Wildes Blut
so gar nicht sein Fall, und Vergewaltigung gehörte auch nicht zu seinen Verführungsmethoden.
»Miss Wilder …«, begann Slade und streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen.
Sie aber mißdeutete seine Absicht, setzte sich auf und verpaßte ihm eine schallende Ohrfeige. Dann schob sie ihn, der ganz benommen war von dem Schlag, mit aller Kraft von sich weg. Slade war so überrascht, daß er zur Seite fiel und versuchte, sich an Rachel festzuhalten, um das Gleichgewicht wiederzufinden. Sie rollten quer über den Heuboden, und nachdem sie unglücklicherweise dem Rand ziemlich nahe waren, ließ sie der Schwung über die Kante rollen, und sie stürzten gemeinsam auf den Boden der Scheune.
Glücklicherweise waren ein paar von den Heuballen, mit denen Rachel Slade vorher bombardiert hatte, aufgegangen und bremsten ihren Fall, so daß keiner von beiden ernsthaft verletzt wurde. Slade hatte das meiste abbekommen und sich einen Muskel im Bein gezerrt, während Rachel sich das Gesäß so geprellt hatte, daß sie sicher war, sie würde mindestens eine Woche nicht sitzen können. Beide erhoben sich stöhnend und starrten einander grimmig an.
»Verfluchtes, närrisches Frauenzimmer!« knurrte Slade. »Ein Wunder, daß ich mir nicht den Hals gebrochen habe! Ich kann kaum laufen!«
»Und was ist mit meinem – meinem … Gesäß?« stotterte Rachel wutentbrannt. »Wie soll ich denn so reiten? Ich habe eine Farm und acht Kinder zu versorgen – oder haben Sie das vergessen, Mr. Maverick?«
»Slade«, sagte er energisch und mußte grinsen, weil sie immer noch die Etikette wahrte, obwohl er sie vorhin höchst unziemlich berührt hatte. »Mein Name ist Slade. Nach heute morgen können wir, glaube ich, die Förmlichkeiten beiseite lassen, meinst du nicht auch, Rachel?«
»Nun … äh … j-j-ja, ich- ich denke schon«, stimmte sie zu und lief puterrot an, als ihre Augen heimlich, unaufhaltsam, zu seinem Mund wanderten und sie sich an seine Berührung erinnerte und den Geschmack seines Blutes auf ihrer Zunge. »Es – es tut mir leid, daß ich dich gebissen und geschlagen habe«, gestand sie reumütig.
»Und mir tut es leid, daß ich dich in eine Lage gebracht habe, die es notwendig machte, daß du es tust«, erwiderte er. »Normalerweise zwinge ich mich nicht … äh … unwilligen Frauen auf. Ich habe mich wohl … äh … einfach vergessen.« Er unterbrach kurz, dann fuhr er fort. »Schau, Rachel. Ich glaube, wir haben von Anfang an alles falsch angefaßt, und ich glaube- wenigstens um der Kinder willen sollten wir von vorne anfangen und versuchen, uns so gut wie möglich zu vertragen, Was sagst du? Sind wir Freunde?«
»Gut«, sagte sie langsam, dann fügte sie bissig hinzu: »Vorausgesetzt natürlich, daß du – mich nie wieder küßt!«
»So schlimm, was?« Slade zog spöttisch eine Augenbraue hoch und grinste betreten.
»Dein Schnurrbart hat gekitzelt!« sagte Rachel, ehe sie es sich überlegen konnte.
Dann merkte sie beschämt, daß sich das anhörte, als habe sie seine Küsse ansonsten genossen; sie drehte sich auf dem Absatz um und rannte aus der Scheune. Slade starrte ihr nachdenklich nach, strich sich über den Bart und grinste wie ein Mann, der gerade die beste Stute im Korral eingefangen hat.
11. KAPITEL
Bei ihrer Rückkehr in das Blockhaus sah sich Rachel acht Paaren großer, runder Augen gegenüber, von denen sieben sie voller Angst und Ehrfurcht anstarrten.
Die Beecham-Kinder waren durch ihr hartes Leben alle gescheit und anpassungsfähig und hatten ihren Onkel sofort richtig eingeschätzt. Sie waren zu dem Schluß gekommen, daß die beste Möglichkeit, seine Vormundschaft zu überstehen, die war, ihm einfach nicht in die Quere zu geraten. Also waren sie überzeugt gewesen, daß Rachel die Scheune nicht gesund verlassen würde, als sie gesehen hatten, wie er schreiend und fluchend hinter ihr hergelaufen war, obwohl sie den Grund für seine Wut nicht kannten.
Nachdem sie unter sich beraten hatten, was zu tun war, hatten sie beschlossen, einfach abzuwarten. Das hatte ihre Angst um Rachel natürlich nicht verringert, und jetzt waren sie unglaublich erleichtert, sie zwar etwas mitgenommen, aber offensichtlich unverletzt wiederzusehen. In ihrer Wertschätzung war sie ungeheuer gestiegen, da sie eine Schlacht mit ihrem Onkel Slade praktisch unbeschadet überstanden hatte, und sie betrachteten sie mit neuem Respekt und fragten sich, ob sie wirklich der Weibsteufel war, als den ihr Vater sie immer
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