Wildes Begehren
Wahrscheinlich hat Ottila Suma zu Sobre geschickt, um einen Plan auszuhecken. Sie würden angeblich für Imelda, in Wahrheit aber für ihn arbeiten. Anschließend haben sie ihm sicher vorgeschlagen den Raum abzuhören, und ihn sogar dabei beraten. Sobre ist nicht gerade der intelligenteste Mensch auf der Welt.«
»War nicht der intelligenteste Mensch auf der Welt«, korrigierte Rio. »Hast du heute Morgen schon Zeitung gelesen?«
Hinter den Wimpern versteckt, warf Isabeau Conner einen raschen Blick zu. Sie hatten sich weder mit Zeitung noch mit irgendetwas anderem beschäftigt – außer miteinander. Sie konnte gar nicht zählen, wie oft er sie geweckt hatte, und trotzdem war er, als die Morgendämmerung das Zimmer erhellte, schon wieder in ihr. Isabeau war nicht ganz sicher, ob sie noch normal gehen konnte, denn sie war ein wenig wund.
»Philip Sobre wurde ermordet aufgefunden. Er hing in einem Schrank, die Eingeweide um die aufgeschlitzte Kehle gewickelt, die Zunge durch den Schnitt gezogen – die als ›kolumbianisches Halstuch‹ bekannte Hinrichtungsmethode. Offenbar ist er schwer gefoltert worden. Die Party wurde
auch erwähnt, doch als die Gäste gegangen sind, hat Philip ihnen von der Tür aus nachgewinkt und die Damen, sogar Imelda, auf beide Wangen geküsst«, erläuterte Rio. »Das beweisen die Überwachungskameras.«
Isabeau presste eine Hand auf den Bauch. »Das ist einfach pervers. Hat Imelda das getan?«
»Den Zeitungsberichten zufolge war sie am Boden zerstört. Philip Sobre, ihr ehemaliger Liebhaber, sei nach wie vor ein wunderbarer, enger Freund gewesen. Sie werde ihn schrecklich vermissen und seinen Mörder gnadenlos verfolgen. Sie hat direkt in die Kamera gesehen und sehr glaubwürdig gewirkt, als sie diese Lüge verzapft hat. Zu den Entdeckungen in Philips Garten hat sie sich nicht geäußert«, fügte Rio hinzu.
Isabeau rang hörbar Luft. »Was ist denn gefunden worden?«
»Leichen. Bislang mehr als dreißig, von Frauen und Männern. Man vermutet, dass Philip Sobre der schlimmste Massenmörder in der Geschichte des Landes sein könnte«, antwortete Rio.
»Ich glaube, in Panama hat es nur ein oder zwei Leute gegeben, denen je mehrere Morde zur Last gelegt wurden«, sagte Conner. »Das dürfte für die Polizei höchst unangenehm werden, nachdem so viele höhere Beamte bei Philip ein und aus gingen.«
»Was für ein Aufruhr. Wahrscheinlich wollte Imelda einfach nicht länger warten«, meinte Rio. »Ich schätze, auf der Suche nach den Videobändern hat sie das ganze Haus auf den Kopf stellen lassen. Mittlerweile werden alle Beweise gegen sie zerstört sein.«
Isabeau wurde heiß und unbehaglich, ihr Kiefer schmerzte,
als hätte er einen Schlag abbekommen. Selbst ihre Zähne taten weh. Diese Unterhaltung machte sie krank.
»Schon möglich«, erwiderte Conner, »doch wenn es Ottila war, der Sobre die Idee mit dem Abhören in den Kopf gesetzt hat, kann es gut sein, dass die Bänder irgendwo versteckt worden sind. Und wenn Ottila auch derjenige war, der das Haus durchsucht hat, hatte er keinen Grund, sie zu finden. Imelda ahnt nicht, dass er sie hintergeht.«
»Warum bin ich sein wichtigstes Ziel?«, fragte Isabeau. »Ist Ottila nicht in erster Linie an Geld interessiert?« Völlig überraschend kamen ihr die Tränen, und sie musste heftig blinzeln, um sie zu unterdrücken.
»Einem Leoparden ohne Gefährtin fällt es schwer, einem Weibchen kurz vor dem Han Vol Don zu widerstehen. Dann siegt der Fortpflanzungstrieb über jede Vernunft. Du hast eine chemische Substanz in seinen Blutstrom gebracht. Er ist wie im Fieber. Er muss dich suchen«, sagte Rio.
Isabeau stockte der Atem. Dann sah sie Conner an. »War es bei dir auch so?«, wollte sie wissen. Mit den Fingerspitzen zeichnete sie die Narben auf seiner Wange nach. »Nachdem ich dir das angetan hatte?«
Er nahm ihre Hand und legte sie auf sein Herz. »Ja, aber ich habe mich nicht deshalb in dich verliebt. Ich war längst nicht mehr zu retten, als du mich gezeichnet hast.«
»Setzen die Krallen immer diese Substanz frei?« Eine Welle von Hitze erfasste sie und brachte sie ins Schwitzen. Vielleicht bekam sie auch Fieber von den Kratzern auf ihrem Arm, trotz der Spritze.
Conner schüttelte den Kopf. »Nein, normalerweise nur, wenn die Katze es darauf anlegt. Deine Leopardin hatte sicher mehrere Gründe, mich zu zeichnen: Weil du – zu
Recht übrigens – wütend auf mich warst, weil wir Gefährten sind und weil wir uns verliebt
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