Wildes Begehren
war. Ich glaube, ungefähr drei.«
Conner grinste verständnisvoll. »Das war dein animalisches Erbe. Leoparden wollen immer hoch hinaus. Je höher, desto besser.«
»Und ich habe andauernd Nickerchen gemacht. Tagsüber war ich ständig müde.«
Conner nickte. »Und abends nicht ins Bett zu kriegen.
Als ich ein Teenager war, hat Mutter mich allen Ernstes nachts lernen lassen. Sie meinte, dann könnte ich mich am besten konzentrieren.«
»Habt ihr nachts auch Musik gemacht?«
»Manchmal, oder besser gesagt meistens, denn ich konnte nicht schlafen. Und Mutter war … traurig. Wir saßen im Haus, hörten den Regen, und dann sind wir mit unseren Instrumenten auf die Veranda gegangen. Sie mit ihrer Geige, ich mit meiner Gitarre, und dann haben wir zusammen Musik gemacht. Meist erschienen daraufhin die Tiere. Hin und wieder habe ich auch Leoparden gesehen, aber sie sind nie näher herangekommen, und da meine Mutter sie nicht beachtet hat, tat ich es ihr gleich.«
»Ich wünschte, ich hätte deine Mutter kennenlernen können.«
Conner blinzelte und setzte wieder das gewohnt ausdruckslose Gesicht auf. »Sie hätte dich sehr gemocht. Sie hat sich immer eine Tochter gewünscht.«
»Du hast gesagt, Suma hat sie getötet. Warum? Warum sollte er eine Leopardenfrau umbringen?«
Conner biss die Zähne zusammen. »Es geschah bei dem Überfall auf das Dorf. Sie wollte Adans Familie beschützen.«
Isabeau stockte der Atem. »Das war deine Mutter? Ich habe gehört, wie du Jeremiah erzählt hast, dass Suma deine Mutter getötet hat, aber ich hatte keine Ahnung, dass du von Marisa gesprochen hast. Ich kannte sie über Adan. Ich habe sie getroffen – mehr als einmal, aber natürlich habe ich sie nur als Menschen gekannt, nicht als Leopardin. Sie war so lieb zu mir. Sie hat mich wie eine Tochter behandelt.« Isabeau spürte, wie ihre Augen zu brennen begannen und schaute weg. »Sie hat eine ganze Weile dafür gesorgt, dass
ich mich weniger einsam fühlte. Ich war ziemlich fertig.« Isabeau musste schlucken. Conner glaubte wahrscheinlich, dass der Tod ihres Vaters ihr am meisten zugesetzt hatte, und natürlich war sie schockiert und traumatisiert gewesen, doch noch tiefer hatte sie Conners Verrat getroffen.
Entsetzt starrte Conner sie an. »Du bist meiner Mutter öfter begegnet?«
Als ob er nur das mitbekommen hätte und darüber alles andere als glücklich wäre. Isabeau versuchte, nicht schon wieder beleidigt zu sein, fühlte sich aber trotzdem gekränkt.
»Oft begleitete sie Adans Enkel zu meinem Camp, manchmal kam sie aber auch allein und blieb ein paar Tage. Dann hatte sie immer einen kleinen Jungen dabei. Die beiden gingen sogar mit mir zum Botanisieren. Deine Mutter kannte sich sehr gut aus. Manchmal brauchte ich bloß eine Pflanze zu zeichnen, und schon konnte Marisa sie identifizieren und mir sagen, wo sie zu finden ist und wozu man sie braucht. Manchmal brachte sie mich sogar direkt zu der Pflanze. Allerdings hat sie nie erwähnt, dass sie Geige spielt.« Isabeau gab sich Mühe, nicht argwöhnisch zu klingen.
»Mein Gott.« Conner wischte sich mit den Händen über das Gesicht und stand abrupt auf.
Sie sah gerade noch, dass er feuchte Augen hatte, als er von der Veranda sprang und sie allein ließ.
7
S ie hatte es gewusst. Seine Mutter hatte gewusst, dass er seine Gefährtin hintergangen hatte . Am liebsten wäre Conner vor Scham im Erdboden versunken. Als er geduckt auf dem Waldboden landete, kam ihm die Galle hoch. In seinem Schädel dröhnte es laut. Er hatte Isabeau unzählige Male markiert, bis ins Mark, und selbstverständlich hatte seine Mutter seinen Geruch erkannt, sobald sie ihr nahegekommen war. War Marisa womöglich in dem Glauben gestorben, dass er seine Gefährtin verraten und verlassen hatte, genauso wie sein Vater es mit ihr gemacht hatte?
Conner hob den Kopf und brüllte seinen Schmerz heraus. Seine Mutter hatte genug gelitten, sie sollte nicht denken, dass ihr einziges Kind – ihr geliebter Sohn – sich genauso benommen hatte wie sein Vater. Raul Fernandez hatte Mutter und Sohn aus dem Haus geworfen, nachdem Marisa für Conner Partei ergriffen hatte. In seiner Wut über Marisas Entscheidung, zu ihrem Kind zu stehen, hatte er sie beide gezwungen, das Dorf zu verlassen, ihren einzigen Schutz, sodass seine Mutter im Wald ein Heim für ihren Sohn schaffen musste. Conner wusste, dass sein Vater überzeugt war, sie könnten dort allein nicht überleben, und er hatte sie dennoch
herzlos ihrem
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