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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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Zärtlichkeit, die wehtat, küsste Ty ihre Handfläche. Dann ließ er Jannas Hand los. Beim Verlust der Berührung spürte er einen körperlichen Schmerz. Ty war entsetzt.
    Herr im Himmel. Ich bin wie dieses dumme Einhorn, das sich von seiner Sehnsucht fangen lässt. Dann sitzt es in der Falle und kann sich nicht mehr befreien, geschweige denn sein Leben retten.
    Er wuchtete die Goldladung über seine andere Schulter und benutzte die Satteltaschen als Barriere zwischen sich und Janna. Sie bemerkte seine Abgrenzung kaum. Innerlich war sie noch immer bei dem Augenblick, als er ihr jäh die Hand entzogen hatte. Ihr war schwindlig geworden, als hätte ihr Gleichgewichtssinn auf einem steilen Pfad im Gebirge versagt und als drohte sie abzustürzen. Mit fragendem Blick sah sie Ty an. Sein Gesicht hatte einen abweisenden Ausdruck angenommen, jedem Unheil androhend, der es wagte, Fragen mit persönlichem Inhalt an ihn zu richten: Warum hast du mich so lange nicht angerührt? Warum hast du mich gerade jetzt wieder angefasst? Warum hast du dich abgewandt, als könntest du es nicht länger ertragen, mich zu berühren?
    „Transportierst du das Gold auf Lucifer?“ erkundigte sie sich, nachdem einen Augenblick lang Schweigen geherrscht hatte. Sie zwang sich, einen möglichst beiläufigen Ton anzuschlagen, obwohl ihre Handfläche noch prickelte von seiner zärtlichen Geste. Die Erinnerung, wie sein dichter drahtiger Bart sich angefühlt hatte, brannte auf ihrer Haut.
    „Er ist stark genug, um mich und das Gold zu tragen. Mit dieser Last ist er noch immer jedem anderen Pferd an Kraft und Schnelligkeit überlegen.“
    „Dann musst du auch ihm einen Packgurt anlegen; für die Steigbügel, die Satteltaschen oder für beides.“
    „Der Gedanke ist mir auch schon gekommen“, antwortete Ty trocken. „Der Moment, in dem er zum ersten Mal spürt, wie sich das Leder in seinen Rumpf drückt, dürfte spannend werden.“
    Er verlagerte noch einmal das Gold auf seiner Schulter und sagte nichts mehr. Stumm setzten sie den Weg zum Lagerplatz unter dem roten Felsüberhang fort. Janna spürte kein Bedürfnis zu sprechen, weil wenig zu sagen blieb. Entweder würde Lucifer einen Reiter dulden oder nicht. Im letzten Fall standen ihre Chancen schlecht, Cascabel und seiner Mörderbande zu entkommen.
    „Wir müssen Mad Jack überreden, das Gold hier zu lassen“, sagte sie schließlich.
    Er hatte den gleichen Gedanken gehabt. Und er hatte darüber nachgedacht, wie er sich an Mad Jacks Stelle fühlen würde, als alter kranker Mann, von bohrenden Schuldgefühlen geplagt und verzweifelt nach einer Möglichkeit suchend, wie er die Fehler aus der Ver-gangenheit wieder gutmachen und mit reinem Gewissen sterben konnte.
    „Das ist sein Weg in den Himmel“, sagte Ty.
    „Und unser Verderben, das uns geradewegs in die Hölle führt.“ „Versuche ihn zu überzeugen.“
    Janna hob das Kinn. „Genau das habe ich vor.“
    Sie hastete los und ließ ihn hinter sich. Als sie beim Lager ankam, war von Mad Jack nichts mehr zu sehen. Er hatte nur ein Stück Papier da gelassen, das von einem Stein beschwert wurde. Auf den Zettel hatte er in ungelenker Schrift den Namen der Stadt gekritzelt, in deren Nähe die Farm lag, die er vor so vielen Jahren verlassen hatte. Darunter standen die Namen seiner fünf Kinder.
    „Jack!“ rief Janna. „Warte! Komm zurück!“
    Keine Antwort. Sie wandte sich um und rannte zur Wiese.
    „Was ist los?“ fragte Ty.
    „Er ist weg!“
    „Der listige alte Hundesohn.“ Fluchend ließ er die schweren Satteltaschen zu Boden gleiten. „Er wusste, was geschehen würde, wenn wir erst herausgefunden hätten, wie viel Gold tatsächlich von hier weggeschafft werden muss. Er hat uns das Versprechen abgenommen, das Gold seinen Kindern zu bringen. Dann hat er sich schleimigst aus dem Staub gemacht.“
    Sie hob die Hände an den Mund. Über die Wiese tönte der wilde Schrei eines Habichts. Zebras Kopf tauchte auf, und die Stute trottete ihnen entgegen.
    „Was hast du vor?“ fragte Ty.
    „Ihn suchen. Er ist alt. In dieser kurzen Zeit kann er nicht weit gekommen sein.“
    Er hob Janna auf Zebra. Sekunden später galoppierte die Stute über die Wiese, geradewegs auf den engen Durchgang zu, der aus dem Tal hinausführte.
    Als sie vor dem Nadelöhr ankamen, war das Pferd schon schweißnass - von dem harten Galopp und weil sich die drängende Unruhe ihrer Reiterin auf sie übertrug. Janna sprang von der Stute und rannte in das Halbdunkel der

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