Wilder Oleander

blieb. »Die Konzeption dieses Areals geht auf Sie zurück?«
    »Ich bin Landschaftsarchitektin. Das heißt war, bis ich ins Hotelfach überwechselte.« Zwei oder drei Jobs gleichzeitig nachzugehen und zusätzlich in der Abendschule ihr Diplom zu erwerben hatte nur einem Zweck gedient: ihr Kind wiederzufinden. Gute Privatdetektive waren nicht eben billig.
    »Was schauen Sie mich so an, Detective?«
    Er suchte nach Worten, aber sie kam ihm zuvor. »Ja, ich weiß, Frauen sind in diesem Beruf nicht gerade häufig vertreten. Nachdem ich mein Diplom in der Tasche hatte, war es auch schier unmöglich, irgendwo unterzukommen. Die meisten etablierten Landschaftsarchitekten hielten damals nichts davon, eine Frau einzustellen, und diejenigen, die mir einen Arbeitsplatz anboten, räumten mir keine künstlerischen Freiheiten ein und schenkten mir kein Gehör, wenn ich deren Planungen kritisierte.« Dadurch, dass sie in der Gärtnerei ihres Großvaters aufgewachsen war, besaß Abby mehr einschlägige Erfahrung als College-Vorlesungen vermitteln konnten. Aber wen interessierte das schon?
    »Deshalb beschloss ich, mich selbständig zu machen und mir auf eigene Faust Kunden zu suchen.« Sie dachte zurück an den Tag, da sie an einer Straßenecke in Bel Air angehalten und beobachtet hatte, was sich dort tat.
    Sie lächelte. »Ein neues Haus wurde gerade mit einer Grünanlage umgeben«, sagte sie »und Männer pflanzten die hohen Bäume auf die falsche Seite des Anwesens. Falsch deshalb, weil sie dadurch keinerlei Schutz vor dem Verkehrslärm auf dem Sunset Boulevard boten. Außerdem verlief der Pfad zum Pool schnurgerade, anstatt in Windungen und eingerahmt von Blickfängen – Büschen, Blumen, einem Vogelbad, Bänken. Und was die Blumen anbelangte! Vornehmlich kam in
diesem Gebiet der Wind ein halbes Jahr lang von Westen, die andere Hälfte des Jahres von der Küste. Aber die Blumen, die eingepflanzt werden sollten, blühten, wenn gerade Westwind herrschte, was bedeutet hätte, dass ihr Duft in den Nachbarsgarten geweht werden und der Besitzer
dieses
Hauses nichts davon haben würde!«
    Jack entging nicht, wie engagiert sie über Blumen und zu beachtende Windrichtungen sprach. Als es an seiner Tür schellte, unterbrach Abby ihren Bericht, bis der Zimmerservice das Frühstück hereingebracht und der Kellner, nicht ohne beim Anblick seiner Arbeitgeberin zu erröten, sich noch eigens für die verspätete Anlieferung entschuldigt hatte. Nachdem er gegangen war, fragte Jack: »Und? Haben Sie den Auftrag an Land ziehen können?« Er hatte ihre Fingerabdrücke. Er konnte abreisen. Warum tat er sich das jetzt noch an?
    Für Nina. Ja, Nina zuliebe.
    »Ich machte den Besitzer hinter dem Haus ausfindig und teilte ihm meine Beobachtungen mit. ›Und wenn ich Ihnen jetzt sage, dass ich mir das selbst ausgedacht habe?‹ ›Wenn Sie darauf beharren, werden Sie keine Freude daran haben‹, sagte ich rundheraus. Und als er wissen wollte, warum nicht, wies ich ihn darauf hin, dass er Pflanzen, die viel Feuchtigkeit brauchten, unter einen Baum, der es gern trocken hat, setzen wollte, was dazu führen musste, dass dieser kostbare Baum zu viel Wasser abbekäme und eingehen würde.«
    Sie schenkte Kaffee aus der silbernen Kanne ein und reichte Jack eine Tasse, so als wäre dies ihr Zimmer und sie die Gastgeberin. »Eine Stunde lang schritten wir das Gelände ab, und nach unserem Gespräch entließ er den Landschaftsarchitekten und stellte mich ein. Mein erster Kunde. Viele weitere Aufträge folgten.«
    Den Rest erzählte sie Jack Burns nicht: dass dieser erste Kunde Sam Striker gewesen war, ein wohlhabender Immobilienmakler,
der Abby vor sechzehn Jahren in die Wüste mitgenommen und ihr sein riesiges Grundstück dort gezeigt hatte. »Hab’s für ’nen Appel und ’n Ei gekriegt«, hatte er gesagt. »Meine Freunde hielten mich für verrückt, aber der Geologe, den ich anheuerte, sagte, dort befände sich ein artesischer Brunnen, das Wasser müsste nur irgendwie nach oben gebracht werden. Genau das hab ich getan. Das Wasser nach oben gebracht und dann diese Bäume angepflanzt.«
    Abby hatte geglaubt zu träumen. Eine Ödnis, so weit das Auge reichte, und dann dieses grüne Paradies hier, wie von den Ufern des Nil entlehnt.
    »In der Tiefe ist noch jede Menge weiteres Wasser«, hatte Sam gesagt. »Dem Geologen zufolge ausreichend für hundert Jahre oder mehr. Ich habe vor, dies hier zu meinem Ruhesitz zu machen. Heirate mich, Abby. Ich werde dich