Wilder Engel (German Edition)
richtig angehen, als Lolita laut krächzte: »Ich liebe dich, Tony. Ja, mach’s mir. Ich bin verrückt nach dir, Tony!«
Sie wiederholte dann noch zwei Mal hintereinander dieselben Sätze. Irrtum ausgeschlossen.
Unter Tränen gab Amy schließlich die nähere Bekanntschaft mit einem Kerl namens Tony zu.
End of Story!
Allister hatte Amy noch am selben Abend weggeschickt. Zu Tony, der angeblich in einem Wohnwagen lebte. Was in Schottland mitten im Winter tatsächlich ein besonders hübsches Plätzchen ist. Wie eiskalt ist dies Händchen – lass uns kuscheln, bis wir heiß werden.
Kein Wunder also, dass der Kerl Amy unbedingt und ausgerechnet in Allisters Wohnung hatte bumsen wollen.
Was Allister dann aber noch am allermeisten schmerzte, sozusagen als besonderes Schmankerl obendrauf, wardie Tatsache, dass er sich in der Folge auch noch von Lolita trennen musste.
Die hörte nämlich einfach nicht mehr auf, diese verräterischen Sätze zu kreischen. Fast schien es so, als hätte auch Lolita einen Narren gefressen an Tony.
Also kam sie zur Strafe ebenfalls in den Wohnwagen zu Amy und ihrem Liebhaber. Mochten sie es dort gemeinsam treiben bis ans Ende aller Tage. Punkt.
Er war bereits über den Berg gewesen. Oder jedenfalls hatte er das geglaubt. Bis heute Morgen. Bis zu dieser … Erscheinung. Er musste sich einfach zusammenreißen und besser auf sich aufpassen. Von heute an.
Allister Fraser, es ist tatsächlich an der Zeit, die Frauen aufzugeben!, dachte er grimmig.
Die Welt wäre so viel friedlicher, wenn wir Männer uns alle auf diesen einen gemeinsamen Nenner einigen könnten.
8
2 5. Oktober 97
Gestern war ein besonderer Tag und eine noch »besonderere« Nacht. Was mir dummem Schaf aber leider erst heute Morgen so richtig klar geworden ist.
Überschrift: Ich glaub, ich hab’s vermasselt
Untertitel: Meine Mutter bringt mich um!
Oder wahlweise: Der Fehltritt der Angela E.
Es fing ganz harmlos mit einem Anruf von Karin an.
Ich hatte es mir eben auf der Couch gemütlich gemacht und stand im Begriff, mich auf einen angenehmen Fernsehabend mit mir allein einzurichten.
Berthold hatte am Morgen erklärt, er müsse etwas Wichtiges erledigen nach der Arbeit und könne deshalb nicht versprechen, ob er später noch vorbeikäme. Aber wenn, dann erst so gegen Mitternacht.
»Kein Problem. Du hast ja einen Schlüssel. Wenn ich schon schlafe, dann weck mich bitte nicht«, ermahnte ich ihn vorsorglich.
Karin rief also an und erzählte von dieser Vernissage in der Galerie ihres Bekannten namens Oskar.
Ich mochte Oskar nicht besonders, er war ein eingebildeter Arsch mit Ohren, der nur »echte Kunst« in seiner Galerie dulden wollte.
Mit anderen Worten, meine Werke stellte er nicht aus!
Es gelang Karin aber schließlich doch noch, mich zu überreden. Ich gebe zu, meine Nachgiebigkeit hatte viel mit dem angekündigten Prosecco und den Lachshäppchen zu tun. Weniger mit Oskar und seinem nicht vorhandenen Charme.
»Und wer stellt aus?«, erkundigte ich mich.
»Ein Italiener, Alessandro Cifarelli«, sagte Karin. »Soll ein toller Typ sein, alle reißen sich um seine Zeichnungen. Die meisten sind angeblich ganz schön gewagt. Laut Oskar will zur Zeit jeder, der es sich leisten kann, so ein erotisches Blatt von Alessandro an der Wohnzimmerwand hängen haben.«
Sofort ärgerte ich mich erneut über diesen Einfaltspinsel von Galeristen! Meine erotischen Aquarelle fand er »zu direkt«, aber die Zeichnungen von diesem Italiener half er zu verkaufen. Na, die Sache würde ich mir ansehen.
Ich schmiss mich rasch in Schale – schwarze, weite Hose, dazu ein schwarzer Bodysuit aus Seide –, steckte die Haare hoch und ein Paar goldene Creolen an die Ohrläppchen.
Karin holte mich praktischerweise mit ihrem Wagen ab.
Als wir nach längerer Parkplatzsuche mit beträchtlicher Verspätung die Galerie in der Kaiserstraße betraten, waren bereits viele Leute da und die offizielle Begrüßungsrede Oskars bereits vorüber.
Die ersten Grüppchen hatten sich gebildet, es gab Wangenbussis von Oskar zur Begrüßung und das erste Glas Prosecco gleich dazu. Und dann stand man einfach herum, wenn man Pech hatte und nicht zu einer der Cliquen gehörte. So wie Karin und ich.
Ich schielte nach den Bildern an der Wand, Karin nach bekannten Gesichtern. Plötzlich stieß sie einen Schrei aus und rief: »Hey, Uschi! Pit! Toll, dass ihr auch da seid. Hab euch ja eine Ewigkeit nicht gesehen.«
Und schon stand ich ganz alleine da.
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