Wildes Begehren
und die Galle kam ihr hoch.
Ottila nahm Menschengestalt an, half ihr, sich auf Knie und Hände zu stützen, und drückte ihren Kopf nach unten, damit sie nicht in Ohnmacht fiel. Sie würde sich übergeben müssen, ihr Magen verkrampfte bereits und hob sich angewidert. Geduldig streichelte Ottila Isabeaus Haar, gerade so, als wäre das alles nicht seine Schuld.
Schluchzend versuchte sie, von ihm wegzukriechen, doch er zog sie einfach in die Arme und wiegte sie hin und her. Sie leistete keine Gegenwehr mehr. Jede Bewegung verursachte grässliche Schmerzen.
»Wir sind aneinander gebunden, Isabeau«, sagte Ottila leise, während er auf ihre zerfetzte, blutige Jeans hinuntersah. »Du wirst ein Antibiotikum brauchen. Er wird so außer sich sein, dass er es vielleicht vergisst, also bist du diejenige, die daran denken muss.« Wieder sprach er ganz sachlich.
»Warum?«, fragte Isabeau.
Ottila gab nicht vor, die Frage nicht zu verstehen. »Wenn du an deinen Hochzeitstag denkst, sollst du dich an mich erinnern, nicht an ihn.« Er strich ihr übers Haar, um sie zu beruhigen, denn sie zitterte unkontrollierbar. »Damit du’s weißt. Bei ihm wirst du niemals sicher sein – und deine Kinder genauso wenig. Ich bin trotz seines Wächters an den Jungen herangekommen und an dich ebenso. Ich kann es wieder tun, jederzeit und überall. Du musst dir überlegen,
was du von deinem Partner willst. Wir leben nach dem Gesetz des Dschungels, Isabeau, und wenn er dich nicht beschützen kann, was nützt er dir dann?«
»Hast du Jeremiah umgebracht?« Isabeau presste die zitternden Finger auf den Mund. Jede Bewegung tat weh, und sie sehnte sich danach, Jeans und Oberteil ausziehen zu können und ein kühles Tuch auf die pochenden Wunden zu drücken.
»Das hätte nichts gebracht. Ich habe ihn nur verletzt, um deinen Mann aufzuhalten. Nun muss dein Gatte damit leben, dass er die falsche Wahl getroffen hat, als er sich entschlossen hat, dem Jungen zu helfen. Jedes Mal, wenn er dich berühren will« – dabei glitten Ottilas Fingerkuppen über die Verletzungen an ihrer Brust – »wird er mein Zeichen sehen, mein Brandmal.«
Gern hätte Isabeau seine Hand weggestoßen, doch sie war zu verängstigt. Sie war noch nie im Leben verprügelt worden. Und Ottila hatte mit einer solchen Gleichgültigkeit auf sie eingedroschen, als ginge die Sache ihn gar nichts an. Sie versuchte, sich auf allen vieren von ihm zu entfernen und sich an die Wand zu setzen, das war die einzige Möglichkeit, sich aufrecht zu halten.
Ottilas Hand schloss sich wie ein Fußeisen um ihren Knöchel. »Achte darauf, dass du nicht von ihm schwanger wirst. Ich möchte kein Junges töten müssen; und für dich würde es noch schwerer werden, mir zu verzeihen.«
Als ob sie ihm diese Prügel je verzeihen würde. Er hatte sie absichtlich in Angst und Schrecken versetzt, zur Strafe, weil sie das nach seinen kranken Vorstellungen verdient hatte. »Sag ihm, er soll sich mir stellen, allein. Wenn nicht, komme ich so oft wieder, bis er es tut.«
»Wo?«, fragte Isabeau leise.
»Das weiß er schon.«
Als Ottila sie losließ, glitt Isabeau an der Wand herab und begann, leise zu weinen. Sie hatte nicht nur Angst um ihr Leben, sondern auch um Conners. »Ich erwische euch überall. Jederzeit. Wenn er versucht, mit dir zu fliehen, solltest du besser daran denken, dass er dich nicht beschützen kann, egal, wohin er dich bringt, ich finde euch. Sag ihm das.«
Isabeau biss sich fest auf die Unterlippe und verhielt sich ganz still, sie war starr vor Entsetzen. Ottila beugte sich zu ihr herab und küsste sie auf den Mund. Sie rührte keinen Muskel und versuchte, nicht zu schluchzen, während er ganz langsam ihren Mund erkundete. Sein Griff war wieder sanft geworden. Es war beunruhigend, wie schnell er sich von einem gewalttätigen in einen beinahe liebevollen Mann verwandeln konnte. Er störte sich nicht daran, dass sie passiv blieb. Endlich löste er sich von ihr und sah ihr in die Augen.
»Beim nächsten Mal solltest du ihn daran erinnern, dass Leoparden gern von oben kommen.«
Dann verwandelte er sich vor ihren Augen in einen beeindruckenden Leoparden, sprang mit peitschendem Schweif locker auf die Dachbalken und verschwand auf dem kleinen Speicher. Danach hörte Isabeau nichts mehr, doch aus Furcht, dass Ottila nicht wirklich gegangen war und zurückkommen würde, blieb sie an die Wand gedrückt liegen.
SIE presste die Faust auf den Mund und weinte so leise, wie sie konnte. Sie
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