Wilder Oleander
insgeheim auf Rache gesonnen.
Sein Plan war gewesen, Simonians Tochter zu heiraten und das Casino zu übernehmen.
Heute Abend, als Michael Fallon sich an der in Gold und Marmor gehaltenen Bar, die eine gesamte Wand des Salons seines Penthouses einnahm, einen Scotch eingoss, musste er unwillkürlich lächeln, als er daran dachte, wie er damals von Gregory Simonian aus dem Wagon Wheel geworfen worden war. »Verdammter Albaner«, hatte Michael auf dem Gehsteig gesagt. Der Zweiundzwanzigjährige war in seinem Stolz verletzt worden.
»Ich dachte, er ist Armenier«, hatte sein bester Freund Uri, der dabei war, gesagt.
Albaner, Armenier. Simonian war bereits ein toter Mann.
Aber dann war Michaels Augenmerk auf Simonians Tochter gefallen und er hatte sich eines Besseren besonnen.
Simonian wähnte seine Tochter in der Barrington Akademie für Junge Mädchen in Sicherheit. Vor durchschnittlichen Männern möglicherweise, nicht aber vor Michael Fallon. Seine Unterlagen über das Mädchen enthielten Fotos, eine Liste ihrer Hobbys, ihrer Freunde und darüber, was sie alles gern tat oder verabscheute. Und so übel sah sie ja auch nicht aus. Sie zu verführen war ein Leichtes gewesen. Er hatte sie in ihrem Lieblingscafé in der Stadt angesprochen, ihr erst schöne Augen gemacht und dann seine Männlichkeit unter Beweis gestellt. Michael kam seit jeher bei Frauen an; er ließ seinen Charme spielen, behandelte sie gut und zeigte sich danach großzügig. Er hatte geplant, Gayane zu schwängern und dadurch Simonian dazu zu bringen, auf einer Blitzhochzeit zu bestehen, aber dann doch beschlossen, auf respektierliche Weise um sie zu werben. Möglich, dass sich das eines Tages bezahlt machte.
Er hatte nicht nur angenommen, Simonian könnte sich gegen die Verbindung sperren, er hatte von vornherein fest damit gerechnet. Und aus Erfahrung wusste er, dass, wenn man einer Frau einen Wunsch abschlug, sie umso mehr danach trachtete, ihn erfüllt zu bekommen. Prompt hatte Gayane ihrem Vater gedroht, auch ohne seinen Segen zu heiraten – man befand sich schließlich in Nevada –, worauf Simonian schweren Herzens einlenkte. Was auch sein Gutes hatte: Er bewahrte sich das Wohlwollen seiner Tochter und konnte gleichzeitig diesem Bastard Fallon auf die Finger schauen, indem er ihn im Casino anstellte.
In der Hochzeitsnacht hatte Michael den zärtlichen Liebhaber herausgekehrt, nicht etwa aus Gefühlsduselei oder Zuneigung, sondern damit Gayane keinen Grund hatte, ihrem
Vater vorzuheulen, dass die Heirat ein Fehler gewesen sei. Dass zwischen dem jungen Paar von Liebe keine Rede sein konnte, störte ihn nicht, war diese Ehe doch nur ein weiterer Schritt zur Verwirklichung seines ehrgeizigen Ziels, Besitzer des Wagon Wheel zu werden.
Und dann schlug die Liebe zu, völlig unerwartet. Er hatte keinen Blick mehr für Gayane übrig, die da tot auf blutigen Laken lag. Von dieser Nacht an konzentrierte sich seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Baby in seinen Armen.
Francesa, für die er auch einen Mord in Kauf nehmen würde.
In Kauf genommen hatte.
Fallon nahm sich vor, nach Francescas Hochzeit am Samstag Stephen nicht aus den Augen zu lassen, um sicherzugehen, dass Francesca glücklich war. Um ganz sicherzugehen …
Sie hatten sich auf elfenbeinfarbenen Satinlaken geliebt, und jetzt machte sich Francesca Gedanken um ihre Zukunft.
Stephen war ein wunderbarer Liebhaber, aufmerksam, rücksichtsvoll und darauf bedacht, sie zu befriedigen. Wenn er dann eingeschlafen war, genoss sie es, ihn zu betrachten. Diesmal jedoch war es anders. Einen Tag vor der Hochzeit plagten Francesca noch immer Zweifel.
Heirate ich ihn etwa nur, um Daddy eine Freude zu machen
?
Sie und ihr Vater standen sich seit Urzeiten so nahe, dass sie oft nicht wusste, wo ihre eigene Identität aufhörte und seine anfing. Im Rückblick hatte sich vieles, von dem sie geglaubt hatte, es wäre ihren eigenen Vorstellungen entsprungen, als das ihres Vaters herausgestellt. Francesca hatte nie den Wunsch gehabt, Wirtschaftsanwältin zu werden. Aber sie hatte dem Willen ihres Vaters entsprochen und sich eingeredet, damit gehe ein Traum von ihr in Erfüllung.
Und jetzt die Hochzeit.
Sie liebte Stephen. Sie wollte mit ihm zusammensein. Was sie jedoch für ihn empfand, war derart untrennbar mit den Gefühlen für ihren Vater verknüpft, dass sie sich ihrer eigenen Beweggründe gar nicht so sicher war. Dabei hatte sie gehofft, dass sie, je näher der Hochzeitstag rückte, in
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