Wildes Erwachen
dazwischen, was Schuster ziemlich erstaunt dreinblicken ließ: »Woher weißt du das denn jetzt?«
»Recherche auf eigene Rechnung!«, lachte Kral und berichtete dann von seinem Kontakt mit der Deutsch-Tschechischen Gesellschaft in Bayreuth.
»Donnerwetter, das wird ja immer interessanter!«, reagierte der Hauptkommissar, »dass man den Eberlein schon mal wegen illegaler Beschäftigung am Haken hatte, habe ich noch gar nicht gewusst. Auch dass er mit Frau Straková verbandelt sein soll, ist mir völlig neu. Da wird es ja höchste Zeit, dass wir uns den Herren noch einmal zur Brust nehmen. Was haltet ihr davon, wenn ich ihn ins GPZ einbestelle?«
»Nicht schlecht, könnte ihn beeindrucken«, meinte Brückner, um dann durch Reiben der Finger an der rechten Schläfe anzuzeigen, dass er intensiv nachdachte. »Straková … Eberlein, so heißt doch der Baulöwe? ... Der dann wieder mit Kontakten nach Kolkenreuth …«, sinnierte er vor sich hin, »ganz neue Perspektiven!«
Jetzt war Oberkommissar Ploß nicht mehr zu bremsen: »Auftragsmord!«, sprudelte es aus ihm heraus, »Fritz Nürnberger musste sterben, weil er die Mafia beschissen hat. Auftraggeberin die Straková, der Täter sein Bruder!«
»Langsam reiten!«, reagierte Brückner, »aber schon mal ganz ordentlich kombiniert, Kollege!«
Die Bedienung servierte das Essen. Kein Problem für Ploß und die geübten Kronfleischesser, aber bei Brückner herrschte Ratlosigkeit! Die Suppenschüssel mit Brühe und Fleischeinlage, und der Löffel waren noch keine Hürde für den Gast aus Asch! Aber was sollte er mit dem runden Holzbrett anfangen, auf dem die Beilagen, Zwiebeln, Meerrettich und Kräuterbutter lagen? Er zog sich allerdings recht geschickt aus der Affäre, indem er die Bedienung auf Tschechisch aufforderte: »Ich bitte höflichst um Ihre Gebrauchsanleitung! Die Herren neben mir warten doch bloß darauf, dass ich mich blamiere.«
Die junge Frau zeigte sich ziemlich überrascht, dass sie der Gast, der zunächst auf Deutsch einen recht schwülstigen Annäherungsversuch gestartet hatte, nun in perfektem Tschechisch ansprach. Einzugreifen brauchte sie allerdings nicht, denn Kral und Schuster waren schon dabei, sich Fleischbrocken aus der Schüssel zu holen, um sie auf dem Brett kleinzuschneiden und, mit den Zutaten versehen, im Mund verschwinden zu lassen. Trotzdem verweilte sie einige Zeit am Tisch, denn ihr machte es sichtlich Spaß, mit dem kauzigen Tschechen einige Späßchen auszutauschen.
Als sie wieder hinter der Theke verschwunden war, wandte sich Brückner an seine Begleiter: »Ein äußerst erfolgreiches Geschäftsmodell hier in dem Laden! Man biete eine oder mehrere Spezialitäten an, und ich sage euch, mir schmeckt das Fleisch hervorragend, dann lasse man das Ganze von einer äußerst attraktiven Tschechin mit sehr guten deutschen Sprachkenntnissen servieren! Wenn dann das Bier noch gut schmeckt, dann muss die Sache erfolgreich sein! Wenn ich mich aus dem Polizeidienst zurückziehe, mache ich in Asch genau den gleichen Laden auf.«
»Schön und gut!«, gab Kral lachend zu bedenken, »wird aber daran scheitern, dass du keine attraktive deutsche Bedienung findest, die deine Bezahlung akzeptiert und dazu noch tschechisch spricht.«
15
»Ich würde lieber hier bei dir bleiben.« Von wegen! Der Kerl pfiff auf ihre Nähe. Sie saß jetzt schon über 24 Stunden in dem elenden Loch und noch immer war nichts von Mischa zu sehen. Was hat der Kerl mit mir vor? Die beiden Aufpasser hatten eindeutig den Auftrag, sie hier nicht raus zu lassen. Die Bitte, ein paar Schritte vor dem Haus machen zu dürfen, wurde abgelehnt: »Zu gefährlich!«, ihre Frage nach dem Handy und ihren Papieren nur mit einem Schulterzucken beantwortet: »Keine Ahnung! Nie gesehen!«
Sie hatte inzwischen beobachtet, dass das Essen aus dem Dorf geholt wurde. Sie wusste, dass es da zwei Wirtshäuser gab. Sie wusste auch, dass am Ende des Dorfes in Richtung Bald Elster eine Polizeistation lag, und schließlich glaubte sie sich auch daran zu erinnern, dass es zwischen Doubrava und Asch einen regelmäßigen Busverkehr gab. Aber was nützte das alles, wenn sie hier hinter einer verschlossenen Tür saß?
Ein bisschen Hoffnung machte ihr das Saufgelage, das am letzten Abend nebenan in der Küche abgelaufen sein musste. Zunehmend lauter werdendes Gegröle und Gesinge waren ja wohl sichere Anzeichen für ein heftiges Besäufnis. Wenn so etwas öfter passierte, mussten die beiden Kerle ja
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