Wildnis
mit!“, stieß sie schließlich hervor und lehnte jede weitere Erklärung ab, da man ihr keinen Glauben schenken würde.
Sie eilten hinauf in den Wald, doch nicht zu ihrem Haus, sondern weiter östlich. Jan ahnte, dass Anna sie zu ihrer Lichtung führte. Und tatsächlich öffnete sich vor ihnen bald das vertraute Oval. Ein Seeadler schwang sich von der gegenüberliegenden Waldseite in die Luft, gleich darauf flatterten kleinere Vögel kreischend auf.
Hinter dem Flügelwirrwarr sah Jan einen dunklen Fleck unter einer der Birken.
An einem Ast hing ein Wolf.
Greg, Michael und Laura rannten los. Anna ging ungerührt weiter, Jenny und Jan folgten ihr zögernd.
Der Wolf war an seinen Hinterläufen aufgehängt.
Greg näherte sich auf Armeslänge. „Wie klein er ist!“ Der Ast ragte kaum über ihre Köpfe und dennoch berührte der Wolf nicht den Boden. Jan zwang sich dazu, ihn anzuschauen, und schätzte den Rumpf auf einen knappen Meter.
„Das muss ein Kojote sein.“ Michaels gepresste Stimme kam von hinten.
Hunderte Fliegen bedeckten das Seil, das den Kojoten trug. Greg nahm einen Stock und schlug dagegen. Die Fliegen surrten, der gelblich-graue Körper schaukelte sanft. Er war an seinen eigenen Eingeweiden festgebunden.
Jemand würgte.
„Wie lange hängt der hier?“, fragte Laura angewidert.
„Die Augen und die Schnauze haben ihm die Vögel schon ausgehackt“, stellte Greg fest.
„Noch nicht lange.“ Annas Augen waren geweitet. Jan hatte den Eindruck, dass sie ihre Maske nur mit Mühe aufrechterhielt. „Ich habe ihn entdeckt, als der Adler kam. Ich lag da drüben und habe gelesen. Von der Seite bin ich gekommen.“ Sie zeigte in die Richtung des Wasserfalls. „Ich hätte ihn gesehen, wenn er schon dort gehangen hätte. Jemand muss ihn gebracht haben, während ich in mein Buch vertieft war.“ Sie blickte sich nervös um, als fürchte sie, dass ihr jederzeit die nächste Bedrohung entgehen könnte.
„Ihn an den Eingeweiden aufzuknüpfen, muss Zeit gekostet haben“, sagte Greg. „Du hättest nur einmal aufschauen müssen und den Täter gesehen. Wer geht so ein Risiko ein?“
„Nur jemand, dem es egal ist, ob er gesehen wird“, sagte Michael. Anna nickte und Jan schien es, dass sie längst zum gleichen Schluss gelangt war.
Laura schnappte nach Luft und starrte zu Boden. Fünf faustgroße Steine waren in einem Kreis unter dem Kadaver angeordnet, der sechste lag blutverschmiert in der Mitte.
„Wir sollten zurück zum Haus“, drängte Jenny und spähte in den Himmel. „Er könnte es anzünden.“
„Ob der Verbrecher wieder drei Warnungen hinterlässt, ehe er zuschlägt?“, fragte sich Jan laut.
„Dazu wird es nicht kommen.“ Michael setzte sich in Bewegung. „Wir verständigen die Polizei.“ In einem engen Pulk eilten sie zum Haus. Gemeinsam prüften sie, dass alle Zimmer leer waren, ehe sie sich in einem Halbkreis um das Funkgerät stellten. Ihr Schweigen hatte etwas Feierliches.
Greg legte den Schalter um. Jan und Anna schauten sich an.
Mit einem Grunzen bückte sich Greg und prüfte Stecker und Kabel. Dann bearbeitete er den Schalter, bis Laura rief: „Hör auf, du siehst doch selbst, dass das nichts bringt!“
„Cool Baby!“, sagte Greg gereizt. „Ich schraub das Ding auf, vielleicht finde ich was.“
„Kennst du dich damit aus?“ Jenny schaute auf das Gerät, als wäre es ein Miniaturraumschiff.
„Ich hab schon mal bei einem Fahrrad die Bremse nachgestellt“, schnaubte Greg.
„Wenn du dich nicht auskennst, wie willst du dann ein Funkgerät reparieren?“
„Jan, wärst du so lieb und nimmst sie raus zum Spielen?“
„Ich bin schon still“, flüsterte Jenny.
Greg zog den Stecker ab, holte das Werkzeugset aus dem Bord hervor, löste vier Schrauben und nahm die Rückseite des Gerätes ab. Nachdem er es lange regungslos inspiziert hatte, ließ er seine Finger über Drähte und Kabel wandern. Michael stellte sich neben ihn, doch seine Anmerkungen zeigten, dass er noch weniger davon verstand. Schließlich wandte er sich ab und lehnte sich an die Fenstertür, die zum Balkon hinausführte. „Gestern habe ich davon gesprochen, dass die Situation –“
„Quatsch nicht rum!“, rief Laura. „Mach lieber auf, wir ersticken in der Hitze.“
Michael öffnete die Balkontür. „Ich wollte nur sagen, dass es immer ein und dieselbe Person sein dürfte. Der Brandstifter. Der Mörder, der Refford und vermutlich seine Tochter umgebracht hat. Der Indianer, den Jan
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