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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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dagegen nur peinlich. Sie wußte, daß Gus sich schrecklich darüber aufregte, und Slade alles höchst amüsant fand. Er war anscheinend fest entschlossen, obwohl er wohl kaum (zumindest wenn es nach ihr ging) als Anwärter auf ihre Hand in Frage kam, ihr zu beweisen, daß er den Schweden glatt an die Wand spielte, wenn es darum ging, den Gentleman zu markieren. Zu diesem Zweck machte er sich mit boshafter Freude daran, Gus in allem und jedem zu übertrumpfen.
    Wenn Gus in der Hoffnung, ihr eine Freude zu machen, eine interessante Neuigkeit erzählte, setzte Slade frech eine noch interessantere drauf. Wenn Gus sich dazu durchringen konnte, ihr ein bescheidenes aber ernstgemeintes Kompliment zu sagen, trumpfte Slade mit den unverschämtesten Schmeicheleien auf. Wenn Gus ihr eines Abends ein kleines Sträußchen frühblühender Blumen brachte, erschien Slade am nächsten Abend mit einem Riesenstrauß, übers ganze Gesicht grinsend und gar nicht niedergeschlagen, wenn sie seinen Strauß herzlos in den Müll steckte, den des Schweden aber sorgsam in eine Vase stellte.
    Aber am allerbeschämendsten fand Rachel die Art und Weise, wie die beiden Männer immer gleichzeitig aufsprangen, um ihr den Stuhl fürs Abendessen zurechtzurücken und dabei keiner einen Zentimeter nachgab, so daß sie schließlich wie eine Königin in ihrer Sänfte von zwei Sklaven an ihren Platz befördert wurde.
    An einem besonders spannungsgeladenen Abend zerrten die beiden Männer tatsächlich so heftig an ihrer jeweiligen Stuhlseite, daß die schlanken Sprossen brachen und die Lehne abfiel, so daß Rachel gezwungen war, auf dem übriggebliebenen Hocker zu sitzen, denn sie war so wütend, daß man sie so zum Gespött gemacht hatte, daß sie die hastig angebotenen Stühle der beiden Männer ablehnte. Ihr Zorn wurde noch dadurch geschürt, daß ihr Großvater vor Vergnügen so lachte und so heftig mit seinem Stuhl schaukelte, daß er das Gleichgewicht verlor und zu Boden krachte. Dann, als wäre das noch nicht schlimm genug, stolperte Poke, dem vor lauter Lachen die Tränen übers Gesicht kullerten, zu Fremont, um den gefallenen Stuhl wieder aufzurichten, verwechselte Fremonts Holzbein mit dem Stuhlbein und zog es ihm weg, so daß er ein zweites Mal hinfiel.
    Worauf Rachel außer sich vor Wut vom Tisch aufsprang und von ganzem Herzen jeden Mann über zwölf zum Teufel wünschte. Ein paar Minuten später erschien Gus so beschämt und reumütig, daß sie es nicht übers Herz brachte, ihn zu schimpfen.
    »Ich – ich bring’ deinen Schal«, stotterte er und reichte ihn ihr. »Es ist noch kühl abends, ja?«
    »Ja, danke, Gus«, erwiderte sie ruhig und wickelte sich dankbar das weiche Tuch um.
    Einen Augenblick lang herrschte betretenes Schweigen zwischen beiden, denn keiner wußte, was er sagen sollte. Am Nachthimmel schimmerte ein schwacher Sichelmond, verdeckt von einem zarten Dunstschleier, der manchmal über die Prärie trieb, wenn der sterbende Winter dem neuen Frühling Platz machte, und vereinzelt funkelten die Sterne. Irgendwo in der Ferne ertönte der Schrei einer Eule im Abendwind. Gus trat verlegen von einem Bein aufs andere und räusperte sich.
    »Nun, es ist noch früh, aber ich mach’ mich besser auf den Weg, ja? Ich wollte keinen Ärger mit dem Stuhl machen. Manchmal vergesse ich, wieviel Kraft ich habe … und dein Freund wohl auch. Also mach’ ich dir einen besseren Stuhl und bring ihn mit, wenn ich nächstes Mal komme.«
    Irgend etwas an seinem Ton veranlaßte Rachel, ihn einen Augenblick fragend und hin und her gerissen anzusehen. Was ist nur los mit mir, fragte sie sich. Gus war ein anständiger, schwer arbeitender Mann, der sie liebte und sie heiraten wollte, auch wenn er es nie in Worte gefaßt hatte. Das sollte doch wohl jede Frau zufriedenstellen. Warum reichte es dann ihr nicht? Sie wußte es nicht, aber irgendwie mußte sie die Antwort darauf finden.
    Sie legte eine Hand auf den Arm des Schweden und sagte leise: »Gus, bevor du gehst, willst du mir nicht einen Gutenachtkuß geben?«
    Gus starrte sie mit offenem Mund an, verwirrt und erstaunt zugleich. Dann stammelte er: »Ja, ja«, und nach kurzem Zögern nahm er sie in seine Arme und küßte sie.
    Rachel wußte nicht, was sie erwartet hatte – Glocken oder Feuerwerk oder etwas Ähnliches –, irgend etwas, das sie davon überzeugte, daß sie diesen Mann liebte und den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen konnte. Aber zu ihrer großen Verwirrung und Enttäuschung spürte sie

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