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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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keine Beleidigung für dich, Wildblumenfrau, denn du hast gut von mir gelernt und bist gute Medizinfrau. Aber ich habe viele Sommer und viele Winter gesehen, und oft sehen alte Augen weiser und klarer als junge. Deine Liebe zu dem Kleinen hat dich vielleicht blind gemacht. Morgen komme ich. Zusammen wir sehen.« 
    Bevor sie an diesem Abend in Slades Blockhaus zurückkehrte, versicherte sich Rachel, daß sie genügend Wollkraut im Korb hatte, mit dem man so viele verschiedene Leiden kurieren konnte. Im Haus Slade Mavericks angekommen, sah sie, daß Tobias’ Fieber gestiegen war und er immer schwerer atmete, je näher die Nacht rückte. Sie tat, was der Indianer ihr geraten hatte, und tauschte die Wurzeln im Kamin gegen die Wollkrautstengel. Dann bereitete sie einen heißen Tee aus den Wollkrautblättern, und als er etwas abgekühlt war, flößte sie ihn Löffel für Löffel in Tobys wunden Hals. Dann gab sie ihm noch etwas von der Lakritze und der Brandy-Melasse-Mischung und wechselte den Wickel auf seiner Brust. Bis spät in die Nacht saß Rachel neben der Wiege des Kindes und warf immer wieder Wollkrautstengel ins Feuer und braute noch mehr heißen Tee. Obwohl alle Fenster des Blockhauses weit geöffnet waren, war es durch das Feuer erdrückend heiß. Rachel lief der Schweiß in Strömen übers Gesicht, und auch Toby schwitzte, aber das Fieber ging trotzdem nicht zurück. Schließlich befahl Slade Rachel, ins Bett zu gehen; er wollte Wache halten und sie wenn nötig rufen.
    »Du wirst Toby nicht helfen, indem du selbst krank wirst, Schatz«, sagte er. »Los. Ruh dich aus. Ich passe schon auf ihn auf, das verspreche ich.«
    Rachel mußte zugeben, daß er recht hatte, und kroch erschöpft in Slades Bett, wo sie sofort einschlief. Es war aber ein sehr unruhiger Schlaf, da sie ständig mit einem Ohr auf Tobys gequälten Atem und sein leises Wimmern hörte. Einige Male hörte sie Slade leise mit dem Kind sprechen und mit ihm auf und ab gehen, und sie war dankbar, daß Toby in seinen starken, sicheren Händen war. Seltsam war nur, daß ihr das ein Trost war. Und noch seltsamer, daß Slades Hände, die so tödlich und schnell mit seiner Waffe waren, so zart und sanft mit einem Baby umgehen konnten.
    Wie sehr hatte er sich doch geirrt, als er sagte, er wäre nicht der ideale Vormund für die Kinder, dachte Rachel schläfrig, denn in Wirklichkeit war er mehr Vater für sie, als Jonathan es je gewesen war. Sie konnte kaum glauben, daß es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der sie nicht gewollt hatte, daß Slade für die Kinder sorgte, weil sie gedacht hatte, er wäre völlig unfähig dazu. Sie hatte sich geirrt – und wie sie sich geirrt hatte. Das wußte sie jetzt. Während Rachel wieder in tiefen Schlaf versank, spielte Slade leise ein altes französisches Wiegenlied auf seiner Mundharmonika und betrachtete ihr Gesicht – wie erschöpft und besorgt, aber dennoch so schön im Schein des Feuers – und schaukelte das Baby sanft in den Schlaf.
    Am Morgen kam Seeks, und nachdem er steifbeinig von seinem Pinto abgestiegen war und höflich gerufen hatte, wie es die Art der Indianer war, ging er ins Blockhaus, um Toby zu untersuchen. Aber inzwischen wußte Rachel auch ohne Seeks, daß das Kind so ernsthaft krank war, daß es vielleicht nicht überleben würde. Trotz allem, was Slade und sie für ihn während der Nacht getan hatten, hatte Tobys Zustand sich drastisch verschlechtert.
    Seine großen blauen Augen tränten und waren rotgerändert, er hatte riesige violette Halbmonde unter den Augen, als hätte ihm jemand zwei blaue Augen geschlagen. Aus seiner Nase lief ständig trüber Schleim, und jedesmal, wenn er hustete, ein heiseres, keuchendes Husten – würgte er dicken gelbgrünen Schleim heraus. Er röchelte buchstäblich nach Luft, bekam nichts in seine winzigen Lungen, und seine Brust hob sich mit jedem Atemzug so heftig, daß man seine Rippen sehen konnte. Er brannte vor Fieber, und das Pfeifen in seiner Brust war inzwischen ein so lautes Rasseln, daß Rachel es schon von weitem hören konnte. Seine Schmerzensschreie waren nur noch schwache Krächzer. Sie war krank vor lauter Angst um ihn.
    Den ganzen Tag lang hielten sie, Slade und Seeks trotz der Julihitze das Feuer mit Wollkrautstengeln in Gang, das zudem für den Dampf aus dem Topf darüber sorgte. Sie brauten zahllose Töpfe mit Wollkrauttee und flößten Toby das sowie das Wolfsmilchgebräu ein und streichelten seinen wunden Hals, wenn er das bittere Zeug nicht

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