Wildes Herz
spitzen Dornen über meinen Körper schrammten. Ich unterdrückte einen Schmerzenslaut und verzog angestrengt das Gesicht.
„Uih! Tut es weh, Squaw?“, verspottete Tyler mich. Er tätschelte meine Wange ein wenig fester und gab mir einen entwürdigenden Klaps auf den Po.
Zu viel war einfach zu viel! Ich wirbelte einmal um meine eigene Achse und schlug mit meiner Faust in sein Gesicht. Seine Benommenheit nutze ich aus und verpasste ihm einen harten Schlag mit meinem Unterarm in den Nacken, der ihn in die Knie schickte. „Nicht mehr als das! Hör mit dem Scheiß auf, sonst grab ich das Kriegsbeil aus.“
Am geschicktesten wäre es gewesen, gleich nachzusetzen und zu versuchen ihn k. o. zu schlagen. Doch ich kämpfte einen Moment mit dem Gleichgewicht, tat mein Knie höllisch weh. Es wollte mein Gewicht nur widerwillig tragen. Einen Moment zu lange, hatte ich gezögert, denn er fing meinen folgenden Schlag ab und sprang in den Stand. Tyler schlug mir hart mit der Faust vor die Brust. Alle Luft wich mit einem Mal aus meinen Lungen und sie dachten gar nicht daran, sich erneut mit Luft zu füllen. Sein zweiter Schlag landete auf dem Solarplexus. Nicht hart genug, um mich umzuhauen, aber mir wurde kurz schwindelig und um mich herum drehte sich für einen Moment alles. Ich blinzelte und versuchte den Schwindel zu veratmen. Gar nicht so leicht, protestierten meine Lungen immer noch.
„Gibst du auf, Rothaut?“ Tyler schnickte mir provokant gegen die Nase. Ich schlug fahrig seinen Arm weg. Sollte er nur plappern. Jede Sekunde, die er schnatterte, schenkte mir Zeit, um mich zu erholen.
„Wieso, bist du schon müde?“ Es hörte sie weniger sicher an, als ich es bezweckte, musste ich nach jedem Wort Luft holen.
„Ich dachte nur! Du bist so blass um die Nase.“
„Du nicht! Hab ich dir die Nase gebrochen?“ Das hatte ich tatsächlich, waren sein Gesicht und sein ganzer Oberkörper besudelt von seinem Blut. Seine Nase hatte einen leichten Drall nach rechts.
„Kannst sie ja nachher richten, Frau Doktor!“
„Wir wäre es mit jetzt?“ Es war fies, aber ich nutzte meine letzte Kraft und hieb ihm erneut auf die Nase. Ich nutzte die Gelegenheit, als er in die Knie ging, und schlug ihm mit beiden Fäusten mit aller Macht in den Nacken. Danach rammte ich mein Knie noch brutal gegen sein Kinn. Tyler stöhnte leise auf. Doch der sture, zähe Bock ging einfach nicht k. o.! Als ich erneut zuschlagen wollte, spritze er auf und rammte mir seine Stirn gegen mein Kinn. Er gab mir eine Kopfnuss auf die Nase. Kurz sah ich Sterne, als der Schmerz sich von meiner Nase bis in den hintersten Winkel meines Schädels explosionsartig ausbreitete. Ich schmeckte mein Blut. Es war nicht wenig und ich spie Unmengen davon aus. Aus einer Wunde, irgendwo am Kopf, lief Blut beinah in mein Auge. Ich wischte es hastig weg.
Mein Gegenüber hatte auch ordentlich zu knabbern, noch mehr als ich. Tyler schwankte gefährlich und fing das Blut von seiner Nase mit beiden Händen auf. „Drecksau!“, nuschelte er undeutlich. Er war fuchsteufelswild, wie das helle Glimmen seiner sonst dunklen Augen zeigte. Der Wolf saß ziemlich dicht an der Oberfläche, zu dicht für meinen Geschmack! Es mochte sein, dass Corwin und Abby eingreifen wollten, wenn er sich wandelte, was ohne jeden Zweifel kurz bevorstand. Aber dennoch hätte Tyler ein paar Sekunden Zeit, in denen er seine Zähne in mich schlagen könnte.
„Tu das nicht!“ Ich streckte ihm meine Hand abwehrend entgegen und versuchte meine neu entdeckte Kraft zu benutzen. Tyler tat es sicher nicht mit Absicht. Ungezügelte Wölfe konnten die Wandlung in gewissen Situationen, meist, wenn der Mensch scheiterte, einfach nicht mehr verhindern. Meine Kraft versagte, sprang Tyler auf mich zu. Er verwandelte sich in der Luft in einen riesigen Wolf, der mich am Arm packte und sofort zubiss. Alte Wölfe hatten das Kunststück drauf, sich so rapide zu verwandeln, dass man es nicht einmal kommen sah. Ich brauchte meine Zeit zur Wandlung. Nicht sehr lange, aber definitiv ging es bei mir nicht so schnell wie bei Tyler! Warum sinnierte ich über die Verwandlung, während sich ein vor Wut rasender Wolf, in meinen Unterarm verbissen hatte?
„Tyler!“ Corwins Bodycheck riss den Wolf von mir herunter, aber dessen Zähne saßen immer noch in meinem Arm fest. Sie hatten ihn wie ein Fangeisen umschlossen. Abby hieb Tyler auf die Nase, doch der wollte nicht loslassen. Er konnte nicht loslassen … Irgendetwas stimmte
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