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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er sich.
    Sie wartete.
    Er fuhr fort: »Ich dachte …«
    »Was dachten Sie?«
    »Ich hatte den Eindruck …«
    »Welchen Eindruck?«
    »Daß Sie … daß Herr Selzer …«
    »Daß Herr Selzer?«
    »Daß er Absichten auf Sie hat.«
    Endlich war's raus, und um die Wirkung umgehend wieder etwas abzudämpfen, setzte er sogleich hinzu: »Entschuldigen Sie, es geht mich ja nichts an.«
    »Wieso hatten Sie diesen Eindruck?«
    »Weil er zu mir sagte, daß ich …«
    »Daß Sie was?«
    »Daß ich die Finger von Ihnen zu lassen habe.«
    Brühe seufzte. Eine schwere Geburt war das gewesen. Hätte er nicht schon eine Menge Promille im Blut gehabt – von Pils und Champagner als Gemeinschaftsproduktion erzielt –, wäre ihm die Indiskretion ohnehin nicht über die Lippen gekommen. Es bestand ja auch gar kein Anlaß dazu, aber Leute, die unter Alkoholeinwirkung stehen, sind nun einmal mehr oder minder unzurechnungsfähig.
    »Herr Brühe«, sagte Ingrid Rehbein, »wiederholen Sie das bitte noch einmal.«
    »Was?«
    »Die Worte des Herrn Selzer.«
    »Warum?«
    »Ich finde die so hübsch, so elegant.«
    »Frau Rehbein, Sie … Sie werden ihm doch nicht böse sein?«
    »Soll ich mich freuen?«
    »Herr Selzer ist ein Mann, der das nicht so meint.«
    »Wie meint er's denn?«
    »Na, er …« Brühe verstummte, dann stieß er hervor: »Er macht halt Rechte auf Sie geltend.«
    »Die er nicht hat!«
    »Sind Sie doch froh, daß ihm danach ist!«
    »Wie hat er sich denn wörtlich ausgedrückt?«
    Brühe zögerte ein bißchen, erwiderte aber dann doch: »Wie ich es Ihnen sagte.«
    »Daß Sie die Finger von mir zu lassen haben.«
    »Ja, aber –«
    »Hatten Sie denn etwa die Absicht, Ihre Finger an mich zu legen?«
    Das war eine Frage, die dem Einschlag einer kleinen Bombe glich; sie stürzte den Maler in eine gewisse Panik. Die Rettung sah er darin, spontan, aber unüberlegt auszurufen: »Aber nein! Nie im Leben!«
    »Nie im Leben?«
    »Nein, ich schwöre es Ihnen!«
    »So wenig anziehend finden Sie mich?«
    Der zweite Bombeneinschlag. Nun hat aber der Mensch die Eigenschaft, sich an die Gefahr zu gewöhnen. Er schreckt bald nicht mehr vor ihr zurück, und diese Erfahrung bestätigte sich auch hier wieder einmal.
    Ein schlichtes »Ja« wäre die Antwort gewesen, die den jungen Maler vor weiterer Fährnis bewahrt hätte; statt dessen erwiderte er keck: »Das will ich nicht sagen.«
    »Können Sie nicht noch etwas deutlicher werden?«
    »Ich finde Sie durchaus anziehend.«
    »So anziehend, daß Sie die Finger an mich legen würden?«
    »Frau Rehbein, ich … Sie …«
    »Was?«
    »Benützen Sie doch nicht immer diese Redensart.«
    »Weichen Sie mir nicht aus! Oder bin ich Ihnen vielleicht schon zu betagt?«
    Ein schönes Weib, dachte er. Die will mich wohl testen. Warum auch nicht, ihr alter Weinbauer schwimmt zwar im Geld, aber er bringt nicht mehr das, was ich noch zu bieten hätte.
    Erwischen dürfte er uns aber nicht …
    »Frau Rehbein, Ihre Frage ist so abwegig, daß sie gar keine Antwort verdient.«
    »Wirklich?«
    »Sie stechen doch noch jeden Teenager aus.«
    Das war zwar ganz starker Tobak, aber im Rahmen dieses Themas kann auch der intelligentesten Frau der Tobak gar nicht stark genug sein.
    »Sie sind ein Charmeur, Herr Brühe«, sagte Ingrid Rehbein begeistert.
    »Sie fordern das geradezu heraus, Frau Rehbein. Darf ich Ingrid zu Ihnen sagen?«
    »Gern, Fritz.«
    »Herrn Selzer muß das aber verborgen bleiben.«
    Am liebsten hätte sie geantwortet, daß Herr Selzer – mit seinem komischen Vornamen Baptist – ihr vollkommen und absolut schnuppe sei, aber dann fielen ihr die Verlautbarungen des Eisenbahners ein, dem sie nachmittags begegnet war, und sie sagte: »Von mir erfährt er es nicht.«
    Nach zwei, drei Sekunden Pause setzte sie bekräftigend hinzu: »Ich sehe überhaupt keinen Grund, ihm alles auf die Nase zu binden.«
    Das Wörtchen ›alles‹ war es, das die entscheidenden Perspektiven eröffnete.
    Meine Annahme stellt sich als zutreffend heraus, dachte Brühe. Die will mich testen. Aber darin täuscht sie sich. Wenn hier jemand getestet wird, dann sie von mir!
    Er winkte dem Kellner.
    »Herr Gollwitzer, können Sie uns noch etwas bringen?«
    »Gewiß. Noch einmal Kaffee?«
    »Nein. Für mich noch ein Pils. Und für die Dame einen Campari.«
    Einverstanden, Ingrid? fragte sein Blick sie stumm.
    »Eigentlich«, antwortete sie aufrichtig, »würde ich schon lieber schlafen gehen, denn …«
    »Es ist doch noch nicht einmal

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