Wilder Oleander
beschützen.« Sie waren bereits ein Liebespaar und Sam kannte ihre Geschichte. »Kein Kopfgeldjäger wird dich aufspüren. Wir werden hier etwas ganz Besonderes erstehen lassen.«
»Sam«, hatte sie damals erwidert, »ich hab dich sehr gern, aber mein Kind … «
Er hatte ihr einen Finger auf die Lippen gelegt. »Ich weiß. Dein Kind steht an erster Stelle. Ich werde mich nicht dazwischendrängeln, sondern dir bei der Suche helfen. Aber ich möchte auch für dich sorgen. Du hast so viel Schönheit und Ruhe in mein Leben gebracht. Lass mich das Gleiche für dich tun.«
»Und als Landschaftsarchitektin«, holte Jack sie wieder in die Gegenwart zurück, nicht ohne das Frühstück auf dem Servierwagen – Eier, Obst, Muffins – in Augenschein zu nehmen, »und als Landschaftsarchitektin konnten Sie sich leisten, diesen Besitz zu erwerben?«
»Aber nein. Das Grundstück gehörte meinem Mann.«
Er schaute sie an. »Ich wusste gar nicht, dass sie verheiratet sind.«
»Ich bin verwitwet. Er hat mir dieses Grundstück hinterlassen. Nach seinem Tod beschloss ich, es zu einem Refugium fernab der Welt auszubauen.«
Es entging Jack nicht, dass sie darauf bedacht war, den Namen ihres Mannes nicht zu erwähnen. Dennoch ergab sich daraus ein neuer Anhaltspunkt. Ein Blick in die Bücher des Katasteramts würde den Vorbesitzer dieses Geländes offenbaren.
Ihr Pager schlug an. »Entschuldigung«, sagte sie und meldete sich über Handy. »Tut mir Leid«, meinte sie gleich darauf, »Probleme im Fitnessclub. Ich muss sofort etwas unternehmen.« Eigentlich wollte sie noch nicht gehen. Sie hatte seine Einladung zum Frühstück angenommen, um mehr über ihn und den Mordfall, in dem er anscheinend ermittelte, in Erfahrung zu bringen.
Sie ging auf die Tür zu, blieb jäh stehen. »Ist das Ihre Schwester?«
Jacks Blick folgte ihrem. Auf einem kleinen Tisch stand ein in Zinn gerahmtes Farbporträt, das eine hübsche junge Frau mit langem blondem Haar zeigte. Jacks Lieblingsfoto von Nina, aus der Zeit, da sie zwanzig gewesen war.
»Sie ist entzückend«, sagte Abby.
Zorn wallte in ihm auf, urplötzlich und unbezähmbar. Hatte er sich doch tatsächlich von dieser betörenden Frau einlullen lassen! Wie hatte er ihr auf den Leim gehen können, dieser schamlosen Lügnerin, die ihm weismachen wollte, sie würde Nina gar nicht kennen?
Dieses Gefühl, als er sie in den Armen gehalten und mit ihr die Sehne des Bogens gespannt hatte.
Im Geiste verpasste er sich einen Tritt. Fing er etwa an zu schwächeln, war er drauf und dran zu vergessen, warum er hier war?
Als sie sah, dass sich seine Gesichtszüge schmerzvoll verzerrten, fiel ihr der Zeitungsartikel ein, den sie als Eilbotenzustellung
beim
Sentinel
in Palm Springs angefordert und gelesen hatte. Als Vanessa gemeint hatte, Jack Burns hielte sich aus ganz anderen Gründen in The Grove auf – »Woher willst du wissen, dass er Ermittlungen zum Mord an seiner Schwester anstellt? Genauso gut könnte er
deinetwegen
hier sein« –, hatte Abby die vorangegangenen Zeitungsartikel zu diesem Thema angefordert. Und die hatten ihr einen Schock versetzt.
Sie erklärten durchaus Jacks Heimlichtuerei. Er verbarg seine Gefühle. Der Tod seiner Schwester lag noch nicht lange zurück, die seelischen Wunden waren alles andere als verheilt – sein Leben beschränkte sich auf Oberflächliches. Ungesund war das und möglicherweise sogar gefährlich.
»Möchten Sie darüber sprechen?«, wagte sie sich behutsam vor.
»Sie müssen gehen«, kam es gepresst zurück. »Probleme im Fitnessclub.«
Sie folgte ihm zur Tür, war enttäuscht über diese abrupte Wende. Was hatte es mit seiner Schwester auf sich? Er hatte mit Ophelia gesprochen, mit Sissy und Coco. War Nina adoptiert worden? Hatte sie Nachforschungen über ihre leibliche Mutter angestellt? Abby drängte es, ihm zu sagen, dass auch sie in einer Adoptionssache Spuren verfolgte, aber dann hätte sie ihm alles erzählen müssen – von dem Mord, von der Flucht aus dem Gefängnis, von der Belohnung, die auf ihren Kopf ausgesetzt war –, und sie ahnte, dass sich Jack Burns, wenn es um die Erfüllung von Gesetzen ging, strikt an ethische Prinzipien halten würde. Sobald er wüsste, dass sie vom FBI gesucht wurde, bliebe ihm nichts anderes übrig, als sie zu verhaften.
»Detective, als Sie mir sagten, Sie wollten Ermittlungen im Zusammenhang mit der Ermordung Ihrer Schwester anstellen, ließ ich mir aus Palm Springs ein paar Zeitungsartikel
schicken.
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