Wildes Herz
leben da draußen nicht lange.“
35. Kapitel
„Mein Gott.“ Ty kniete im schmutzigen Schutt und Staub der Ruinen und blickte für einen langen Moment zu Janna hinauf. Seine Hände waren alles andere als ruhig, als er die Riemen der alten Satteltaschen wieder festzurrte. „Meine Güte, es ist Gold. Pures Gold. Als Mad Jack von Gold redete, dachte ich, er meinte ein paar Beutel, aber nicht zwei riesige Satteltaschen, die bis über den Rand gefüllt sind.“ Er betrachtete seine Hände, als könnte er kaum glauben, welche Reichtümer er berührt hatte. „Alles pures Gold.“
Er richtete sich auf und hob die Taschen vom Boden. Er stöhnte vor Anstrengung. Die grauen Augen weit aufgerissen, schaute Janna ihm zu. Seine Worte sagten ihr nichts, auch der Anblick des Goldes hatte sie nicht überzeugen können. Erst als sie sah, wie sich Tys Armmuskeln wölbten und vor Anspannung zitterten, wurde ihr klar, dass es die Satteltaschen voller Gold wirklich gab. Sie wusste, wie stark er war. Seine Kraft und sein Durchhaltevermögen waren gewaltig, aber sie würden nicht ausreichen.
Männer ohne Pferd und mit Gold im Gepäck leben da draußen nicht lange.
„Du kannst das nicht alles allein tragen“, sagte Janna.
„Wiegt nicht viel mehr als du“, entgegnete Ty. „Aber totes Gewicht trägt sich am schwersten.“ Noch immer schüttelte er ungläubig den Kopf. „Wenn ich zum Lager zurückkomme, nehme ich mir diesen verrückten Alten vor und frage ihn, wie, zum Teufel, er die Satteltaschen in dieses Tal geschafft hat.“
„Vielleicht hat er das Gold beutelweise hergebracht.“
Er brummte. „Wenn das stimmt, muss er geflogen sein. Zwischen den Ruinen und dem Nadelöhr gibt es keine Spuren von ihm. Egal. Ich nehme jedenfalls kein Viertel von seinem Gold und lasse ihn hier, damit er sich von Cascabel anspucken und bei lebendigem Leib rösten lässt. Ob es ihm passt oder nicht, der Alte kommt mit uns.“
Sie widersprach nicht und machte auch keinen Versuch, ihm zu erklären, wie schwierig es sein würde, eine dritte Person mitzunehmen, wenn sie nur ein Pferd zum Reiten hatten. Bei der Vorstellung, sie sollten Mad Jack zurücklassen, empfand sie dasselbe wie Ty.
Die Entscheidung, noch länger in diesem Tal zu bleiben, kam einem Todesurteil gleich. Das war Janna mittlerweile klar geworden. Mad Jack hatte Recht. In den vergangenen Jahren war sie hier sicher gewesen, weil Cascabel sich nicht die Mühe gemacht hatte, sie ernsthaft zu verfolgen. Nun hatte sich die Lage geändert. Cascabel glaubte, sie sei das einzige Hindernis, das ihn von seinem Erfolg trennte, das Utah-Territorium für sich zu gewinnen.
Traurig schritt Janna hinter Ty her, während er den Weg aus den verwitterten Mauern der alten Indianersiedlung suchte. Als sie die Ruinen hinter sich gelassen hatten, waren sie wieder auf der Wiese, und das Gehen wurde einfacher. Lucifer und Zebra warteten in der Mitte der Grasfläche. Der Hengst war nervös. Als erwartete er einen Angreifer, der plötzlich aus der Deckung sprang, ging sein Blick unablässig zu den Weiden am Talrand. Zebra, nicht halb so aufgeregt über Mad Jacks Anwesenheit, graste ruhig vor sich hin.
„Wir könnten einen Packgurt für Zebra flechten“, sagte Janna und schaute zu der Stute. „Dann kann sie die Satteltaschen und dein Gepäck tragen, wenn wir zu Fuß gehen.“
Ty warf ihr einen Seitenblick zu, gerade lange genug, um das blitzende Grün in seinen Augen zu erkennen.
„Zebra kann nicht uns beide und auch noch das Gold tragen“, erklärte sie.
„Sie kann dich tragen und notfalls auch das Gold. Du musst sie nur an den Hackamore und den Packgurt gewöhnen.“
„Was ist mit dir?“
„Das ist mein Problem.“
Sie unterdrückte eine Entgegnung und presste ihre Zähne in die Unterlippe. Sie schloss die Augen und bat Lucifer stumm um Vergebung. Ty hatte Recht. Eine andere Wahl gab es nicht. Wenn der Hengst zugeritten werden musste, sollte es geschehen.
„Sei so sanft mit Lucifer, wie du kannst“, sagte sie leise. „Und pass auf, dass du dabei nicht verletzt wirst. Sei vorsichtig, Ty. Versprich mir das. Lucifer ist stark und schnell.“ Sie sah zu dem Wildpferd hinüber, das selbstbewusst auf der Wiese stand, die Ohren aufgestellt und mit hoch erhobenem Kopf den Wind prüfend. Unter dem glänzenden Fell bebte der mächtige Körper vor Kraft. „Und er ist so wild.
Viel wilder als Zebra.“
„Nicht bei dir. Er kommt zu dir her und legt seinen Kopf in deine Hand wie ein großer
Weitere Kostenlose Bücher