Wilder Eukalyptus
Krankenzimmer.
Ihre Eltern waren wach. Gemma gab ihrer Mutter einen der Becher, die sie daraufhin bat, ihre Geschwister zu verständigen.
»Sicher, dann gehe ich noch mal kurz raus. Wann ist Morgenvisite?«
»Ich glaube, kurz nach acht. Wir müssen uns also noch ein wenig gedulden.«
»Okay, dann erledige ich jetzt die Anrufe. Dad, danach erklärst du mir, was auf der Farm gemacht werden muss.«
Jake nickte. Gemma fand, er sah müde und grau aus, aber wahrscheinlich war das nicht weiter ungewöhnlich nach einem Herzinfarkt.
Draußen wählte sie zunächst die Nummer ihrer Schwester.
»Hallo?« Leishas Stimme klang leicht genervt, und im Hintergrund hörte Gemma die beiden Mädchen streiten. Sie musste lächeln und stellte sich vor, wie ihre Schwester, die braunen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, den Hörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt, nebenbei damit beschäftigt war, tausend Sachen auf einmal zu erledigen.
»Hi, ich bin es. Störe ich gerade?«
»Nein. Aber versuch du mal, diese beiden Streithähne hier zur Vernunft zu bringen. Ich kapituliere. Seit dem
Aufstehen liegen sie sich in den Haaren. Egal, warum rufst du so früh an?«
Eine halbe Stunde später war alles geregelt. Leisha und die Mädchen würden Anfang nächste Woche herkommen. Ihr Bruder Patrick wollte den nächsten Flug nehmen von Brisbane nach Adelaide, wo er zunächst Jake und Sarah besuchen würde, bevor er nach Hayelle weiterfuhr, um Dad in den nächsten Wochen zu vertreten. Patrick war Gemma eine willkommene Gesellschaft.
Zum Schluss rief sie Ned an, um ihn darüber zu informieren, dass sie vor morgen nicht auf Billbinya zurück sein würde. Ned erzählte ihr, dass er gerade mit Ben und der Polizei auf dem Weg zur Kettles-Farm war. Da Gemma so viele andere Dinge im Kopf hatte, fragte sie nicht weiter nach. Allerdings beschlich sie eine dunkle Vorahnung, ohne diese genauer deuten zu können.
Kapitel 7
A m Mittwochmorgen betrat Ben das Büro von Hawkins & Jones , bereit für einen Tag voller Außentermine. Ned saß an seinem Schreibtisch und telefonierte. Bert Hawkings lehnte lässig an der Wand, das Handy am Ohr, und die Jungs vom Vertrieb fuhren ihre Rechner hoch, um sich an die Arbeit zu machen. Bereits am frühen Morgen herrschte in der Agentur rege Betriebsamkeit. Ben machte sich auf den Weg zur Küche, um sich einen Kaffee zu holen.
»Ben!« Neds Stimme donnerte durch den Raum. »Sofort herkommen!«
Ben wandte sich um und folgte rasch Neds Befehl. »Was ist?«
»Jake Birch hatte gestern Abend einen Herzinfarkt, und den Carters, Smiths und Kettles ist Vieh gestohlen worden - direkt vom Hof, wohlgemerkt. Alle drei Farmer haben Anzeige erstattet. Die Polizei wird heute die Nachbarn in der Umgebung befragen. Die betroffenen Höfe liegen alle nicht weiter als dreißig Kilometer von Billbinya entfernt. Gemma ist momentan hier in der Klinik bei ihrem Vater, und auf Jakes Farm ist gar keiner. Ich schlage vor, wir machen heute einen kurzen Abstecher nach Hayelle und sehen dort nach dem Rechten.«
Ben verdrängte seinen Kaffeedurst und machte sich mit Ned sofort auf den Weg. Die Viehdiebstähle gaben ihm Rätsel auf.
Ben stammte aus einer traditionellen Farmerfamilie. Vor Kurzem hatte er seine eigene Farm für drei Jahre verpachtet, weil er etwas anderes ausprobieren wollte. Er liebte das Leben als Farmer, aber seine Leidenschaft hatte sich abgekühlt, als er feststellen musste, wie einsam und zeitraubend dieser Beruf war. Über ein Jahr lang hatte er keine Zeit gefunden für seine Freunde oder irgendwelche Partys und Konzerte. Sein Kneipenabend einmal in der Woche, der ihm die unerwünschte Aufmerksamkeit der weiblichen Singles bescherte in der Kleinstadt, wo er regelmäßig verkehrte, hatte sein Bedürfnis nach Gesellschaft nicht zu stillen vermocht, weshalb er beschloss, eine Auszeit zu nehmen vom Farmerleben. Der Kontakt zu Ned war zustande gekommen durch Bens Viehagenten unten im Süden. Da Ben sich mit der Viehwirtschaft gut auskannte und seinen Erfahrungsschatz als Farmer mitbrachte, war er eine wertvolle Verstärkung für Neds Team.
»Ist Jake außer Lebensgefahr?«, fragte er Ned, der es offenbar eilig hatte, nach Billbinya zu kommen.
»Ja, sieht so aus, als hätte er Glück gehabt. Für Gemma bedeutet das allerdings noch mehr Stress, wenn sie sich auch noch um Hayelle kümmern muss. Aber vorhin am Telefon meinte sie, dass ihr Bruder Patrick eigens aus Queensland herfliegt, um auszuhelfen.«
»Was macht ihr Bruder
Weitere Kostenlose Bücher