Wildes Blut
Großer Gott, wenn nun das Gericht ihr auch nicht glaubte? Wenn doch diese Zeugen die Unterschiede zwischen Lucero und Nicholas erkennen könnten.
Aber viele Leute auf Gran Sangre hatten das Fehlen der Narbe nicht bemerkt, als Lucero zurückkehrte. Die Menschen sehen, was sie sehen wollen. Genau wie du selbst es so lange getan hast.
Die Narbe! Und wenn nun Lucero während seiner Zeit bei den contre-guerillas einen Bart getragen hatte? Nein, als er nach Gran Sangre geritten kam, war er glattrasiert gewesen. Aber jetzt war Nicholas es nicht. Hier im Gefängnis war er gezwungen, sich einen Bart stehen zu lassen.
Am nächsten Morgen, bei Tagesanbruch, wurde Nicholas geweckt, als seine Zellentür aufgeschoben wurde. Benommen setzte er sich auf. Mercedes betrat die kleine Zelle, gefolgt von einem dicken Mann mit einem Lederriemen und einem Soldaten, der einen schweren Zuber trug, den er geräuschvoll auf den Boden stellte.
Fortune strich sich das Haar mit den Fingern aus den Augen und sah Mercedes an. "Was zum Teufel geht hier vor?"
"Ich habe den Wachmann bestochen, um für deine Körperpflege zu sorgen, ehe du vor Gericht erscheinst."
Sie deutete auf einen anderen Soldaten, der ihnen in die Zelle gefolgt war. Er mühte sich mit zwei Eimern heißen Wassers ab.
Als er sie in den Zuber entleerte und sich umwandte, um noch mehr zu holen, zog der dicke Mann die Zeichen seines Berufs hervor: eine Schere und ein Barbiermesser.
Plötzlich begegneten sich die Blicke von Nicholas und Mercedes. Beide erinnerten sich an jenen Tag auf Gran Sangre, als sie versucht hatte, ihn im Baderaum zu rasieren. Ihre Gesichter verrieten das heiße Verlangen, das die Erinnerung in ihnen weckte. Errötend stellte sie ihr Ridikül auf den Boden und begann, die Ärmel ihres einfachen Tageskleides aus rosa Musselin aufzurollen. Er sah, wie sich die dünnen Stoffalten unter ihren Brüsten bauschten und weich über ihren gewölbten Leib fielen. Sein Körper spannte sich vor Verlangen an.
Es schien, als könnte sie seine Gedanken lesen. Als ihre Blicke sich wieder begegneten, vertiefte der süße Schmerz der Leidenschaft das Rot ihrer Wangen. Sie sah zu, wie der Barbier ihren Liebsten rasierte und ihm das Haar schnitt, während die Soldaten den Zuber mit warmem Wasser füllten. Das Rasiermesser wurde mit einem leisem, schabenden Geräusch über seine Wangen geführt, und sie ballte die Hände zu Fäusten.
Sie zitterte, so sehr wünschte sie, ihn zu berühren. Warte nur, bis sie fort sind.
Sobald der Barbier seine Arbeit beendet hatte, bezahlte sie ihn und die Wasserträger. Alle drei Männer gingen mit dem Wachmann hinaus. Sie lächelte. "Zieh jetzt diese schmutzigen Lumpen aus, damit ich dich baden kann. Ich habe dir aus Gran Sangre frische Kleidung mitgebracht."
Er sah amüsiert zu, wie sie einen von Luceros besten schwarzen Anzügen aus der Truhe nahm, die einer der Soldaten hereingetragen hatte. "Ich habe dein Hemd bügeln lassen. Beeil dich jetzt, ehe die Wärter zurückkehren."
Er grinste. "Wenn du an etwas Bestimmtes denkst, muss ich dich vor den Ratten hier warnen."
Einen winzigen Moment sah sie erschrocken aus, dann verschwand der Ausdruck von ihrem Gesicht. Sie konzentrierte sich auf ihn, als er sein schmutziges Hemd über den Kopf zog und es auf den Boden warf. Eine neue, tiefrote Narbe hatte sich auf seiner rechten Seite gebildet. "Was ist geschehen?" fragte sie, als er die Wunde betastete, zusammenzuckte und sich wieder zu Mercedes umdrehte.
Sofort war sie bei ihm und strich mit ihren kühlen Händen über seine glühende Haut, ging um ihn herum und untersuchte die Stelle, an der Hernan Ruiz' Kugel in seinen Körper gedrungen war. "Du wurdest wieder angeschossen!"
"Ein Souvenir an meine kleine Expedition, auf der ich Mariano Vargas und seine Freunde daran hindern wollte, den Präsidenten zu erschießen", sagte er einfach. "Der Doktor meinte, ich könnte von Glück sagen, dass ich noch lebe", fügte er mit leisem Lachen hinzu, während er begann, seine Hose zu öffnen.
Ihre Kehle wurde trocken, einerseits, weil er wieder einmal beinahe im Kampf gestorben wäre, noch mehr aber, weil seine Hose an seinen langen, muskulösen Beinen hinunterglitt und seine Erregung nicht länger ihren Bücken verborgen war.
"Nicholas", flüsterte sie.
Er sah ihr tief in die Augen. "Ich liebe es, meinen Namen von deinen Lippen zu hören. Wie oft habe ich mich danach gesehnt, wenn ich in dir war und du aufschriest vor Lust."
Er sprach leise und
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