Wildes Blut
"Ja, ich glaube, der Krieg hat vieles verändert."
Oben ging Mercedes in ihrem Zimmer auf und ab und umklammerte die Pistole, die sie aus Anselmos Waffenschrank genommen hatte. Ihr Blick haftete an der Tür zu Luceros Zimmer, die sie genauso verriegelt hatte wie die Tür zur Halle.
Er würde es nicht wagen, heute nacht zu ihr zu kommen. Aber was sollte sie tun, wenn er es doch wagte? Alle Dienstboten konnten sie hören. Nun, sollten sie doch. Es gab kaum eine Menschenseele auf Gran Sangre, die nicht über Lucero und Innocencia Bescheid wusste.
"Ich werde ihn erschießen, wenn er es wagt, einen Fuß in diesen Raum zu setzen", flüsterte sie laut. Die Worte klangen seltsam in der kalten Nachtluft.
Sie blickte zum Fenster hinaus. Die Nacht war sternenklar, so still und lieblich, und sie versuchte, Kraft aus der friedlichen Szene zu ziehen. Nur ruhige und vernünftige Überlegungen ganz ohne Emotionen würden ihr jetzt helfen. Du bist nicht mehr das schockierte und verletzte kleine Mädchen aus dem Kloster, das du bei jenem erstenmal warst, als er und Innocencia dich auslachten, schalt sie sich selbst. Sie versuchte, sich zu konzentrieren, legte daher die Waffe auf ihren Nachtkasten und rieb sich die Schläfen.
Zuerst hatte sie beinahe erwartet, dass er ihr nachlief und von ihr verlangte, zu akzeptieren, was sie gesehen hatte. Aber er hatte es nic ht einmal für notwendig erachtet, ihr zu folgen.
Warum überraschte sie das? Ehe sie sich in ihr Zimmer zurückzog, hatte sie die Bücher durchgesehen und mit Juan das Bewässerungsprojekt besprochen. Dann war sie nach oben gegangen, hatte Rosario ein Märchen vorgelesen und sie dann zu Bett gebracht. Und noch immer war er nicht in sein Schlafgemach gekommen.
Offensichtlich war er bei Innocencia in den Dienstbotenquartieren auf der anderen Seite des Hofes.
Eigentlich sollte sie dankbar sein, dass er die puta nicht hierher in sein Bett brachte, das er mit ihr geteilt hatte. Ein unfreundlicher Ausdruck erschien in ihren Augen und verlieh ihnen die Farbe dunkler Bronze, als sie sich vorstellte, dass Lucero und diese Frau gleich nebenan wären. "Wenn er es wagt, sie hierher zu bringen, verbrenne ich die Matratze mit den beiden darauf!" stieß sie hervor. Dann erst bemerkte sie, wie eifersüchtig das klang.
Eifersucht? Sie war nicht eifersüchtig. Sollte er doch zu lockeren Frauenzimmern wie Innocencia gehen, aber er sollte es diskret tun. Es ging nur um ihren Stolz. Als Patrona, die Gran Sangre in den letzten vier Jahren geführt hatte, verdiente sie schließlich Respekt. Sie wusste, dass sie sich selbst belog.
Ihre verworrenen Gedanken wurden unterbrochen, als sie seine Schritte in der Halle hörte. Sie hielt den Atem an und holte die Waffe, während er sein Zimmer betrat. Er kam nicht gleich an ihre Tür. Gut. Er war höflich. Vermutlich hatte diese Hure ihn schon im Baderaum ermüdet. Ich wünschte, sie wären beide ertrunken. Sie stand allein in der Dunkelheit und wartete darauf, dass das Licht auf der anderen Seite der Tür erlosch, unfähig, ins Bett zu gehen, solange er noch wach war.
Dann wurde der Türknauf gedreht, gleich darauf hörte sie einen lauten Fluch, als der Riegel ihm den Weg versperrte. Er klopfte zweimal, scharfe Schläge, die sie erschauern ließen.
"Geh zurück zu deiner Geliebten, Lucero", sagte sie unmissverständlich.
Er schlug wieder gegen die Tür, diesmal kräftiger. "Öffne mir, oder du wirst es bereuen, Mercedes!"
"Hör auf, mir zu drohen, Lucero."
Ein lautes Krachen tönte durch das Haus, gefolgt von einem scharfen Knirschen, als der Riegel nachgab und die Halterung sich löste, so dass die Tür nach innen aufflog. Lucero stand im Rahmen, und mit dem Licht hinter seinem Rücken bot er einen großen, dunklen und bedrohlichen Anblick. Sein Gesicht lag im Schatten, nur seine Augen schienen im Mondlicht zu glühen.
Unergründliche Wolf saugen mit silbernen Glanzlichtern.
Den alten Walker Colt, den sie in beiden Händen hielt, beachtete er gar nicht. "Verriegele nie wieder eine Tür vor mir.
Nicht in meinem eigenen Haus und auch sonst nirgends", sagte er schnell und leise. Seine Stimme klang rau und böse. Er trat ins Zimmer, aber sie senkte die Waffe nicht.
"Du hast deinen Standpunkt dargelegt, Lucero. Nun verlas mein Zimmer, oder ich werde dies hier benutzen", sagte sie ruhig.
Er kam zwei weitere Schritte näher und lächelte selbstbewusst. "Na los. Schieß doch." Sie zögerte, so wie er es vorausgesehen hatte. Die Pistole, die
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