kein Besucher jemals abgewiesen wurde, weigerte Lady Hester sich oft, sie persönlich zu treffen. Aber ich hatte Glück - sie erinnerte sich aus ihrer Zeit in der Politik an meinen Vater und beschloß, mich zu empfangen.« Er grinste. »Es war wirklich ein Erlebnis. Obwohl Lady Hester fast sechzig war, war sie immer noch eitel genug, um sich nur nach Einbruch der Nacht bei anderen blicken zu lassen, da das Lampenlicht immer schmeichelhaft ist. Nachdem ihre Diener mir ein ausgezeichnetes Essen serviert hatten, ließ sie nach mir rufen.«
    »Worüber habt ihr gesprochen?« forschte Juliet neugierig.
    »Ich habe gar nicht gesprochen«, antwortete ROSS trok-ken.
    »Meine Aufgabe lautete zuzuhören. Sie beschrieb mir den ganzen Abend ihre metaphysischen Theorien. Obwohl ihr Generalzustand nicht allzu gut war, hatte ihre Zunge nichts abbekommen. Ich wurde nicht vor der Dämmerung entlassen.«
    »Ich habe gehört, daß Lady Hester eine großartige Rednerin war und so intelligent, daß Pitt behauptete, sie würde niemals heiraten, weil kein Mann mehr Verstand besäße als sie«, bemerkte Juliet.
    »Wie sah sie aus?« Dies war wohl eine typisch weibliche Frage.
    »Sie war eine beeindruckende Gestalt, sogar einiges größer als du.
    Sie trug die Gewänder eines türkischen Paschas und hatte ähnliche Allüren.« ROSS wühlte in seinen Erinnerungen, um die interessanteren Aspekte ihres Aussehens und über ihre Festung von Djoun erzählen zu können, denn er war froh darüber, daß er Juliet von

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