Wilder Engel (German Edition)
Erkenntnis herum, dass er es war, der hier so seltsam müffelte.
Unter den Armen vielleicht? Nein, in dem Bereich war alles okay.
Er beugte sich vor und nahm den Kopf zwischen die angezogenen Knie. Ja, hier befand sich die Quelle, eindeutig!
Gleichzeitig erkannte Allister jetzt auch glasklar, an was dieser Geruch ihn erinnerte: S-E-X.
»Fuck!«, sagte Allister zum x-ten Male laut an diesem wunderschönen Inselmorgen. »Ich habe das alles also doch erlebt. Diese Kleine hat mich um den Verstand gevögelt. Eine andere Erklärung gibt es nicht. Wie konnte mir das bloß passieren? Ich fasse es nicht.«
Mit diesen Worten sprang er auf und lief ein weiteres Mal den Wellen entgegen, um sich dem immer noch morgendlich frischen Atlantik in die Arme zu werfen.
Er kraulte eine halbe Stunde lang parallel zum Strand, hin und her, als ob es um sein Leben ginge.
Ein zufällig am Strand vorüberjoggendes junges Pärchen geriet bei seinem Anblick in den Wellen glatt aus der Fassung und unterbrach vorübergehend das eigene Körpertraining.
»Mann, ist der aber fit«, sagte das Mädchen namens Kikki bewundernd.
Ihr Freund hieß Olli und betrieb selbst regelmäßig Bodybuilding. Trotzdem war auch Olli beeindruckt.
»Der trainiert bestimmt für die nächsten Olympischen Spiele, Kikki!«
»Glaubst du?«
»Hundertpro. Kein normaler Mensch würde sich freiwillig dermaßen verausgaben. Das grenzt ja an Masochismus.«
»Schon, aber dafür scheint er auch einen tollen Body zu haben.«
»Lass uns weiterlaufen, Kikki. Heute ist unser letzter Urlaubstag«, erinnerte Olli daraufhin seine Freundin. Wobei ihn insgeheim der Gedanke streifte: Zum Glück! Nicht auszudenken, wenn sie auf den Kerl abfahren würde. Bloß gut, dass sie ab übermorgen wieder im Büro sitzt, weit weg von Insel, Strand und gewissen Träumen.
Als Allister schließlich zu Tode erschöpft aus dem Meer stieg, war das junge Pärchen längst verschwunden.
Er ließ sich von der Sonne trocknen, schnüffelte dann erneut prüfend und stellte erleichtert fest: Alles okay! Der unanständige Duft war verschwunden.
Während Allister in seine Kleider schlüpfte, nahm er sich fest vor, die Ereignisse dieses Morgens so schnell wie möglich zu vergessen. Es hatte immerhin in seinem Leben schon mal den einen oder anderen One-Night-Stand gegeben. Keiner war so spektakulär gewesen wie dieser, zugegeben. Trotzdem würde das Leben einfach weitergehen als ob nichts geschehen wäre. Und das war, verdammt noch mal, auch gut so!
Er, Allister Fraser aus Aberdeen in Schottland, würde sich jetzt einen großen Milchkaffee gönnen. Dazu vielleicht ein ordentliches Stück Schokoladenkuchen, falls er auf dieser sonnigen Insel etwas Derartiges auftreiben konnte. Die Spanier hier verstanden sich eher nicht auf die Kunst der Zubereitung einer derartigen Delikatesse.
Die Schotten hingegen – wie alle Bewohner der Britischen Inseln – schon. Was ganz leicht zu erklären war:Schokolade schmolz in wärmeren Gefilden zu schnell dahin. Es war also am besten, nach einem englischen Coffeeshop oder Ähnlichem Ausschau zu halten, wenn man derartige Gelüste verspürte.
Und so kam es, dass Allister ungefähr zwanzig Minuten nachdem Angie das Sugar-Café verlassen hatte, ebenda aufkreuzte.
»Gibt es hier Milchkaffee und Schokokuchen? Hausgemacht vorzugsweise?«
»Gibt es«, bestätigte Maggie, »aber eigentlich wollten Bob und ich gerade schließen.«
»Ich bin am Ende meiner Kräfte. Wollt ihr nicht einem Landsmann das Leben retten?«
Maggie musste lachen, da wusste Allister, dass die erste Hälfte der Schlacht geschlagen war.
»Wo kommen Sie denn her, wenn ich fragen darf.«
»Aberdeen, Schottland.«
»He, Bob! Hier ist ein waschechter Schotte. Stell die Kaffeemaschine noch mal an, der arme Kerl ist halb verhungert«, rief Maggie nach hinten.
Kurze Zeit später schaufelte Allister bereits das zweite Stück Kuchen in sich hinein. Er fühlte, wie seine Kräfte allmählich zurückkehrten und seine Laune sich zusehends hob. Und das, wo er doch eigentlich eher selten Appetit auf Süßes verspürte.
Er musste tatsächlich an einem bedrohlichen Mangel an Dopamin gelitten haben, anders konnte er sich das nicht erklären!
Ob so ein vorübergehend bedrohlicher Mangel am Ende zu weitreichenden Fehlleistungen in der eigenen Denkzentrale führen konnte?
Es wäre höchst interessant, das zu wissen, überlegte Allister weiter.
Vielleicht hatte er ja tatsächlich deswegen eine Halluzination gehabt
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