Wildes Begehren
Hand und trat einen Schritt zurück – ins Leere. Isabeau versuchte noch, sich irgendwo festzuhalten, konnte den Sturz aber nicht mehr verhindern. Entsetzt schaute sie hoch und sah, wie Conners versteinertes Gesicht sich vor Schreck verzerrte, ehe er ihr entschlossen nachsetzte. Dann segelte sie durch die Luft. Panisch schüttete ihr Körper eiskaltes Adrenalin aus.
Atme. Ruf deine Katze . Isabeau hätte schwören können, dass sie in ihrem Kopf Conners Stimme hörte, die ihr, ruhig wie immer, die Panik austrieb und durch eine eigenartige Ruhe ersetzte.
Sie spürte, wie sie sich so drehte, dass erst ihr Oberkörper
und dann die Beine nach unten zeigten. Sie war dabei, unkontrolliert zu fallen, deshalb ließ sie ihre Katze übernehmen, die ihr sogleich zu Hilfe eilte. Aus ihrer prickelnden Haut wuchs Fell, das den Sturz abbremste. Instinktiv streckte sie die Arme aus und machte einen Buckel. In ihren Ohren vibrierte es, offensichtlich versuchte ihr Gleichgewichtsorgan sich zu orientieren. Ihr Blick konzentrierte sich auf den Waldboden, der rasend schnell auf sie zukam.
Isabeau merkte, wie sie die Arme anzog und die Beine streckte, sodass sie sich drehte, und zwar zunächst mit dem Oberkörper. Dann zog sie die Beine an und streckte die Arme aus, wobei die untere Hälfte nachrückte. Auf diese Weise rotierte sie mitten in der Luft, genau wie Conner es vorhergesagt hatte. Als sie kurz vor dem Aufprall in Händen und Füßen wieder dieses Stechen spürte, das das Wachsen der Krallen anzeigte, versuchte sie sich zu entspannen. Obwohl die dicke Polsterung der Tatzen den tiefen Sturz abfederte, kam Isabeau hart auf.
Schmerzen durchzuckten sie, als ihre Handgelenke, Ellbogen, Knie und Fußknöchel unter ihr nachgaben und sie der Länge nach auf dem Boden landete.
»Nicht bewegen«, zischte Conner, als er geschickt auf allen vieren neben ihr aufsetzte.
In diesem Augenblick hasste sie ihn. Musste er denn in allem perfekt sein? Sie hatte es zwar geschafft, sich im Sturz richtig auszurichten, sich aber trotzdem verletzt. Conner untersuchte sie schnell, aber gründlich auf etwaige Verletzungen.
»Wir sind mitten im feindlichen Gebiet«, mahnte er. »Du musst still sein.«
Isabeau nahm wahr, dass sie leise stöhnte, und zwang sich
zur Ruhe, konnte aber nichts dagegen tun, dass ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Als Conner ihr linkes Handgelenk berührte, zuckte sie zusammen.
»Wie schlimm ist es?«, fragte er stumm.
Isabeau schaute in sein entschlossenes Gesicht und versuchte, tapfer zu sein, obwohl sie sich am liebsten weinend zu einem Ball zusammengerollt hätte. Als Conner ihr mit den Fingerspitzen zärtlich die Tränen fortwischte, zerriss es ihr fast das Herz.
»Ich glaube, es ist verstaucht. Sonst habe ich nur einen Schock vom harten Aufprall. Ich habe Glück gehabt«, flüsterte sie so leise, dass nur Conner mit seinem überragenden Gehör sie ohne Schwierigkeiten verstehen konnte.
Wieder stellte ihr Körper sich auf den Rhythmus des Regenwalds ein. Sie hörte ein Rascheln im Unterholz und wusste mit Gewissheit, dass es sich nicht um ein Tier, sondern um einen Menschen handelte, der ganz in ihrer Nähe durchs Gebüsch schlich – viel zu nah. Isabeau roch Schweiß, Angst und Fäulnis. Sie wechselte einen Blick mit Conner. Da war er wieder, dieser unerbittliche, gefährliche Ausdruck, der ihr sagte, dass sie in Sicherheit war. Er legte einen Finger an die Lippen und machte ihr ein Zeichen, rückwärts in die Büsche zu kriechen. Also schlängelte Isabeau sich bäuchlings über den dicken, verrottenden Blätterteppich, bis die großen Blätter eines Busches sie verbargen.
Solange sie zurückrobbte, blieb Conner hocken und schirmte sie mit seinem Körper ab. Es fiel schwer, jemanden abgrundtief zu hassen, der sich andauernd in Gefahr begab, um sie zu schützen. Aber sie wollte und musste ihn hassen. Sie durfte nie in ihrer Wachsamkeit nachlassen, damit sie seiner Anziehungskraft nicht wieder erlag. Im Dschungel,
wo andere Gesetze galten, schien alles entweder schwarz oder weiß.
Erst als Isabeau sicher in Deckung war, kam Bewegung in Conner. Die Waffe im Anschlag kontrollierte er rastlos jeden Zentimeter der Umgebung, nichts entging seinem Blick. Dann zog er sich ganz langsam ebenfalls ins Gebüsch zurück und legte sich neben Isabeau. Mit unendlicher Geduld drückte er ihr das Gewehr in die Hände, legte einen Finger an den Abzug und bedeutete ihr noch einmal, still zu sein. Schließlich griff er fast wie
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