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Wilder Eukalyptus

Titel: Wilder Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fleur McDonald
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Gemma reden wollte, ließ sie sich nichts anmerken.
    Nachdem Jake eingenickt war, ließ sich auch Gemma von dem leisen Piepen der Monitore in den Schlaf lullen.
     
    Gemma schreckte hoch, als es im Zimmer raschelte. Wo war sie? Nachdem sie sich über die Augen gerieben hatte, fiel ihr wieder ein, wo sie war und warum. Sie sah rasch zum Bett, aber als sie das regelmäßige Atmen ihres Vaters vernahm, entspannte sie sich sofort wieder. Jake schlief tief und fest, genau wie Sarah, deren Kopf an seiner Schulter ruhte. Ihre Eltern waren nun seit achtundzwanzig Jahren verheiratet und noch genauso verliebt wie am ersten Tag. Die Situation war für beide sicher nicht einfach.
    In diesem Moment kam eine Krankenschwester ins Zimmer, warf einen prüfenden Blick auf die Monitore und fühlte Jakes Puls. Sie lächelte, als sie bemerkte, dass Gemma wach war.
    »Hallo«, sagte sie im Flüsterton.
    Gemma erwiderte verschlafen das Lächeln. »Hi, wie spät ist es?«
    »Gleich halb fünf.«
    »Falls die beiden wach werden, können Sie ihnen ausrichten, dass ich kurz wegmusste?«
    »Sicher.«

    Gemma schlüpfte leise aus dem Zimmer und holte ihr Handy hervor. Als sie ins Freie trat, roch sie sofort den Regen in der Luft und vernahm in einiger Entfernung das Geräusch von Reifen auf nassem Asphalt. Sie schlang die Arme um den Oberkörper, um sich zu wärmen, aber gleichzeitig genoss sie die frische Morgenkühle, die sie wieder zum Leben erweckte. Sie atmete die klare Luft tief ein und schickte sich an, die Nummer von Garry und Bulla zu wählen, überlegte es sich dann aber anders. Stattdessen beschloss sie, zu Jess zu fahren. Dort würde sie einen anständigen Kaffee bekommen, könnte duschen und sich von Jess etwas zum Anziehen borgen. Danach wäre sie in einer besseren Verfassung, um den Tag anzugehen.
    Die Stadt glitzerte von dem nächtlichen Regen, und der Asphalt war noch nass. Während Gemma durch stille, baumgesäumte Straßen fuhr, wanderte ihr Blick über die kleinen Vorgärten. Sie hatte sich schon oft gefragt, wie man so dicht an dicht mit den Nachbarn leben konnte.
    Als sie in Jess’ Straße bog, kam ihr ein weißer Pick-up entgegen.
    Ein Viehtreiber auf dem Weg zur Arbeit, vermutete Gemma, als sie den schlammverspritzten Kuhfänger und die Suchscheinwerfer auf dem Fahrzeugdach registrierte.
    Gleich darauf bog sie in die Auffahrt und stellte überrascht fest, dass bei Jess bereits Licht brannte. Es sah ihrer Freundin gar nicht ähnlich, so früh schon auf den Beinen zu sein. Gemma stieg aus dem Wagen und ging zur Haustür. Sie hob die Hand, um anzuklopfen, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und Jess in einem durchsichtigen grünen Negligé vor ihr stand. Ihre fröhliche
Stimme hallte laut in der Morgenluft: »Ich wusste, du kannst mir nicht widerstehen …« Sie verstummte, als sie Gemma erkannte. »Gem, was machst du denn hier? Alles okay? Was ist los?«
    »Mein Vater hatte einen Herzinfarkt«, platzte Gemma heraus.
    Jess schlug entsetzt die Hand vor den Mund, dann nahm sie ihre Freundin rasch in den Arm. »Oh Gem, wie geht es ihm?«
    »So weit ganz gut, glaube ich. Jess, was kommt noch alles auf mich zu? Allmählich bekomme ich Angst.«
    Jess gab keine Antwort, sondern drückte sie erneut an sich. Dann musterte sie Gemma kurz und lachte. »Schau dir das an, ich in meiner Reizwäsche und du in deiner Arbeitskluft - allerdings siehst du ziemlich zerknittert aus. Wenn ich mir nicht sofort etwas überziehe, erfriere ich. Bin gleich wieder da. Setz du schon mal Kaffee auf.«
    Kurze Zeit später saßen die beiden Frauen an Jess’ Küchentisch, auf dem zwei dampfende Kaffeetassen standen.
    Gemma schüttelte den Kopf. »Jess, ich weiß nicht, wie es weitergeht. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn mir den nächsten Schritt überlegen. Ich fühle mich so hilflos.«
    »Gönn dir mal eine Atempause, Gem«, riet Jess. »Die Sache mit deinem Vater ist gerade einmal wenige Stunden her. Du hast das noch gar nicht richtig verarbeitet. Darum hast du das Gefühl, dass dir alles über den Kopf wächst. Schließlich ist viel passiert in letzter Zeit. Nimm es einfach, wie es kommt, und gewöhne dich an die neue Situation. Du kannst nicht immer alles unter Kontrolle
haben.« Gemma öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber Jess hob die Hand. »Ich weiß, ich weiß. Du bist ein Mensch, der die Dinge gerne selbst in die Hand nimmt, aber dies ist eine Situation, die du nicht kontrollieren kannst. Also, tief durchatmen

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