Wilder Engel (German Edition)
das wie ein Laptop aussah, lag auf dem Tisch, an dem sie eben noch gesessen hatte – oder zumindest hatte Allister geglaubt, sie da sitzen zu sehen.
Unter dem Tisch lag dafür ein Kellner, der offensichtlich das Bewusstsein verloren hatte. Um ihn herum gab es außerdem einen kunterbunten Scherbenhaufen zu bewundern.
Aber keinen blondgelockten, blauäugigen, wildgewordenen Engel!
Allister beugte sich zu dem armen Juan herunter und begann mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung. Außerdem setzte er eine gekonnte Herzmassage ein, um sicherzugehen, dass dem Mann das kostbare Leben erhalten blieb.
Die anderen Gäste auf der Terrasse starrten lieber allesamt angestrengt aufs Meer hinaus.
Während die Touristen so taten, als hätten sie nichts gesehen und gehört, und Allister sich aufopfernd um Juan kümmerte, der allmählich wieder zu Bewusstsein kam, nutzte Angie ihre Chance und schnappte sich blitzschnell und lautlos den Laptop vom Tisch.
Hätte jemand in diesen wenigen Sekunden hingeschaut, hätte er zum ersten und vermutlich letzten Mal in seinem Leben einen frei schwebenden tragbaren Computer gesehen.
Erst in sicherem Abstand zum Da Alejandro wagte es Angie, sich wieder in ihrem menschlichen Körper zu materialisieren.
Nur Sekunden später gab der Laptop einen tiefen Summton von sich, außerdem vibrierte er aufdringlich. Es war ihr sofort klar, was das bedeutete. Man hatte es ihr vor der Abreise lang und breit genug eingeschärft: Wichtige Nachricht von oben! E-Mail eingetroffen, sofort zu lesen.
Angie seufzte. Natürlich, damit war zu rechnen gewesen.
Sie suchte nach einer freien Bank an der Strandpromenade, ließ sich nieder und schaltete brav den Laptop an. Ganz in der Nähe jaulte jetzt eine Ambulanz-Sirene aufdringlich los, brach dann aber ziemlich abrupt wieder ab.
Vermutlich hatten sie das Da Alejandro gefunden und damit auch den armen verunglückten Kellner Juan. Der schließlich und endlich nichts dafür konnte. Aber das Leben war nun mal nicht gerecht, da konnte man nichts machen. Er hätte eben nicht gerade in diesem einen, spektakulären Moment an ihrem, Angies, Tisch vorbeilaufen dürfen.
Unnötige, voreilige und gefährliche Aktion!
Beamen nur auf Gefahrenstufe EXTREM erlaubt, Ausnahmen von der Regel: Keine!
Unschuldiger Mann wäre beinahe vorzeitig in anderen Bewusstseinszustand eingetreten.
Abgesandte Angie wird hiermit ausdrücklich abgemahnt!
Sofort begann Angie, innerlich vor Wut zu kochen. Die hatten doch, verdammt noch mal, eine Meise da oben, also wirklich!
Sie hämmerte eine kurze Notiz in die Tastatur und ging auf SENDEN:
Einspruch: Gefahrenstufe EXTREM war erreicht. Beurteilung der Situation nur vor Ort möglich.
Die Antwort erschien umgehend auf dem Monitor:
Einspruch abgelehnt!
Beurteilung der Situation wie folgt: Abgesandte Angie hat aus feigen Beweggründen gehandelt, aus Angst vor eigener Charakterschwäche.
Abgesandte Angie wollte Zusammentreffen mit bestimmter männlicher Person unbedingt vermeiden. Abgesandte Angie hat deshalb sogar eine andere außenstehende männliche Person in unmittelbare Gefahr gebracht.
Verwendung von übergeordneter Bewusstseinsstufe wurde dadurch nötig. Die dabei benutzte Energie-Frequenz kann im Extremfall für menschliche Wesen lebensbedrohlich sein.
Abgesandte Angie wurde darüber vor der Abreise genauestens instruiert!
»Rutscht mir doch den Buckel runter!«, murmelte Angie. »Und dann die Ausdrucksweise: »andere außenstehende männliche Person«. Korinthenkackerei ist das. Punktum!«
»Abgesandte Angie: NICHT IN DIESEM TON!« , war jetzt auf dem Bildschirm zu lesen.
An dieser Stelle reichte es ihr. Angie schaltete den Laptop kurzerhand aus. Die nächsten Stunden würde sie das Ding nicht mehr benutzen, mochte es brummen und summen und vibrieren, so viel es wollte.
Angie Engel hatte die Nase voll für heute! Absolut gestrichen voll. Gefahrenstufe EXTREM war nicht nur erreicht, sondern definitiv überschritten. Immerhin war sie vor wenigen Stunden erst eingetroffen, litt sozusagen noch unter einem seelischen Jetlag. Und sie hatte bereitshart gearbeitet, sprich recherchiert. Unter vollstem Körpereinsatz.
Da brauchte sie sich wirklich nicht auch noch blöd anmailen zu lassen!
Wenn die oben in der Schaltzentrale alles besser wussten, wieso hatten sie ihr dann diesen lächerlichen, total nervigen Auftrag gegeben?
Wie hatte Allister so treffend gesagt im ersten Morgengrauen: FUCK!
Eben …
»Fuck!«, sagte Angie laut. »Ich gehe
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