Wildes Blut
an diesem schrecklichen Ort nicht allein lassen. Ich werde mit dem Kommandanten spreche n. Wenn ich ihm sage, dass du nicht Lucero Alvarado bist, wird er mir glauben müssen."
"Das kannst du nicht tun." Er sprach leise und mit Nachdruck. Er sah den erschrockenen Ausdruck in ihren Augen, aber ehe sie widersprechen konnte, fuhr er fort: "Denk doch einmal nach, Mercedes. Selbst wenn die Autoritäten hier in Durango dir glauben - was äußerst unwahrscheinlich ist -, was würde das für dich und unser Kind bedeuten? Man würde dir Inzest vorwerfen, und unser Baby würde als Bastard geboren werden. Nein. Dieses Unglück will ich weder über dich noch über unser Kind bringen. Wenn McQueen mich hier nicht herausholen kann, dann ist es besser, wenn ich sterbe und nicht Lucero."
"Das ist mir alles gleichgültig - ich will nur, dass der Vater meines Kindes am Leben ist, wenn es geboren wird."
"Rede keinen Unsinn, Mercedes. Es war Wahnsinn, allein hierher zu kommen. Ich möchte, dass du dich aus der Gefahrenzone entfernst und nach Gran Sangre zurückkehrst, um dort die Geburt abzuwarten."
Sie presste die Lippen aufeinander, und ihre Augen schienen Funken zu sprühen. "Das werde ich nicht tun, Nicholas. Du kannst mich nicht daran hindern, den Kommandanten aufzusuchen und ihm die Wahrheit zu sagen."
Er packte ihre Schultern, und seine Finger gruben sich schmerzhaft in ihr Fleisch. "Ich verbiete es, Mercedes."
Sie hörte, wie der Wärter die äußere Tür aufschloss, dann näherte er sich Nicholas' Zelle. "Du kannst gar nichts tun, um mich aufzuhalten, ehe du wieder in Freiheit bist. Und dann ist es nicht mehr von Bedeutung."
"Es wird von Bedeutung sein, wenn jeder weiß, was wir getan haben", rief er, als sie sich seinem Griff entzog und durch die Tür hinausschlüpfte, die der Wärter für sie aufhielt.
"Mercedes, ich verbiete es", stieß er hervor.
Sie drehte sich um und sah ihn an. "Das kannst du nicht, Nicholas, denn vor dem Gesetz bist du nicht mein Gemahl."
Die schwere Eisentür wurde ihm vor der Nase zugeschlagen.
"Mercedes, warte!"
Aber sie wartete nicht. Wieder war er allein. Der einzige Beweis dafür, dass sie nicht nur ein Produkt seiner Phantasie gewesen war, war der zarte Hauch von Lavendel, der süßlich in der feuchten Luft hing.
Das Büro von Kommandant Morales war klein, eng und genauso ordentlich wie der kleine, schmale Mann, der sie über seinen verschrammten Schreibtisch hinweg ansah. "Ich bedaure die Umstände, unter denen wir uns begegnen, Senora Alvarado", sagte er höflich und bot ihr einen Platz an. "Dennoch, ich kann nichts für Sie tun. Das Militärgericht wird darüber entscheiden, ob Lucero Alvarado leben oder sterben wird."
"Aber der Mann in der Zelle ist nicht Lucero Alvarado. Er heißt Nicholas Fortune und ist Amerikaner. Er ist nicht El Diablo."
Morales sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. "Ich verstehe, dass dies sehr schwierig ist für eine Dame von vornehmer Herkunft, aber..."
"Ich haybe das nicht etwa erfunden, um den Vater meines Kindes zu retten", erwiderte sie und versuchte, wenigstens äußerlich die Ruhe zu bewahren.
"Sie sagen ..." Er ließ seinen Blick zu ihrem Bauch wandern.
Dann wurde sein Gesicht dunkelrot, und sofort sah er ihr wieder in die Augen. "Das heißt, also ..."
"Ja, das sagte ich schon. Nicholas Fortune ist der Vater meines Kindes, aber er ist nicht mein Gemahl. Nick und Lucero sind Halbbrüder, und sie sehen beide dem alten Don Anselmo so ähnlich, dass niemand sie unterscheiden kann - jedenfalls nicht auf den ersten Blick."
Morales begann, Papiere von einem akkuraten Stapel auf den anderen zu verschieben und die Ränder mit seinen kleinen, plumpen Fingern zu glätten. "Das ist äußerst ungewöhnlich.
Aber selbst wenn es wahr ist, was Sie sagen, so habe ich nicht die Befugnis, ihn freizulassen."
"Wann tritt das Gericht zusammen?"
Er zupfte am Kragen seiner steifen blauen Uniform.
"Morgen. Um zehn,"
"Ich werde pünktlich um zehn hier sein." Sie stand auf und nickte höflich.
Der Offizier beeilte sich, sie zur Tür zu bringen. Mit einer steifen Verbeugung sagte er: "Ich bezweifle, dass Sie dort von Nutzen sein können, Senora Alvarado. Es gibt mehrere Zeugen.
Eine ist, nun ja, eine junge Frau, die von Et Diablo vergewaltigt worden ist."
Mercedes erbleichte, aber sie reckte entschlossen das Kinn.
"Dann sollte ihr auffallen, dass Nicholas eine Narbe auf der linken Wange hat. Lucero nicht."
Sie wusste, dass er ihr nicht glaubte.
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