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Wildes Herz

Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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sie mehr als alles andere. Sie zermarterte ihr Hirn nach einer Lösung. Es musste doch eine Möglichkeit geben, Arthur Doherty irgendwie umzustimmen? Es war ja nur allzu offensichtlich, wie sehr es dem Konstabler widerstrebte, sie hinter Gitter zu bringen.
    Plötzlich kam ihr ein Gedanke, ein Gedanke so verrückt, dass sie im ersten Moment fast den Kopf geschüttelt hätte. Doch er ließ sie nicht los. Gut, verrückt über alle Maße mochte er ja wirklich sein – vielleicht sogar lächerlich. Aber was hatte sie zu verlieren? Auch wenn sie damit scheiterte und am Ende sogar eine höhere Straße in Kauf nahm, Éanna musste es einfach versuchen.
    »Was ist, wenn wir das Geld für die Strafe und die Anstaltskleidung aufbringen könnten?«, platzte sie aufgeregt heraus und unterbrach den Konstabler mitten in seiner Befragung. »Bleibt uns dann das Gefängnis erspart?«
    Verblüfft wandte Arthur Doherty ihr den Kopf zu. »Sicher. Entrichtung der Geldstrafe innerhalb von vierundzwanzig Stunden oder Gefängnis, so lautet das Gesetz. Aber wenn ihr auch nur einen Bruchteil von dem Geld hättet, würdet ihr euch schon längst irgendwo andere Kleidung besorgt haben.«
    »Das ist richtig, Konstabler Doherty«, sagte Éanna. »Wir besitzen nicht einen Viertel Penny. Aber ich kenne jemanden, der die Strafe für uns bezahlen wird.«
    Nun sah nicht nur der Konstabler sie ungläubig an, sondern auch Emily und Caitlin starrten zu ihr herüber, als hätte sie den Verstand verloren.
    »Ist das ein Verwandter, von dem du annimmst, er könnte euch auslösen?«, fragte Arthur Doherty stirnrunzelnd nach.
    Éanna schüttelte den Kopf und biss sich kurz auf die Lippen, bevor sie mit der Sprache herausrückte: »Ich habe vor einiger Zeit einen Gentleman kennengelernt. Sein Name ist Patrick O’Brien. Ich bin ihm in den letzten Monaten mehrmals begegnet, und er ist mir sehr wohlgesinnt gewesen. Er hat mir Geld gegeben. Beim letzten Mal sogar vier Shilling!«
    Während sich Emily und Caitlin verständnislos ansahen, trat ein mitleidiger Ausdruck in die Augen des Konstablers. »Das ist von diesem Gentleman Patrick O’Brien zweifellos sehr anständig gewesen. Aber wir reden hier nicht von ein paar Shilling, sondern von einigen Pfund, die zu entrichten sind, wenn es nicht zum Prozess kommen soll. Zudem scheint mir diese . . . nun ja . . . Bekanntschaft mit diesem Gentleman doch wohl nur sehr flüchtig zu sein, habe ich recht?«
    Éanna zog es vor, darauf nicht einzugehen. »Glaubt mir, Patrick O’Brien wird mich und meine Freundinnen ganz sicher auslösen, wenn er weiß, in welcher Klemme ich stecke«, beharrte sie. »Ich bin felsenfest davon überzeugt. Wollt Ihr uns wirklich für Jahre im Gefängnis sitzen sehen, wenn es doch einen Ausweg gibt?«
    Arthur Doherty sah sie mit scharfem, prüfendem Blick an und nagte kurz an seiner Unterlippe, bevor er fragte: »So, so. Felsenfest überzeugt, sagst du?«
    Éanna nickte heftig. »Wenn Ihr ihm Nachricht gebt, wird Mr O’Brien die Strafe für uns alle bezahlen, so viel ist sicher!« In Gedanken schickte sie ein Stoßgebet gen Himmel, dass der Allmächtige ihr die Halblüge gnädig verzeihen möge.
    »Und wo finde ich diesen Gentleman namens Patrick O’Brien«, wollte der Konstabler wissen. Seine Miene war noch immer skeptisch.
    »In Dublin! Bei seinem Onkel Edmund Wexford, dem dort eine Brauerei gehört. Mr O’Brien soll sie eines Tages übernehmen«, sprudelte Éanna hervor. »Er hat genug Geld, um die Strafe zu bezahlen. «
    Der Konstabler lachte trocken auf. »Das will ich wohl glauben, wenn es so ist, wie du sagst. Aber wie, bitte schön, stellst du dir vor, dass ich deinen Gentleman benachrichtige? Dublin liegt nicht gerade um die nächste Ecke, sondern fast eine gute halbe Tagesreise mit der Kutsche entfernt.«
    »Ihr müsst ihm ein Telegramm schicken.«
    Der Konstabler war einen Moment lang sprachlos, während Caitlin und Emily nur noch den Kopf schüttelten. Wenn die Situation nicht so verzweifelt gewesen wäre, hätte Éanna über die verblüfften Mienen lachen müssen.
    Sie hockte hier auf dem Revier – in der armseligen Kleidung des Arbeitshauses – mit einem Fuß im Gefängnis und bat um ein Telegramm!
    »Du scheinst nicht zu wissen, was so etwas kostet«, sagte der Konstabler schließlich. »Ich müsste es aus meiner eigenen Tasche bezahlen. Das ist keine Kleinigkeit für einen Mann wie mich. Wenn sich dann herausstellt, dass du dich geirrt hast und dein vermeintlicher Gönner gar

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