Wildes Blut
davon, die sie dann auf eine Seite der Schüssel schob. Sie machte Rühreier und streute genug Pfeffer auf Slades Portion, um einen Jagdhund von der Fährte abzubringen. Sie ging sogar so weit, ein bißchen Essig in etwas Milch zu gießen, damit sie sauer wurde, falls er seinen Kaffee nicht schwarz trank. Dann mahlte sie noch ein paar Kaffeebohnen, damit sie ihm besonders viel Satz in die Tasse tun konnte.
Nachdem Rachel mit allem fertig war, stapelte sie alle Teller an ihrem Ende des Tisches, um dafür sorgen zu können, daß nur der Revolvermann das verdorbene Essen bekam. Dann rief sie alle zu Tisch.
Sie begrüßte Slade so zuckersüß, daß er, wenn er sie besser gekannt hätte, sicher geahnt hätte, daß etwas nicht in Ordnung war. Aber seine Kenntnisse weiblicher Taktiken beschränkten sich auf Schmollmünder und geschicktes Make-up, Spitzenstrumpfbänder und warme Betten. Er ahnte nicht, welchen Krieg man mit Töpfen, Pfannen, Nudelhölzern und Holzlöffeln führen konnte. Sein Selbstvertrauen in bezug auf Frauen war sogar so groß, daß er glaubte, Rachel würde ihm seine Unverschämtheiten genauso verzeihen wie allen anderen Frauen in seinem Leben.
Er wußte gar nicht mehr, wieso er sie gestern so getriezt hatte, irgendein Teufel mußte ihn da geritten haben. Aber andererseits hatte sie ihn so herablassend behandelt und ihn dermaßen als Narren hingestellt, daß es ihn in den Finger gejuckt hatte, ihr eine Lektion zu verpassen. Und Beecham hatte in einer Sache recht gehabt: Gustave Oxenberg war tatsächlich langsam und zu unbeweglich, um eine blaublütige Stute wie Rachel Wilder zu zähmen. Aus irgendeinem seltsamen Grund hatte sich Slade über die Vorstellung, sie könnte den Schweden tatsächlich heiraten, ungeheuer geärgert. Sie hatte zwar Gus’ Avancen nicht ermutigt, aber man konnte ja schließlich nicht erwarten, daß sie ihre Gefühle vor so vielen anderen Leuten zeigte. Dennoch war es ein unerklärlicher Schock für Slade gewesen, feststellen zu müssen, daß sie einen Verehrer hatte, der zudem noch häufiger Gast war und jetzt gemütlich an Rachels Kamin saß. Er hatte der Gelegenheit nicht widerstehen können, ihm Sand ins Getriebe zu streuen.
Dennoch war Slade erstaunt über sich selbst. Schließlich und endlich war es ja nicht so, als wolle er Rachel für sich haben. Nicht einmal ihre körperliche Anziehungskraft oder ihre hausfraulichen Qualitäten konnten wettmachen, daß diese launische Stute eine starke Hand am Zügel und Sporen brauchte. Einem Ehemann würde sie nur Kopfschmerzen bereiten, und er konnte sich nicht vorstellen, wieso irgend jemand sie zur Frau haben wollte.
Aber Gus war ein großer Mann, sogar größer als Slade und etliche Pfund schwerer. Der Schwede brauchte sicher unglaubliche Mengen zu essen, um nicht vom Fleisch zu fallen, und den Gerüchen nach zu schließen war Rachel keine schlechte Köchin. Slade lief das Wasser im Munde zusammen bei dem Gedanken, nach wochenlanger Reise, auf der er sich zumeist von Dörrfleisch ernährt hatte, endlich wieder eine anständige Mahlzeit zu bekommen.
Er setzte sich neben Rachel an den Tisch und mußte über Fremonts ziemlich respektloses Tischgebet grinsen. Dann breitete er die Serviette über seinen Schoß und wartete höflich, aber voller Ungeduld, während Rachel die Teller austeilte. Mit Ausnahme von Rachel selbst wurde Slade als letzter bedient, und er starrte sehnsüchtig seinen Teller an, während sie den Kaffee eingoß und heimlich die gemahlenen Bohnen hineinrührte, die sie extra für diesen Zweck aufgehoben hatte. Er trank seinen Kaffee schwarz, also goß sie die angesäuerte Milch in ein Glas und stellte es neben seinen Teller.
»Ach, du meine Güte, ihr braucht doch nicht auf mich zu warten«, rief sie, als sie sah, daß Slade und die Beecham-Kinder, dem Beispiel ihres Onkels folgend, sie erwartungsvoll anschauten, obwohl Großvater und Poke sich bereits über ihr Essen hergemacht hatten.
Dann füllte sie sich mit unschuldsvoller Miene ihren eigenen Teller, ließ aber dabei Slade nicht aus den Augen. Alle Brötchen waren so weich, daß sie praktisch auseinanderfielen, wenn man sie aufmachte, um sie mit Butter zu bestreichen, Slades dagegen so hart, daß er sie schließlich mit dem Messer auseinandersägen mußte. Rachel hatte allergrößte Mühe, sich das Lachen zu verkneifen ob seines erstaunten Gesichtsausdrucks; er ahnte noch nicht, was sie getan hatte. Nachdem er seine Brötchen mit Butter bestrichen hatte,
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