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Wildes Begehren

Wildes Begehren

Titel: Wildes Begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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getan hatte? Dass sie versucht hatte, ihn vor seiner Mutter schlecht aussehen zu lassen? So war es ganz sicher nicht gewesen. »Ich habe mich verzweifelt nach Gesellschaft gesehnt – nach einer Mutter oder einer größeren Schwester, einer Frau, mit der ich reden konnte. Meine Mutter starb, als ich klein war. Ich
kann mich kaum noch an sie erinnern. Und in Wahrheit war sie wohl nur meine Adoptivmutter. Meine leibliche Mutter kenne ich gar nicht.«
    Dass sie adoptiert worden war, hatte Isabeau erst erfahren, nachdem ihre Katze Conner das Gesicht zerkratzt hatte. Unwillkürlich legte Isabeau die Hand an die Wange des Leoparden. Ja, da waren sie, die tiefen Schrammen. Vorsichtig streichelte sie die vier Narben. Durch die dicken Blätter über ihrem Kopf war sie ein wenig geschützt vor dem Regen, doch hin und wieder fielen Tropfen auf sie herab und rannen über ihren Rücken, sodass sie unbehaglich hin- und herrutschte.
    Sofort setzte der Leopard sich auf. In dieser Position war er größer als sie. Er hatte ein breites, kräftiges Gesicht. Nachdenklich schaute er in die Bäume ringsum, dann richtete er den Blick wieder auf Isabeau und wartete, während sie zögernd aufstand. Anscheinend wollte er sie auffordern, in die Bäume zu klettern – eine instinktive Reaktion bei einem Leoparden.
    »Wir könnten zur Hütte zurückgehen und uns auf die Veranda setzen«, schlug Isabeau hastig vor.
    Sie war ein wenig nervös angesichts dieser leuchtend goldenen Augen in der völligen Dunkelheit. Und sie wollte nicht, dass irgendwelche Insekten in Schwärmen über sie herfielen. Moskitos und andere stechende oder beißende Verwandte hielten sich meist von ihr fern, doch mit wuselnden Ameisen musste man immer rechnen. Sie wollte es nicht offen zugeben, schließlich hatte sie sich einen Beruf ausgesucht, der sie immer wieder in den Regenwald führte, aber Ameisen waren ein Alptraum für sie. Es war ziemlich albern, die Finger im Fell eines Leoparden zu haben und gleichzeitig den bewegten Waldboden nach Ameisen abzusuchen.

    Isabeau machte einen kleinen Schritt in Richtung Hütte. Sie hatte immer einen erstaunlichen Orientierungssinn gehabt, selbst im Innern des Dschungels, obwohl sie den Wald nie ohne Führer betreten hatte, doch nun fühlte sie sich noch sicherer als sonst. Mit pochendem Herzen ging sie langsam weiter, in der Hoffnung, dass Conner ihr folgen würde. Schließlich kam der Leopard an ihre Seite und lief, den Hals an ihre Hand und den Körper an ihr Bein gedrückt, neben ihr durch das dichte Unterholz.
    Damit er nicht mehr an den Tod seiner Mutter dachte, erzählte Isabeau weiter von sich. »Ich erinnere mich, dass mein Vater mich als Kind immer in diese Vergnügungsparks mitnehmen wollte, wo man Achterbahn fährt und solche Sachen – und die habe ich gehasst. Ich war sonst sehr abenteuerlustig, deshalb konnte er nicht verstehen, warum ich den Geschwindigkeitsrausch nicht mochte. Jedes Mal, wenn ich mit so einem Ding gefahren bin, wurde ich ganz verrückt. Das muss meine Katze gewesen sein, aber zu der Zeit habe ich das natürlich noch nicht gewusst.« Sie seufzte. »Ich schätze, damals habe ich manches nicht gewusst.«
    Sie spazierten durch die Bäume. Isabeau konnte ihr Herz klopfen hören. Sie würde es ihm sagen – und ihren Vater abermals verraten. Aber das war sie Conner schuldig.
    »Ich habe deiner Mutter von den Achterbahnen erzählt – und von den Männern, die mein Vater in diesen Parks immer getroffen hat.« Isabeau bemerkte das Zittern in ihrer Stimme, konnte es aber nicht ganz unterdrücken, obwohl ihr klar war, dass Conner es ebenfalls hören konnte, zumal mit den empfindlichen Ohren des Leoparden.
    Die dicken Muskeln unter ihrer Hand spannten sich zwar, doch sonst zeigte der Leopard keine Reaktion. Er ging
weiter neben ihr her, und das gab ihr den Mut, eine Beichte abzulegen. »Ich habe den Männern, die er oft dort getroffen hat, keine Beachtung geschenkt, denn ich mochte sie nicht. Sie rochen irgendwie abstoßend.« Isabeau drückte die Finger tiefer ins Fell. »Ich konnte Gerüche meilenweit riechen. Es hat mich in den Wahnsinn getrieben. Meistens tauchten sie auf, wenn Dad mir ein Eis kaufte. Er ging mit mir immer zu einem bestimmten Stand, wo dieselben beiden Männer warteten und ihm ein Paket übergaben. Im Gegenzug reichte er ihnen dann einen Umschlag. Ich war noch ein Kind, Conner, ich habe nicht begriffen, oder überhaupt darüber nachgedacht, dass er wahrscheinlich für irgendetwas bezahlt

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