Wildes Erwachen
Lebenskrise in Folge geschäftlicher Rückschläge und erheblicher Eheprobleme. Die Hinwendung zu Frau Smirnov sei schließlich der verzweifelte Versuch gewesen, seine Frustration zu kompensieren.
»Und das bei einer Frau, die wie eine Sklavin gehalten wurde!« Diese scharf gehaltene Einmischung des tschechischen Beobachters gefiel Schuster nun gar nicht, aber er reagierte nur mit einem unwirschen Kopfnicken.
»Stopp, stopp, Herr …!«, meldete sich der Anwalt zu Wort.
»Brückner.«
»Verzeihung, Herr Brückner, Sie sprechen zwar ausgezeichnet Deutsch, aber Sie haben da etwas durcheinander gebracht: Zugegeben, der Kontakt mit Frau Smirnov war ein untauglicher Versuch seine …, na, Sie wissen schon, aber ganz klar, mein Mandant war nicht darüber informiert, unter welchen Bedingungen sich die Dame in dem Haus aufgehalten hat.«
»Gut«, schaltete sich Schuster ein, »die Bewertung dieser Beziehung möchte ich gerne der Staatsanwaltschaft überlassen. Wir werden mehr wissen, wenn wir die Frau gehört haben. Nun aber eine andere Frage: Gab oder gibt es weitere Kontakte intimer Natur zu anderen Frauen?«
»Nein.«
»Ist Ihnen eine Frau Straková bekannt?«
»Ja.«
»Herr Eberlein, bevor wir jetzt weitersprechen, möchte ich Sie fairerweise darauf hinweisen, dass Frau Straková vor etwa einer Woche in Eger verhaftet worden ist. Ich möchte nun von Ihnen wissen, ob …«
Es folgte ein deutliches Handzeichen des Anwalts, dem die Fragen sichtliches Unbehagen bereiteten, und er richtete sich an Schuster. Er müsse an dieser Stelle auf einer Unterbrechung der Befragung bestehen und bitte um ein Gespräch mit seinem Mandanten unter vier Augen.
»Genügen Ihnen zehn Minuten?«, fragte der Hauptkommissar.
»Sagen wir höchstens 15«, antwortete Dr. Kolb, der jetzt richtig wütend zu sein schien. Der Grund wurde deutlich, als er mit Eberlein im Nebenzimmer verschwunden war. Noch war die Tür nicht ganz geschlossen, da brüllte er los: »Du Rindviech! Warum weiß ich …?« Nun war die Tür zu, aber im Nebenzimmer ging es weiterhin ziemlich laut zur Sache.
Brückners Lob: »Karl, einfach genial!« machte den Kommissar ein bisschen verlegen: »Hätt’ ich denn sagen sollen, dass sie gleich danach wieder weg war?«
Bei der Rückkehr des Duos kündigte Dr. Kolb, begleitet von einem reumütigen Kopfnicken seines Mandanten, einen »reinen Tisch« an.
»Ich mach’s kurz«, kündigte er an: »Sexueller Kontakt mit Frau Straková zwei- oder dreimal, danach auf diesem Gebiet Funkstille! Kennengelernt hat man sich im Kolkenreuther Wirtshaus, und zwar noch im letzten Jahr. Die besagte Dame hat dort versucht, Informationen über die Nürnbergers zu bekommen.
Von meinem Mandanten hat sie erfahren, dass Fritz Nürnberger mit einer Ukrainerin zusammenlebt. Man kam sich näher und übernachtete schließlich gemeinsam in einem Hotel. Bei dieser Gelegenheit machte die Dame Herrn Eberlein das Angebot, sich an ihrem Heiratsinstitut zu beteiligen. Frauen aus dem ehemaligen Ostblock seien in Deutschland der große Renner, mit der Vermittlung könne man eine Menge Geld verdienen. Meinem Mandanten erschien der Gedanke reizvoll, und er hat sich an der bestehenden Gesellschaft beteiligt. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Aktivitäten des Instituts völlig legal waren. Das war’s dann fast. Es gibt da allerdings noch eine Kleinigkeit, die Sie interessieren könnte: Die Dame kam mit dem Angebot rüber, sie könne Arbeitskräfte aus dem Osten besorgen. Mein Mandant hat da zugegriffen, ist aber kräftig auf die Schnauze gefallen und hat ein Verfahren wegen illegaler Beschäftigung am Hals gehabt. Er ist allerdings ziemlich glimpflich rausgekommen. Ende! Jetzt sind Sie dran«, wandte er sich an Schuster.
Den interessierte vor allem die Frage, ob Frau Straková direkten Kontakt zu Hans-Jürgen Nürnberger gesucht oder Eberlein um die Vermittlung eines solchen Kontaktes gebeten habe.
Nachdem der Unternehmer versichert hatte, dass das Thema Nürnberger nur einmal ganz am Anfang der Verbindung ein Rolle gespielt habe und es dabei nie um irgendwelche Kontakte zu Nürnberger gegangen sei, schloss Schuster die Befragung, um Eberlein darauf hinzuweisen, dass es nun in der Hand der Staatsanwaltschaft liege, ob er weiter als Zeuge behandelt oder ob auch gegen ihn Verfahren eingeleitet werde. »Auf jeden Fall haben Sie mit weiteren Vernehmungen zu rechnen. Sie hören von uns.«
Dass sich Kral nach diesem polizeilichen »Amen« zu
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