Wildes Blut
geführt wurde, war Nicholas froh, dass Mercedes für seine Erscheinung gesorgt hatte. Er zweifelte kaum am Ergebnis dieser Verhandlung, aber zumindest würde er dem Todesurteil würdevoll entgegensehen, wie es sich für einen Alvarado gehörte, und nicht schmutzig wie jemand aus der Gosse von New Orleans, der er doch entflohen war. Wenn sie nur nicht anwesend wäre, um alles mitanzusehen! Aber Mercedes hatte darauf bestanden, ihn zu begleiten, und da die Richter sie für seine rechtmäßig angetraute Ehefrau hielten, hatten sie eingewilligt.
Meine Ehefrau. In der Tat war sie die Frau seines Herzens, und das würde sie immer sein, so wie er ihr Gemahl war. Dies würde entsetzlich für sie werden. Er hatte lange als Soldat gelebt, daher wusste er, wie das Militär in Kriegszeiten die Justiz verkörperte - schnell und gnadenlos. Wenn sie enthüllte, dass sie mit einem Hochstapler die Ehe gebrochen hatte und von ihm ein Kind erwartete, was mochten dieser kleine Kommandant oder gar diese Richter mit den strengen Mienen von ihr denken?
Als sie von einem jungen Soldaten in den Verhandlungsraum geleitet wurde, begegnete Nicholas ihrem Blick. Innerlich flehte er, dass sie an sich halten und nichts sagen würde, aber er erkannte an dem Feuer ihrer Augen und dem entschlossenen Ausdruck um ihren Mund, dass sie es nicht tun würde.
Viele Menschen strömten herein und nahmen auf den groben Holzbänken entlang der Wände Platz. Zwei waren gutgekleidete Händler, der dritte ein Geistlicher aus dem Dorf, der Rest trug einfache, locker fallende Baumwollkleidung, sie waren offensichtlich campacinos. Zeugen für Luceros Verbrechen?
Nicholas konnte nur Vermutungen anstellen.
Ein junges Mädchen, kaum älter als sechzehn oder siebzehn Jahre, war von üppiger Figur, genau der Typ, der seinem Bruder gefallen würde. Ihr ebenholzschwarzes Haar fiel unter einem zerfransten blauen rebozo bis über ihre Hüften, als sie ihn anstarrte, als würde sie bereits auf seinem Grab tanzen. Zur Hölle mit dir, Lucero!
Der Richter in der Mitte klopfte mit einem kleinen Hammer und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Er hatte ein fleischiges Gesicht, das nur durch seine große Nase und einen mächtigen Kiefer nicht weic hlich wirkte. Wenn er sprach, füllte seine Stimme den Raum.
"Der Angeklagte soll aufstehen." Sein Blick schien Nicholas, der den Richtern gegenüberstand, zu durchdringen. Naya kauerte unsicher neben ihm. "Sie, Lucero Alvarado, auch bekannt als El Diablo, sind angeklagt der Vergewaltigung, des Mordes und des Banditentums während des vergangenen Jahres in den Staaten Durango, Zacatecas, San Luis PotosI und Aguas Calientes. Wie lautet Ihre Erklärung?"
Der grauhaarige Verteidiger sah Fortune an, dann wandte er sich zum Gericht, aber ehe er etwas sagen konnte, antwortete Nicholas: "Schuldig im Sinne der Anklage. Warum sparen Sie nicht das Geld der Republik und sprechen gleich jetzt das Urteil?"
"Nein! Das darfst du nicht!" rief Mercedes dazwischen, ehe der verblüffte Richter etwas auf die erstaunliche Äußerung des Gefangenen sagen konnte. Sie erhob sich und ging zu seiner Bank. "Er ist nicht schuldig. Er ist nicht einmal Lucero Alvarado."
"Und woher, Senora, wollen Sie das wissen?" fragte der Richter mit dem hänge nden Schnurrbart und den schweren Augenlidern.
"Ich bin Lucero Alvarados Gemahlin, Mercedes Sebastian de Alvarado, und dieser Mann ist nicht mein Ehemann."
Die Leute auf den Bänken begannen, aufgeregt zu murmeln, alle außer dem jungen Mädchen mit den dunklen Augen. Der Vorsitzende Richter verlangte mit seiner Stentorstimme nach Ruhe, und es wurde still in dem Raum, während sich aller Blicke auf Mercedes richteten. Der dritte Richter sagte zu ihr:
"Bitte behalten Sie Platz, Dona Mercedes. Sie werden die Erlaubnis zum Sprechen erhalten - zu gegebener Zeit."
Mercedes warf Nicholas einen flehenden Blick zu und kehrte zu ihrem Platz zurück. Auch der Angeklagte und sein Verteidiger setzten sich, und es wurde eine Reihe von Zeugen aufgerufen. Nacheinander legten sie einen Eid ab und erzählten dieselbe Geschichte - Ladenbesitzer und Händler, Farmer und Kaufleute, alle, die dabei gewesen waren, als El Diablo vor ihren Augen unschuldige Zivilisten erschossen, die Städte und Dörfer geplündert und ihre Häuser verbrannt hatte. Einer der letzten Zeugen war ein Priester, der beschrieb, wie der berüchtigte Bandit mit seinem großen schwarzen Hengst in seine Kirche geritten war und seine Männer anwies, den Altar
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