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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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Obwohl er jede Nacht inständig darum betete, daß die verschrumpelte alte Hexe endlich abkratzen würde, hatte Gott seine Gebete bis jetzt noch nicht erhört, und Crippen war noch nicht so tief gesunken, einen Mord zu begehen, obwohl er wünschte, er hätte den Mumm, der alten Eule den Hals umzudrehen! Sie ließ keine Gelegenheit aus, ihn daran zu erinnern, daß das sauerverdiente Geld ihres hart arbeitenden Vaters für ihren Lebensunterhalt herhalten mußte, und versuchte alles, damit Rye auch ja keinen Penny davon ausgab. Oft hatte er das Gefühl, er müsse ihr den Geldbeutel mit dem Stemmeisen öffnen – ganz zu schweigen von anderen Sachen.
    Prudence verstand einfach nicht, wie schwer es für ihn war, eine Arbeit zu behalten, und dafür bestrafte sie ihn auf tausendfache Weise. Was war denn bloß falsch daran, hatte er sie zahllose Male gefragt, wenn ein Mann gern mal einen Schluck Whisky trank und sich am Spieltisch vergnügte? Das machten doch schließlich alle Männer. War es denn seine Schuld, wenn er, weil es vielleicht zuviel des Guten gewesen war, am nächsten Tag so krank war, daß er sich kaum aus dem Bett schleppen und somit an solchen Tagen nicht zur Arbeit erscheinen konnte? Es war ohnehin eine miese Arbeit – eines Mannes von seiner ästhetischen, kultivierten Natur nicht würdig.
    Sein ganzes Leben lang hatte Crippen Maler werden wollen, aber die Leute waren entweder zu hochnäsig oder zu dumm, hatte seine geheiligte Mutter erbost festgestellt, sein Genie zu erkennen. Deswegen war nie eine seiner Kohlezeichnungen, mit denen er sich versucht hatte, verkauft worden. Das war doch wohl nicht seine Schuld, oder? Schließlich und endlich konnte er doch nichts dafür, wenn die anderen dumm waren und keinen guten Geschmack hatten.
    Am Ende aber war er doch gezwungen gewesen, das Zeichnen aufzugeben; danach hatte er sich in den Kopf gesetzt, Anwalt zu werden. Aber war es seine Schuld, daß er durch die Prüfungen gefallen war? Seine geliebte Mutter jedenfalls hatte an ihn geglaubt. Sie hatte gewußt, wie schwer er gearbeitet hatte, und wie sehr ihn seine eifersüchtigen und bösartigen Lehrer gehaßt hatten, die ihm so viele Bücher zum Lesen und so viele Hausaufgaben gegeben hatten, daß sogar er überfordert gewesen war, und das Studium fast seine Gesundheit ruiniert hätte.
    Rye war zart, das hatte zumindest seine Mutter immer behauptet, und nach der Schule, die ihn gar nicht verdiente und die ihm solche Schwierigkeiten gemacht hatte, versuchte sie, ihn vor den Unannehmlichkeiten des Lebens zu schützen – von denen die schlimmste die Notwendigkeit war, sich seinen Lebensunterhalt mit seiner Hände Arbeit zu verdienen. Aber Prudence Antwort darauf war ein unverständiges verächtliches Schnauben. Sie hielt ihn für kerngesund und war der Meinung, ein bißchen harte Arbeit könne ihm gar nicht schaden, im Gegenteil.
    Es war einfach unrecht von ihr, so zu reden. Wenn seine angebetete Mutter noch am Leben gewesen wäre, hätte sie ihm sicher zugestimmt, das wußte Crippen. Mutter hätte darauf bestanden, daß Prue sich selbst eine Arbeit suchte, wie er ihr schon hundertmal gesagt hatte. Aber nein, dafür war sie sich zu gut, das hochnäsige Luder! Warum sollte er sich ändern? fragte Rye sich erbost. Und so schlängelte er sich schlecht und recht durch, sehnte sich nach Mutter und überlegte, wie anders alles gekommen wäre, wenn sie nicht gestorben wäre. Sie hätte Prudence an der Kandare gehabt. Aber so, wie es war, mußte er jeden Monat ein bißchen mehr trinken und spielen, um sich aufzumuntern.
    Eines Abends, als er sich mit seinen Kumpels Harlow Filbert und Dooley Tuttle im Silver Slipper auf eine Runde Faro getroffen hatte, hatte sein Leben eine entscheidende Wende zum Besseren genommen. Die drei hatten sich schön vollaufen lassen, und irgendwann nachts hatte einer von ihnen die Idee gehabt, zum Spaß ein paar Rinder zu stehlen. Nachdem sie die Idee bei einigen weiteren Runden Whiskey durchgekaut hatten, waren sie zu dem Schluß gekommen, daß es eine herrliche Idee war, und hatten daraufhin sofort ihre Pferde geholt. Sie waren zu Old Man Jessups Anwesen geritten, wo es ihnen nach einigen vergeblichen Versuchen gelungen war, seine beste Milchkuh und zwei Färsen mit traurigem Blick einzufangen.
    Die Sache war auch noch ein Riesenspaß gewesen, bis eine der dämlichen Färsen aus Angst angefangen hatte, wie verrückt zu plärren, worauf Old Man Jessup brüllend aus dem Haus gestürmt war, die

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