Wildes Blut
Dienstmädchens und darf eingeschüchtert werden, so wie du immer die Menschen einschüchterst", warf Mercedes zornig ein. "Jetzt steh auf und mach dich an die Arbeit. Wenn ich höre, dass du nur ein böses Wort zu Rosario sagst, dann reiße ich dir persönlich jedes Haar einzeln aus und gebe dich dann Bufon zum Spielen. Ist das klar?"
Innocencia nickte und erhob sich rutschend und stolpernd, hastete zum Brunnen und begann, Wasser heraufzuziehen.
Während sie zusammen mit Lupe den Schmutz von Rosario ab wusch und dann Bufon säuberte - was keine leichte Aufgabe war -, fragte Mercedes sich, wie wohl ihr Ehemann über die Drohungen denken mochte, die sie seiner Gespielin gegenüber ausgesprochen hatte. Er hatte seit seiner Rückkehr zwar nicht bei ihr gelegen - jedenfalls hatte sie keinen Beweis dafür - aber sie hatte sich in seine Befugnisse eingemischt, und vielleicht missfiel ihm dies. Dann dachte sie an die grausamen Worte der puta zu seiner Tochter und sagte sich, dass er niemandem, nicht einmal seiner Geliebten, erlauben würde, das Kind so zu behandeln. Trotzdem dachte sie im Laufe des Tages immer wieder darüber nach, was Innocencia nun wohl tun würde.
Nicholas kehrte bei Einbruch der Dämmerung zurück, staubbedeckt, verschwitzt und müde vom Reiten. Alle seine Gedanken kreisten nur noch um ein Bad - ein langes, entspannendes Bad in einem großen Zuber mit warmem, sauberem Wasser. Er betrat die Eingangshalle und eilte zur Küche, wo er Angelina damit beschäftigt glaubte, das Geschirr vom Abendessen zu säubern. Wie er die alte Köchin kannte, hatte sie vermutlich für ihn eine Mahlzeit vorbereitet, aber im Augenblick war er sogar zu müde, um hungrig zu sein. Er sehnte sich nur nach einem Bad.
Ehe er die Halle nur zur Hälfte durchquert hatte, tauchte Lupe auf und knickste schüchtern vor dem Patron. Sie war eine kleine junge Frau mit einem runden Gesicht und heiteren braunen Augen. "Wir haben Sie erst später zurückerwartet, Don Lucero.
Ihr Abendessen ..."
"Es ist gut, Lupe, das kann warten. Bitte sag Lazaro, er soll Wasser in den Baderaum bringen, und Baltazar das Rasiermesser, Seife und ein paar frische Handtücher und saubere Kleidung."
Sie nickte, und er wandte sich dann dem Hof zu. Er fühlte sich zu schmutzig und hatte das Gefühl, streng zu riechen, daher verzichtete er darauf, im Haus zu bleiben und nach Mercedes und Rosario zu suchen. Er ging am Springbrunnen vorüber und verweilte einen Augenblick im Schatten eines großen Baumes, während Lazaro den Zuber mit frischem Wasser füllte. Dann betrat er den langen, schmalen Raum, der als Baderaum diente, entkle idete sich und stieg in die Wanne. Es war eine Sonderanfertigung aus Kupfer mit einem Innenbecken aus Porzellan, groß genug für zwei.
In dem niedrigen, schlichten Raum mit dem einfachen Holzfußboden und den kleinen Fenstern wirkte die Wanne fehl am Platze. Sein Vater hatte sie aus Spanien kommen lassen, denn er hatte geplant, einen aufwendigen Baderaum im zweiten Stock einzurichten, wo die Räume der Familienmitglieder lagen, doch nach Kriegsbeginn hatte Don Anselmo rasch das Interesse daran verloren. Außerdem war es diskreter, hier am anderen Ende des Hofes mit den Dienstmädchen zusammenzukommen als im Haus, wo sich Dona Sofias Zimmer in unmittelbarer Nähe befand.
Nicholas ließ sich tief in das herrliche Wasser gleiten und legte den Kopf auf den Rand des Zub ers. Er dachte an all das, was Lucero ihm über seine - ihre gemeinsame - Familie erzählt hatte. Vieles davon war nicht erfreulich, obwohl das Bild von dekadentem Reichtum, das er entworfen hatte, für einen Jungen, der in einer Reihe von zunehmend schlechter werdenden Bordellen aufgewachsen war, alle Probleme nichtig erscheinen ließ.
Lucero hatte seine kaltherzige Mutter gehasst, seinen wilden, lebenslustigen Vater aber über die Maßen verehrt. Obwohl Nicholas nachempfinden konnte, was es hieß, die Liebe einer Mutter zu entbehren, so hasste er doch Don Anselmo mehr als sein Bruder Dona Sofia, Don Anselmo hatte ein Kind gezeugt und sich dann leichten Herzens von der naiven jungen Gattin abgewandt.
Plötzlich wurden seine sorgenvollen Überlegungen von Innocencias schmeichelnder Stimme unterbrochen. "Ich sehe, der Krieg hat den Körper meines schönen Hengstes mit Narben gezeichnet. Ich kann nur beten, dass ein gewisser Teil von dir nicht verwundet wurde."
Sie leckte sich herausfordernd die geröteten Lippen und huschte mit einem Armvoll Handtücher in den Raum. Sie
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