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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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»und ob ich ihn heirate, geht nur ihn und mich etwas an. Und jetzt schlaf.«
    »Ja, aber … wirst du?« So leicht gab sich Naomi nicht zufrieden.
    »Nicht, wenn er mir noch einen Stuhl zerbricht«, bemerkte Rachel trocken, in der Hoffnung, damit den Fragen des Kindes ein Ende zu setzen, bevor es richtig in Fahrt kam. »Jetzt sei still, sonst weckst du das Baby auf. Es ist gerade eingeschlafen.« Sie warf einen zärtlichen Blick auf Tobias, der an ihrer Brust kuschelte.
    Fast eine ganze Minute lang schwieg Naomi und dachte nach, wobei sie ihr Gesicht zu einer schrecklichen Grimasse verzog. Als Rachel dies sah, fragte sie sich, warum Kinder so unschöne Sachen machten. Aber sie schloß daraus, daß das Mädchen noch längst nicht mit ihr fertig war, was sich auch schon bald bewies.
    »Tante Rachel?« ertönte die kleine Stimme erneut.
    »Ja, Naomi?« fragte sie in halb nachsichtigem, halb warnendem Ton.
    »Wenn du den alten … ich meine … Gus nicht heiratest, wirst du dann Onkel Slade heiraten?«
    Mein Gott, India, warum hast du das Kind nicht bei der Geburt erwürgt? fragte sich Rachel mit schamrotem Kopf.
    Sie wünschte, der Boden würde sich auftun und sie verschlucken, als sie sah, daß Slade sich nur mit Mühe das Lachen über ihr Unbehagen verkneifen konnte, während ihr Großvater und Poke unverhohlen lachten. Jetzt verstand sie, warum auch liebevolle Mütter ihre Kinder gelegentlich am liebsten verprügeln würden – etwas, was sie bisher nie ganz verstanden hatte.
    »Naomi, Schätzchen«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen und einem vernichtenden Blick auf ihren Großvater und den Knecht. Sie wagte nicht, Slade in die Augen zu sehen, weil sie wußte, daß sie aufspringen und ihn erwürgen würde, falls sie ihn beim Lachen erwischen sollte. »Der einzige Mann, den ich heiraten werde, ist derjenige, der mir fünfhundert Stück Vieh für meine südliche Vierzig bringt. Ist das klar?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Gut. Dann schlaf jetzt!«
    »Ja, Ma’am.« Naomi hielt kurz inne, dann sagte sie reumütig: »Tante Rachel, es tut mir leid, wenn ich wieder impertinent war.«
    »Ja, das warst du!« sagte Rachel wütend. »Und jetzt sei um Himmels willen still!«
    »Ja, Ma’am, ich tu’ keinen Piepser mehr, ich versprech’s.« Dann murmelte sie trotzdem leise: »Aber wenn ich du wär’, würd’ ich Onkel Slade nehmen. Ich mag ihn viel lieber wie den alten … Gus. Onkel Slade ist impertinent, genau wie ich!«
    Darauf brachen Slade, Fremont und Poke in hysterisches Gelächter aus, ohne Rücksicht auf Rachel zu nehmen, die vor Wut sprachlos war. Sie war mit ihrer Geduld am Ende und erhob sich steif und legte das Baby in seine Kiste. Das einzige Positive an diesem katastrophalen Abend war, daß Poke Slade beim Damespiel die Hosen ausgezogen hatte. Sie wünschte allen mit zusammengebissenen Zähnen eine gute Nacht, dann stieg sie die Leiter hinauf in ihr Schlafzimmer und riß den Vorhang zu. Sie tastete in der Dunkelheit nach ihren Streichhölzern und zündete eine Kerze an. Dann bereitete sie sich für die Nacht vor.
    Unter ihr verstummte allmählich das Lachen. Slade beobachtete ihre Silhouette am Vorhang und sah, wie sie die Haarnadeln aus dem langen blonden Haar zog, das langsam nach unten fiel. Einen Augenblick lang fragte er sich, wie es wohl wäre, mit ihr ins Bett zu gleiten und diese Locken um seinen Hals zu wickeln, während er sie auf das Bett drückte und sie liebte.
    Dann hob er langsam die Mundharmonika an den Mund und begann leise zu spielen.

13. KAPITEL
    Ein paar Tage später erwachte Rachel plötzlich mitten in der Nacht durch das nervöse Muhen von Rindern, das aus der Ferne an ihr Ohr drang. Anfänglich schenkte sie dem Muhen keine besondere Beachtung, da sie glaubte, es wäre der Wind. Doch dann saß sie mit einemmal kerzengerade im Bett. Ihr war klar geworden, daß der Wind das Geräusch mit sich brachte und sie es deshalb gehört hatte. Fluchend sprang sie aus dem Bett und zog sich nur schnell Strümpfe und Stiefel unterm Nachthemd an.
    Hastig zog sie den Vorhang beiseite und stieg die Leiter hinunter, dann tastete sie sich vorsichtig zwischen den schlafenden Kindern hindurch zur Tür des Blockhauses. Dort warf sie ihren Mantel über und packte ihr Gewehr.
    Es war das Knarzen des Scheunentores, das Slade, der auf dem Heuboden schlief, weckte. Aufgrund der vielen Jahre, die er immer nur im Halbschlaf geschlafen hatte, war er sofort wach. Da er stets mit Gefahr rechnete, griff er unter seinen

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