Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Harvey
Vom Netzwerk:
unter Konzentrationsschwäche, Reizbarkeit. Der Grund dafür waren ihre vielen Vorlesungen; außerdem war gerade ihr Buch erschienen, was Autogrammstunden und Auftritte nach sich zog. Als sozialpolitisch engagierte Aktivistin mussten darüber hinaus Demonstrationen vor Abtreibungskliniken organisiert, Flugblätter verfasst und verteilt werden. Vor allem belastete sie, dass sie von ihren anthropologischen Kollegen wegen der von ihr vertretenen kontroversen Theorie angegriffen wurde, derzufolge vor zehntausend Jahren Geschlechtsverkehr nach Lust und Laune und mit wem auch immer erfolgte, ohne irgendwelche gesetzlichen Schranken. Ophelias Kritiker warfen ihr vor, zur Promiskuität aufzurufen und die Ehe als etwas Unnatürliches anzusehen, weshalb sie aufgefordert wurde zu erklären, wie sie diese Ansichten mit den göttlichen Gesetzen in Einklang brachte, nach denen sie sich, wie sie behauptete, richtete. Kam noch hinzu, dass ein Student an der Universität Klage erhoben und vorgebracht hatte, Dr.Kaplan habe ihn nur deshalb durchfallen lassen, weil er ein Mann sei.
    Und die unerwartete Kontroverse, die ihr Buch
Brot ist tödlich
ausgelöst hatte! Vor allem die Reaktion ihrer eigenen Familie war niederschmetternd gewesen. Brot sei das Grundnahrungsmittel Nummer eins, hatte die Mutter sie ermahnt, es gehöre zu jeder Mahlzeit, auch ungesäuertes. Brot sei etwas
Heiliges, eine Gabe Gottes. Und ihr Bruder, ein Rabbi, hatte Solschenizyn zitiert: »Brot ist Hoffnung, Brot ist Stärkung, Brot ist Kraft. Brot kündet nicht vom Grab, hat nichts mit Verzweiflung gemein. Selbst ein altbackenes Stück dieses Geheimnisses kann Kruste um Kruste einen mutigen Feldzug gegen den Hunger führen.«
    Es war, als ob Ophelia Gott, dem Judentum und ihren Vorfahren den Krieg erklärt hätte.
    Sie hatte gemeint, den Verstand zu verlieren.
    Auf Drängen ihrer Mutter und Schwester (und ihres Dekans und ihres Verlegers und ihrer Kollegen) hatte Ophelia klein beigegeben und sich bereit erklärt, professionelle Hilfe zu suchen. Sie hielt nichts von Beratern und Therapeuten; die waren für sie Krücken für Schwächlinge, und bislang hatte Ophelia Kaplan ihre eigenen Probleme immer selbst bereinigt. Nur dass diesmal zusehends ihre Arbeit darunter litt – sie kümmerte sich weniger um ihre Studenten, hustete nachts und warf sich von einer Seite auf die andere, rackerte sich mit doppeltem Einsatz und bis zur Erschöpfung in ihren Fitness-Clubs ab. Ein Freund hatte ihr einen »guten Mann« empfohlen.
    Dem hatte Ophelia in den folgenden Wochen ihre Nöte und Ängste offenbart, ihre Komplexe und Schwachstellen, und sich ganz gegen ihre Art dadurch völlig verwundbar gemacht. Aber er hatte so viel Verständnis gezeigt, als sie ihm ihre Seele zu Füßen legte, dass sie sich zu ihrer Überraschung eingestehen musste, dass er für sie vom Therapeuten zum begehrten Liebhaber geworden war.
    Von einer richtigen Verführung konnte eigentlich nicht die Rede sein, sagte sie sich, als sie die fünfzigste Bahn im größten Swimmingpool des Resorts absolvierte. Sie hatte eher unbewusst gehandelt. War’s nicht so? Welche Frau nimmt sich schon vor, ihren Psychotherapeuten zu verführen?
     
    Sie hatte angefangen, sich körperbetonter zu kleiden: anstatt Pullis wählte sie Blusen mit Knopfleiste, Röcke statt Hosen. Und statt langweiliger Pumps Riemchenschuhe mit hohen Absätzen. Alles Signale, die sie aussandte und die ihn eines schönen Tages erreichten – am Ende einer Sitzung, es regnete, wie sie noch wusste, und dadurch war es in seiner Ordination noch gemütlicher, war man besser abgeschirmt vor der großen, beängstigenden, fordernden Welt. Er war aufgestanden, um ihr wie immer vom Sofa hochzuhelfen, nur dass er sie diesmal an sich zog und in die Arme schloss. Die seufzende und stöhnende Ophelia liebkoste und streichelte. Seine kühlen Finger hatten sich in die weiche Kerbe zwischen ihren Brüsten vorgetastet, ihre harten Nippel liebkost, auf die er dann die Lippen gedrückt und angefangen hatte, sanft daran zu saugen. Sie ihrerseits hatte über seinen Hintern gestrichen, ihn gepackt, und schließlich sein Glied gestreichelt, bis es hart war.
    Er hatte sich losgerissen, damals, an jenem regnerischen Tag, hatte erregt gemurmelt, es täte ihm Leid, was sie da machten, sei unmöglich, unästhetisch, aber Ophelia war entschlossen. Sie war noch nie so richtig verliebt gewesen, hatte sich Männern gegenüber als unnachgiebig und uneinnehmbar gegeben, hatte dafür

Weitere Kostenlose Bücher