Wildes Blut
nach ihm. "Mercedes - du solltest nicht hier sein", widersprach er.
"Was haben sie dir angetan?" Sie war entsetzt. Er war so dünn, und ein mehrere Tage alter Bart spross aus seinen eingefallenen Wangen. Seine Kleidung hing in Fetzen an seinem Leib, und seine Augen - heilige Jungfrau, diese sonst glühenden Wolfsaugen schienen irgendwie matt und verschleiert. Ehe ihre eigenen Ängste und ihre Unsicherheit sie überwältigen konnten, warf sie sich in seine Arme. "Oh, Liebster, geht es dir gut?"
Er spürte den zarten Duft von Lavendel, der ihrem Haar entströmte, fühlte ihren weichen Körper an seinem Leib, ihre Hände auf seinen Schultern und an seiner Brust, ihre Fingerspitzen auf seinem Gesicht, als sie ihn nach Wunden abtastete. Er hielt sie auf Armeslänge von sich weg: "Ich habe seit Wochen nicht gebadet. Ich werde dich mit meiner Berührung beschmutzen." Ich habe es schon getan.
"Sag nicht so etwas Dummes", entgegnete sie. "Ich hatte schreckliche Angst, dass man dich schon hingerichtet haben könnte."
"Wenn ich eine Möglichkeit gehabt hätte, McQueen zu erreichen, ohne dich da hineinzuziehen, dann hätte ich es getan.
Und wenn ich geahnt hätte, dass du persönlich hierher kommst, hätte ich dir nicht geschrieben. Der Ritt ist lang und gefährlich, vor allem für eine Frau in deinem Zustand." Jetzt sah er ihren gewölbten Leib. "Wann?" fragte er und legte staunend seine Hand auf die Rundung ihres Bauches.
Sie schüttelte den Kopf und klammerte sich an ihn. "Das Baby wird erst in einigen Monaten kommen. Es geht mir gut.
Nur du - o Nicholas, Innocencia hat das getan! Sie hat Lucero verraten, und sie haben dich an seiner Stelle gefangen!"
"Du kennst meinen Namen", sagte er leise und veranlasste sie, atemlos innezuhalten. Sie regte sich nicht, suchte nur seinen Blick.
"Lucero nannte ihn mir. Du bist Nicholas Fortune, ein amerikanischer Söldner, den er im Krieg kennen gelernt hat."
Sie fühlte, wie er erstarrte und sie fester packte.
"Lucero is t nach Gran Sangre zurückgekehrt?" Dein rechtmäßiger Gemahl, der dich mir so beiläufig gab wie Peltre.
Sie las die unausgesprochene Frage in seinen Augen. "Ich ließ nicht zu, dass er mich berührte." Sie wandte sich ab und durchschritt die Zelle. In dem schmalen Lichtstreif blieb sie stehen. Er verlieh ihrem Haar einen goldenen Schein. "Er ... er versuchte es, aber ich bewahrte die Sharps, die du mir gabst, in meinem Zimmer auf. Ich hätte ihn erschossen. Ich glaube, das wusste er. Nach der ersten Nacht hat er nie wieder versucht, mich zu belästigen", sagte sie. Dann wagte sie es, sich umzudrehen und seinen Blick zu erwidern. "Ich liebe dich, Nicholas. Du bist mein Gemahl. Die Politik ist mir egal, genau wie alles, was du getan hast, ehe wir uns trafen."
Der harte Knoten in seinem Inneren löste sich, während sie sprach. Er konnte wieder atmen, und sein Herz schlug ruhiger.
Sie hatte ihm verziehen, und sie liebte ihn trotz der strengen Regeln ihrer Religion und der aristokratischen Gesellschaft, trotz allem, was man sie seit ihrer frühen Kindheit gelehrt hatte.
Er ging durch die Zelle und umarmte sie fest, barg sein Gesicht in ihrem seidigen Haar.
"Mercedes, Mercedes, meine Liebe, meine Liebste. Du bist das Beste, was mir jemals geschehen ist. Ich hatte solche Angst, dass du mich hassen würdest, wenn du endlich die Wahrheit erfährst."
"Ich könnte dich niemals hassen - und ich habe von Anfang an gewusst, dass du nicht Lucero bist. In jener ersten Nacht, als du mich in dein Bett geholt hast - da war es ganz anders als mit ihm. Ich wusste es - aber ich konnte es mir selbst nicht eingestehen."
"Ich lebte in ständiger Furcht, dich zu verlieren. Ach, Mercedes, ich kam wegen des Landes nach Gran Sangre. Ich hatte nicht erwartet, mich zu verlieben. Aber du warst ganz anders, als Lucero dich beschrieben hatte." Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht und umfasste es mit seinen Händen.
Sie küsste seine Hand. "Gregorio folgt Lucero. Der republikanische alcalde in San Ramos versucht, über das Netz von Spionen Bart McQueen ausfindig zu machen, aber ich weiß nicht, ob sie es schaffen. Hilario befürchtet, er könnte Mexico verlassen haben, nun, da das Kaiserreich am Ende ist."
"Du musst sofort nach Gran Sangre zurückkehren. Dort wirst du in Sicherheit sein. Hilario und die anderen werden dafür sorgen, dass Lucero dir nichts zuleide tut. Wenn ich kann, werde ich zu dir kommen, wenn nicht..."
"Nein! Du darfst nicht einmal daran denken! Ich werde dich
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