Wildes Herz
umspannte, als er sich an Zebras langer Mähne festhielt.
In der Magengrube fühlte sie wieder die kribbelnde Wärme, die sie zittern ließ, ohne dass sie fröstelte, und ihr fiel ein, wie stark Ty war. Sie hatte die Anspannung in seinen Muskeln gespürt, als er sie hochhob und als sie sich, das Gleichgewicht suchend, an seinen Arm hängte. Bei der Erinnerung prickelten ihre Handteller, als hätte sie über den Stoff seiner Hemdsärmel gestrichen. Sie dachte an den aufmerksam besorgten Ausdruck in seinem Gesicht, als er sich im Dickicht über sie gebeugt hatte und sie aus tiefem Schlaf hochgeschreckt war. Was wäre geschehen, wenn Zebra nicht die Witterung der Abtrünnigen aufgenommen und die schweigende Erwartung dieses Augenblicks durchbrochen hätte?
Nach einer Weile schlief Janna ein. Ihre Träume waren so unruhig wie der Wind.
Ty schlief, bis der Wind die Wolken vom Himmel gefegt hatte und eine silbern lächelnde Mondsichel das Land beschien.
„Wie steht’s, Mädchen?“ fragte er leise. „Fürchtest du dich im Dunkeln?“
Ungeduldig zerrend, wehrte sich Zebra gegen die Hand, die ihre Nase umfasste. Die Stute wollte in Freiheit den Pfad nach unten nehmen, das war nicht zu übersehen.
„Ja, das dachte ich mir. Aber wem wirst du folgen, Janna oder dem großen schwarzen Hengst?“
Zebra schnaubte.
„Gut, Mädchen. Dann sage ich dir etwas.“ Er schwang sich auf den warmen Rücken des Pferdes. „Ich hoffe, du wählst Janna. Wenn ich sie finde, werde ich ...“
Tys Stimme erstarb. Er wusste nicht, was er tun würde, wenn er Janna fand. Er war wütend auf sie, weil sie sich in die stürmische, feuchte Nacht hinausgeschlichen hatte, mit kaum mehr als einer Regenplane bekleidet. Sie irgendwo da draußen zu wissen, durchnässt, hungrig und frierend, machte ihn wahnsinnig, obwohl er sich immer wieder sagte, dass sie verdiente, was ihr der Starrsinn einbrachte - und wahrscheinlich konnte sie in jeder Lage gut für sich selbst sorgen.
„Zum Teufel, warum hat sie nicht wenigstens dich mitgenommen, damit sie reiten kann?“ murmelte Ty an Zebra gewandt. „Meinte sie, der Regen würde deine Spuren nicht gut genug wegspülen? Oder dachte sie, du würdest davonlaufen, so dass ich dir nachgehe und ihre Spur vollständig verliere?“
Zebra schenkte den halblaut gemurmelten Fragen ihres Reiters keine Beachtung. Mit dem regelmäßigen, sicheren Tritt, den ein Wildpferd in zerklüftetem Gelände erwarb, suchte sie sich ihren Weg über das steile Gefälle.
Ty sparte sich jeden Versuch, Zebra zu lenken. Er wusste nicht, wohin sie ihn trug. Im Dunkeln arbeiteten die Sinne der wilden Stute besser als seine eigenen. Nur mit dem Verstand war er ihr überlegen.
Schöne Überlegenheit, verspottete er sich selbst. Ein Mädchen kann mich überlisten und einfach verschwinden.
Der Gedanke konnte seine Laune nicht heben. So wenig wie die Tatsache, dass Jannas Gesicht vor ihm auftauchte, wann immer er die Augen schloss. Dann sah sie ihn mit diesem undurchdringlichen, reglosen Ausdruck an, den sie gehabt hatte, als er sich weigerte, ihr zu versprechen, dass sie diejenige sein würde, die Lucifer einfing.
Hölle und Fegefeuer. Was glaubt sie, was für ein Mann ich bin? Denkt sie, ich würde zulassen, dass sie gegen diesen Hengst kämpft und sich dabei ihr mageres kleines Hinterteil bricht?
Vor Tys innerem Auge tauchte überdeutlich Jannas Bild auf und erinnerte ihn daran, dass ihr Hinterteil alles andere als mager war. Ihr Körper hatte sich weich und nachgiebig unter seinen Fingern angefühlt, als er sie vom Pferd zog. Die schlanke Taille und ihre runden
Hüften wölbten sich verführerisch. Sie luden einen Mann ein, mit den Händen die reizvollen Formen nachzufahren, die sich einem darboten, um dann mit seinem Mund, seinen Lippen, seiner Zunge ...
Ty veränderte die Haltung, um den Druck auf sein schwellendes Fleisch zu mildem. Jedes Pochen schmerzte. Der Schmerz war ein vertrauter Begleiter, vor allem seit er begriffen hatte, was sein Körper längst wusste. Janna war eine Frau und kein Junge.
Ahnt sie, wie sehr ich sie begehre? Ist sie deshalb in den Sturm hinausgeflohen?
Vor Unbehagen presste er den Mund zu einem flachen Strich. Sie hatte ihn gerettet und dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt. Bei dem Gedanken, er könnte sie, wenn auch unabsichtlich, von sich fortgetrieben und ihr dadurch den einzigen Schutz genommen haben, den er ihr in diesem unruhigen Land bieten konnte, empfand er Ekel vor sich selbst und
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