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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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der Schweiß in Strömen über den Körper, als sie über ihre Harke gebeugt wütend auf das üppige Unkraut einhackte, das ihren Gemüsegarten zu überwuchern drohte. Ein dumpfes, schwindelerregendes Pochen dröhnte, während sie arbeitete, hinter ihren Schläfen und übel war ihr auch. Schultern und Rücken schmerzten, und trotz ihrer abgetragenen Handschuhe hatte sie erneut Blasen von dem Holzgriff des Geräts an ihren schwieligen Handflächen. Endlich richtete sie sich auf, stützte sich auf die Harke, schob sich die Strähnen aus dem Gesicht und wischte sich das schweißnasse Gesicht ab. Dann machte sie eine Faust und rieb sich müde das Kreuz, um die verkrampften Muskeln etwas zu lockern. Danach legte sie eine Hand zum Schutz vor die Stirn und warf einen Blick zum Haus hinüber.
    Neben dem Blockhaus, das nach einer Seite einen spärlichen Schatten warf und zumindest den Eindruck von Kühle vermittelte, hockten Andrew und Naomi am Boden. Sie spielten ziemlich lustlos mit ihren Murmeln und verscheuchten ab und zu die lästigen Fliegen von Tobias, der nackt und unruhig auf seiner Decke lag, von der er an Po und Hinterschenkeln einen häßlichen Ausschlag hatte. Deshalb hatte Rachel seine Windel weggelassen und ihn mit Maisstärke eingepudert, aber das hatte nicht viel geholfen.
    Seufzend ging sie zum Brunnen, zog einen Eimer Wasser hoch und schöpfte dann etwas mit dem Zinnschöpfer, der an einer Seite heraushing. Sie trank sehr langsam, da sie aus Erfahrung wußte, daß diejenigen, die in der Sommerhitze Wasser hinunterkippten, entweder kotzten oder es nach wenigen Minuten wieder herauspinkelten. Die heiße Sonne würde es auch ohne das in kürzester Zeit aus ihr herausschwitzen. Als Andrew und Naomi sahen, was sie machte, ließen sie ihre Murmeln liegen und rannten los, um ebenfalls zu trinken. Dann füllte Rachel die Flasche des Babys.
    Danach blieb sie einen Augenblick stehen, zu erhitzt und erschöpft, um noch einen Fuß vor den anderen zu setzen. Sie ließ den Blick über die Ebene schweifen, wo das üppige Frühlingsgrün des Büffelgrases und all der anderen Gräser bereits verblaßte und der erste Goldschimmer sich zeigte, der im August die ganze Prärie überziehen würde. Die wilden Blumen des Mai und April waren schon verblüht, jetzt blühten Astern, duftende Melisse, dornige Disteln und zarter Wiesenklee, und die Wolfsmilch wachte über langen Ranken von wildem Kürbis und Büschen wilder Rosen, Sauerampfer und Feigenkakteen.
    Die Luft tanzte in schimmernden Wellen und ließ den fernen Horizont verschwimmen, wo Rachel jetzt einen einsamen Reiter entdeckte, der mit zwei Packmulis langsam auf sie zugeritten kam. Der braunweiße Pinto und die Packmulis ließen die Köpfe hängen, aber der alte Mann saß aufrecht und stoisch auf der Decke, die er über den Rücken des Tieres geworfen hatte. In einer Hand hielt er einen zerfledderten Strohschirm zum Schutz gegen die Sonne, und am Hinterkopf ragten zwei räudige Federn wie die Hörner einer Antilope aus seinem Haar. Rachel hätte ihn immer und überall erkannt.
    »Seeks!« rief sie und lief auf ihn zu. »Seeks!«
    Sie wußte nicht, wie alt er war- er war schon alt gewesen, als sie noch klein war – doch obwohl er sich, erschöpft von der Mühsal des harten vergangenen Winters, mit der Steifheit des Alters bewegte, hatte er etwas überwältigend Würdevolles, als er jetzt bedächtig seinen Schirm zusammenklappte und mit einiger Mühe vom Pinto stieg. Zuerst sagte er nichts, sondern musterte Rachel nur wortlos. Seine steten braunen Augen sahen bis auf den Grund ihres Herzens und ihrer Seele.
    Wahrscheinlich hätten ihn viele komisch gefunden, wie er da so stand, mit seiner durchlöcherten karierten Decke. Aber keiner, der Seeks kannte, hätte das so empfunden, denn trotz seines ungepflegten Äußeren und der seltsamen Mischung von Kleidern der Weißen und der Indianer war seine Haltung und Würde alles andere als lächerlich.
    Um den Kopf trug er ein hellrotes Stirnband, in dessen Knoten die beiden Adlerfedern seiner Jugend steckten. Sein langes dunkelgraues mit weißen Strähnen durchzogenes Haar war offen, bis auf zwei schmale Zöpfe vorne, die mit Fellstreifen gebunden und mit Glasperlen und winzigen Federn verziert waren. Sein stolzes Gesicht mit der Adlernase und den hohen Backenknochen war ledrig und von Falten durchzogen wie eine Landkarte. Er war weder groß noch klein, sondern von mittlerer Statur, der Körper untersetzt, sehnig und kraftvoll,

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