Wilder Sex und heiße Küsse
dachte schon, du wärst am Ende und könntest nicht mehr schreiben.”
Daniel ließ den Blick durch das Nobelrestaurant schweifen, dann sah er wieder zu Tom. “Danke für dein Vertrauen.”
Tom zuckte mit den Schultern. “Erzähl, wo bist du gewesen? In Illinois?”
“In einem Nest in Iowa. Oakes heißt der Ort.”
Tom winkte ab. “Also in irgendeinem Kaff westlich des Hudson. Aber Wunder gibt es ja immer wieder. Stephanie fand es toll, obwohl die Geschichte ja ganz anders ist als geplant. Die ersten Rezensionsexemplare sind bereits an ausgewählte Kritiker verschickt worden.” Er hob anerkennend sein Glas. “Du bist wieder im Geschäft, Daniel. Und wieder in der Zivilisation.”
“Ja.” Draußen ertönte eine Autohupe und wurde von einem Dutzend anderer beantwortet, aber irgendwo in Daniels Erinnerung quakten die Frösche und zirpten die Grillen am plätschernden Fluss.
“Zeit, die Werbetrommel zu rühren. Die Marketing-Abteilung plant eine riesige Anzeigenkampagne, und eine Promotiontour muss organisiert werden. Los Angeles, Seattle, Chicago …”
Daniel hörte nicht mehr genau zu. An einem der Nebentische lachte eine Frau, und der helle Klang weckte Hunderte von Erinnerungen.
“Irgendwelche Vorschläge?”
Daniel riss sich zusammen. Er war immer noch in New York, immer noch am Tisch mit Tom Malberg.
“Wie bitte?”
“Hast du eine Idee, wo du als Erstes hinfahren möchtest?”
Das Lokal verschwamm vor Daniels Augen. Er roch frisch gemähte Felder, hörte die Laute der Natur und spürte Jessicas Hand in seiner.
“O ja”, sagte er. “Das habe ich.” Dann schob er den Stuhl zurück und marschierte zur Tür.
Jessica bog in die Ash Street ein. Es war spät, und sie war erschöpft. Vorige Nacht hatte sie noch rausfahren müssen, um einen Abszess am Huf eines Pferdes zu operieren, und hatte sich kaum die Zähne putzen können, ehe sie ins Bett fiel. Und dann ging es bereits vor dem Morgengrauen mit dem ersten Anruf weiter. Das war natürlich gut. Die Praxis florierte, Ednas Fohlen gedieh. Edna und Cecil planten für den nächsten Monat eine Hochzeit im engsten Familienkreis, aber Jessica hatte den Verdacht, dass Edna schon längst ausgezogen wäre, wenn sie sich nicht solche Sorgen um sie machen würde.
Natürlich gab es nichts, worüber sie sich sorgen musste. Jessica hatte sich mit Daniels Abwesenheit abgefunden. Schließlich hatte sie auch nie erwartet, dass er bleiben würde. Er war nur eine kurze Affäre gewesen, alles war prima. Sie hatte die Leute bereits schonend auf sein Buch vorbereitet. “Es ist vielleicht nicht besonders schmeichelhaft”, hatte sie gesagt. Warum also war sie so deprimiert?
Sie war nur müde. Das war alles, müde und … verflixt, warum waren da nur so viele Leute in ihrem Vorgarten?
Sie bog in die Elm Street und parkte vor ihrem Haus. Augenblicklich wurde sie von den Leuten umringt.
Mücke lief allen voran und hielt freudestrahlend ein Buch hoch. “Jess! Ich bin hier drin!”
“Was?” Sie zwängte sich aus dem Auto.
“In dem Buch. Er nennt mich Skeeter, aber ich weiß, dass ich gemeint bin. Ich bin ein äußerst einfühlsamer Arzt in einer Kleinstadt.”
“Und ich bin Mavis”, rief Mrs. Conrad.
“Ich bin Dave.”
“Ich bin Bea”, sagte Betty Weaver und drückte ihren Welpen an die Brust. “Mit Arthritis, aber einem Herzen aus Gold.”
“Es ist ja so …”
“… meine Lieblingsstelle ist …”
“Wundervoll …”
“Du stehst auch drin.” Cecil schob sich zu ihr durch, und alle nickten anerkennend.
“Was ist eigentlich los?”, stammelte Jessica.
“Das Buch. ‘Wunder’ heißt es”, erklärte Cecil und hielt seine Ausgabe hoch.
Sie schüttelte den Kopf. “Was für ein Buch?”
“Daniels Buch!”, rief Mücke. “Wir haben heute alle eines mit der Post bekommen und …” Er blickte hoch und riss die Augen auf. “Da ist er!”
Jessica folgte seinem Blick und spürte, wie ihr die Kehle eng wurde. Daniel MacCormick war da!
Die Menge teilte sich und verstummte, während Daniel auf Jessica zuschritt.
Sie brachte kein Wort heraus, und ihre Augen begannen zu brennen. Sie blinzelte und versuchte nachzudenken, aber er war einfach zu nah. Er war schrecklich mager und sah müde aus. Am liebsten hätte sie ihn in den Arm genommen, gefüttert und ins Bett gebracht.
“Tja …”, war das einzige, was sie zunächst hervorbrachte. “Du hast dein Buch also geschrieben.”
Er schwieg und sah sie nur an.
Sie räusperte sich. Doch ihr
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