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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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Wort meldete, schien Schuster überhaupt nicht zu gefallen. Auf sein ungnädiges »Bitte, Herr Kral!«, begnügte sich der mit einem Stichwort: »Kenntnis von der Waffe?«, das aber von Eberlein sofort aufgegriffen wurde: »Muss ich wohl damals vergessen haben: Hans-Jürgen Nürnberger hat mir ein Jagdgewehr gezeigt. Aber ich habe ihn eindringlich davor gewarnt, es vor der Erteilung des Waffenscheins zu benützen.«
    »Gut, dann haben wir das jetzt auch«, reagierte Schuster gnädig.
     
    Sie saß am Tisch und blätterte fahrig in den zerlesenen Zeitschriften, die einer der Aufpasser auf den Tisch geknallt hatte. Was interessierten sie Skandale oder Liebesgeschichten von Prominenten, wenn es um ihren Arsch ging? Selbst die Kreuzworträtsel, die sie sonst nie ausließ, konnten sie nicht reizen. Es waren immer wieder die gleichen Fragen, die sie quälten: Wie aus dem Haus kommen? Wie sich Michail und seine Bande vom Hals halten? War dieser Zeugenschutz eine Möglichkeit für sie? Immer neue Antworten und Lösungen, die sie rasch verwarf: Unsinn, Quatsch, unausgegoren! Es musste aber Wege geben!
    Das Motorengeräusch ließ sie hochfahren und zum Fenster hasten. Scheint ein Pkw zu sein, der sich vom Dorf her auf die Anhöhe quält. Gar nicht so einfach, auf dem matschigen Feldweg voranzukommen! Noch war ihr die Sicht nach rechts durch dichtes Strauchwerk verdeckt, aber jetzt schob sich langsam ein schwarzer Wagen in ihr Blickfeld: BMW! CHH-31-68! Mischas Wagen!
    Michail? Aber das ist doch nicht Michail! Sieht eher aus wie einer seiner Gorillas! Vielleicht ist es der, dem er die Drecksarbeit überlässt? Ihr Herz raste, in ihren Ohren dröhnte das heftig pulsierende Blut. Der Wagen bog in die Toreinfahrt ein und verschwand hinter der anderen Seite des Hauses. Irgendwann würden sie kommen. Also setzte sie sich an den Tisch und wartete. Sie wartete fast ein Stunde, dann erhob sie sich und presste ihr Ohr an die Wand zur Küche: Musik, Stimmengewirr, dumpf und unverständlich, lautes Lachen, klirrende Gläser oder Flaschen. Jetzt deutlich: »na zdraví!« Die Kerle feiern! Sauft, Brüder sauft!
    18.59 Uhr: Das Gelage hatte eine Lautstärke erreicht, die den intensiven Lauschangriff nicht mehr nötig machte. Jetzt lief nebenan sogar eine Art Wettschießen mit den Knarren ab. Nach jedem Schuss Beifallsgeschrei oder hämische Buh-Rufe!
    21.04 Uhr: Die Helden sind müde! Keine Schießerei, keine Musik mehr! Wieder angestrengtes Lauschen: Wenn sie sich nicht täuschte, schnarchte da drüben jemand.
    21.18 Uhr: Ein Test: Sie warf sich mit großem Schwung an die Wohnzimmertür und brüllte: »Ich will hier raus! Lasst mich raus!« Lauschen, langsam bis 60 zählen! Das Ganze noch einmal: Keine Reaktion aus der Küche!
    21.26 Uhr: Sie hatte sich inzwischen für die Liege entschieden: Mit dem Stuhl konnte sie zwar die Scheiben einschlagen, was ihr aber wenig nützen würde. Die Liege, jetzt zusammengeklappt, war der ideale Rammbock. Hinaus wollte sie durch das mittlere Fenster. Nach zwei wuchtigen Schlägen genau in die Mitte des rechten Flügels splitterte das Glas, mehr nicht! Die Sprossen waren zwar angeknackst, aber eine Öffnung gab es noch nicht. Also noch einmal, jetzt aber mit aller Gewalt! Nun löste sich der gesamte Flügel sich aus seiner Verankerung und krachte in den Garten.
    21.28 Uhr: Mantel und Mütze hatte sie nach draußen geworfen. Jetzt zwängte sie sich durch die Öffnung und ließ sich vom Sims langsam auf den Boden gleiten. Blöde Kuh! Was willst du mit deinen Stöckelschuhen in dem Matsch? Weg mit den Latschen! Den Mantel übergezogen, die Mütze auf den Kopf und schnell weg! Auf Strümpfen stakste sie durch den ehemaligen Garten zur Einfahrt. Noch wies ihr der Schein der Wohnzimmerlampe den Weg. Doch draußen auf dem Feldweg fand sie sich in völliger Dunkelheit. Nur die Lichter des Dorfes gaben ihr eine grobe Orientierung. So zwei- oder dreihundert Meter würde sie jetzt auf dem Weg zurücklegen müssen. An schnelles Laufen oder gar Rennen war nicht zu denken, denn immer wieder trat sie auf spitze Schottersteine, die sich in ihre Fußsohlen bohrten und einen höllischen Schmerz verursachten. Und dann noch diese eisige Kälte, die über die Füße nach oben kroch!
    21.42 Uhr: Sie hatte wohl etwa 100 Meter zurückgelegt, als sie beim Zurückblicken die Lichtkegel der Scheinwerfer bemerkte, die sich, scheinbar rhythmisch auf- und niederschaukelnd, in die Dunkelheit bohrten. Die Kerle hatten ihren Abgang

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