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Wildes Begehren

Wildes Begehren

Titel: Wildes Begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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ich ein gewisses Verständnis für deine Gründe. Deine Mutter war ein außergewöhnlicher Mensch, und ich weiß, dass sie ihren Sohn geliebt hat. Ich kannte deinen richtigen Namen nicht, und sie hat dich auch nicht beim Namen genannt. Sie hat dich immer nur als ›mein Sohn‹ bezeichnet. Und sie hat es liebevoll gesagt, Conner. Voller Stolz. Du warst ihr Ein und Alles.«
    Conner ließ Isabeau nicht aus den Augen, er hatte Angst sich zu rühren, Angst genau das Falsche zu tun und sie in die Flucht zu schlagen. Also kam sie weiter auf ihn zu, langsam, wie in Zeitlupe, einen Arm zögernd ausgestreckt. Ihre kleine Hand zitterte. Conner hielt die Zähne bedeckt und sein Temperament im Zaum. Ein Zittern überlief den Leoparden, dann ließ er sich langsam auf die Hinterbeine nieder und legte sich schließlich der Länge nach hin, ohne die goldenen Augen von ihrem Gesicht abzuwenden.
    Isabeau beäugte die zerkratzten Bäume und die Borkenstücke und schaute dann auf die dicken Tatzen der Raubkatze hinab. Blutspuren durchzogen den goldenen Pelz, wo das Tier sich absichtlich die Pranken an den Stämmen verletzt hatte. Das Meer aus Rosetten erzeugte eine optische Täuschung, sodass es aussah, als ob der große Leopard sich bewegte, obwohl er in Wirklichkeit ruhte. Sein durchdringender Blick fiel zwischen den unzähligen schwarzen Flecken
kaum auf. Seine Flanken hoben und senkten sich bei jedem Atemzug. Isabeau wusste, dass der unterdrückte Hunger und die ausgeprägte Intelligenz in den Augen des Leoparden ihr stets unvergesslich bleiben würden.
    Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, Conner zu folgen. Die anderen hatten ihr nachgerufen, sie solle umkehren, doch als sie das qualvolle Gebrüll gehört hatte, war sie schnell die Leiter hinuntergeklettert und hinter ihm hergelaufen. Sie hatte es nicht ertragen, die Trauer in seiner Stimme zu hören, denn damit kannte sie sich aus. Der Gedanke, dass er seinem Kummer als Mensch keinen Ausdruck geben konnte, bedrückte sie. Sie hatte seine Mutter gekannt und wusste, was für eine Frau sie gewesen war. Conner hatte sie geliebt und bewundert. Welcher Sohn hätte das nicht getan?
    Isabeau machte die letzten drei Schritte auf den Leoparden zu und ließ ihre Fingerspitzen über den mächtigen Kopf gleiten. Ihre Hand zitterte ein wenig, und um dieses Beben zu unterdrücken, grub sie die Finger in sein Fell und kraulte ihn. »Alles in Ordnung?«
    Der Leopard krümmte den Nacken und schubberte sich genüsslich an ihren kratzenden Nägeln. Isabeau setzte sich auf einen flachen Stein und legte ihm, selbst schockiert darüber, wie schnell ihre Angst verschwand, einen Arm um den Hals. Der Leopard blieb lang ausgestreckt neben ihr liegen, während sie sein Fell streichelte.
    Was wusste sie von diesen Raubkatzen, abgesehen davon, dass sie als gefährliche und listige Jäger galten? Ein Blick in die Augen des Tiers und schon sah sie die gleiche wache Intelligenz, die sie zu Conner hingezogen hatte. Der Mann war also auch da, und er litt. Sie war nicht ganz sicher,
was sie gesagt hatte, doch offensichtlich war sie schuld, dass Conner so erregt war.
    »Ich habe Marisa erzählt, was passiert ist«, gestand sie; sie suchte nach den richtigen Worten. »Sie wusste, dass ich traurig war. Wie hätte ich es auch verbergen können? Ich hatte meinen Vater verloren und anschließend schlimme Dinge über ihn und seine Geschäfte erfahren. Außerdem hatte ich herausgefunden, dass der Mann, von dem ich glaubte, dass er mich liebt, mich absichtlich getäuscht hatte – das war schwierig, Conner -, doch mit Marisas Hilfe fand ich mich nach und nach damit zurecht. Allerdings wusste sie nicht, dass du dieser Mann warst. Woher denn auch?«
    Sein Blick wurde immer trauriger und verzweifelter. Die wilden, feurigen Augen waren wie ein offenes Buch, ganz anders als in seiner Menschengestalt, und sie konnte in ihnen die Wahrheit erkennen. Marisa hatte es gewusst. Irgendwie hatte seine Mutter alles erfahren, und Conner wusste, wie. Isabeau seufzte und drückte das Gesicht an seinen muskulösen Hals, sie konnte ihn nicht ansehen. Sicher glaubte Conner, dass seine Mutter schlecht von ihm gedacht hatte, als sie starb. Und so sehr Isabeau auch glaubte, ihn leiden sehen zu wollen – so sollte es nicht sein, er sollte nicht wegen seiner Mutter traurig sein.
    Sie rieb die Wange an Conners Fell, denn sie brauchte diese tröstliche, beruhigende Geste genauso dringend wie er. Glaubte er etwa, dass sie das absichtlich

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