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Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Harvey
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verschwand Abby samt Lampe im Tunnel. In völlige Dunkelheit getaucht, hörte Jack ihre Schritte verhallen. Dann war er allein.
     
    »Mr.Fallon, glauben Sie mir doch. Dies ist nicht der richtige Weg«, sagte Abby kurz darauf.
    Er schenkte ihren Worten kein Gehör. Als ihn der Lichtkegel streifte, bemerkte sie einen so unheimlichen Ausdruck in seinen Augen, dass sämtliche Alarmglocken in ihr schrillten.
    Aufstöhnend brach Francesca zusammen. Abby kauerte sich neben sie.
    Über die beiden Frauen gebeugt, beobachtete Fallon, wie besorgt Abby um Francesca bemüht war, wie liebevoll sie sich um die Verletzte kümmerte. »Was soll das Getue?«, fragte er schneidend.
    Abby merkte, dass sie sich verraten hatte. Sie blickte zu ihm auf. »Das vierte Baby war gar nicht tot, richtig?«
    Fallon schwieg. »Warum … «, brach es aus Abby heraus, »warum haben Sie mir mein Kind weggenommen?«
    Fallon schaute auf Francesca, die mit geschlossenen Augen langsam und tief durchatmete. »Ich brauchte ein Baby«, sagte er schließlich. Sollte Abby Tyler doch ruhig wissen, warum
sie sterben würde. Francesca würde er, sobald er sie in Sicherheit gebracht hatte, erzählen, die beiden Verbrecher hätten nur ihre gerechte Strafe erhalten.
    Seine Stimme schien tief aus der Höhle zu kommen. »Ich habe Gayane Simonian geheiratet, um das Casino-Hotel ihres Vaters zu übernehmen. Als sie schwanger war, musste ich sie beschützen. Ich hatte Feinde. In einem Krankenhaus wäre Gayane ihnen ausgesetzt gewesen. Deshalb traf ich Vorkehrungen für eine Entbindung zu Hause.«
    Fallon stierte die Wand der Höhle an, so als liefe dort die Vergangenheit wie ein alter Film ab. »Als Gayane bei der Entbindung starb und gleich darauf auch das Baby, stand zu befürchten, dass alle meine Pläne scheitern würden. Also rief ich einen Mann an, für den ich früher tätig gewesen war, und fragte ihn, ob er gerade einen Baby-Transport zusammenstelle. Ich erfuhr, dass er vier Säuglinge auf Lager hatte, allesamt aus Texas. Als Ort der Übergabe nannte er mir ein Motel auf dem Highway. Ich packte mein totes Baby ein und fuhr zu der angegebenen Adresse. Dort suchte ich mir ein kleines Mädchen aus und tauschte es gegen meins ein.«
    Er schloss die Augen, sah wieder die Babys auf dem Bett des Motels, alles Mädchen, eins mit einem sechsten Finger an jeder Hand, eins, das zu klein und still war, das dritte nach Auskunft des Fahrers jüdischer Herkunft. Beim Anblick des vierten hatte sich Fallon gefragt, ob es italienisch genug aussah. Die unerfahrene Krankenschwester hatte geglaubt, es sei tot, dabei war es nur eingeschlafen, und jetzt krähte es vergnügt, schien mit seinen winzigen Händchen nach dem Leben zu greifen. Rötlich-goldene Haarbüschelchen rahmten sein Gesichtchen ein und seine Äuglein schauten ihn unverwandt an. »Stammt aus dem Gefängnis von White Hills«, sagte der Fahrer. »Die Mutter sitzt wegen Mordes lebenslang ein.« Dieses Kind wählte Fallon aus und nannte es Francesca.
Zurück im Wagon Wheel, entlohnte er Krankenschwester und Arzt und entließ sie, ohne etwas von dem Austausch verlauten zu lassen. Und dann präsentierte er das Baby seinem Schwiegervater Gregory Simonian, der es als sein Enkelkind annahm.
    Alles Weitere – wie es gewesen war, als er das Baby in den Armen hielt und durch die wärmende Decke hindurch das weiche Körperchen spürte, welch zärtliche Gefühle dies in ihm, der niemals Liebe kennen gelernt hatte, weckte, ungeachtet dessen, dass die Kleine nicht sein Kind war, wie es ihn im Laufe der Zeit auch die Nacht vergessen ließ, in der sein eigenes Kind zur Welt gekommen und kurz darauf sein kleiner Leichnam in der Wüste verscharrt worden war – verschwieg er Abby. Francesca gehörte
ihm.
Um nichts auf der Welt würde er sie hergeben.
    »Boudreaux sagte, Sie hätten wegen Mordes lebenslang bekommen. Und die Gefängnisleiterin versicherte mir, dass Sie keine Angehörigen und in White Hills noch nie Besuch bekommen hätten. Daraus schloss ich, dass niemand nach dem Baby fragen würde. Vor allem Sie nicht, nachdem Sie ausgerissen waren und vom FBI gesucht wurden. Aber ich habe Sie unterschätzt.«
    Abby erhob sich unsicher. »Was gedenken Sie jetzt zu unternehmen?«
    »Am Leben kann ich Sie jedenfalls nicht lassen.«
    »Ich gebe Ihnen sämtliche Unterlagen über die Adoptionen«, sagte sie hastig, »alle Akten, alle Daten. Und ich werde schweigen wie ein Grab. Ich habe ein Flugticket. Mein Koffer ist gepackt. Ich

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