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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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überrascht hat. Und jetzt der Typ, der uns den Kojoten vor die Nase gehängt und unser Funkgerät sabotiert hat.“
    „Wir sind hier nicht in Downtown Manhattan!“, keifte Laura.
    „Wahrscheinlich haben wir es mit einem verrückten Einzelgänger zu tun“, sagte Greg. „Und wahrscheinlich ist es der Indianer.“
    „Fuck, fuck, fuck!“ Jenny schlug mit der flachen Hand auf die Matratze neben sich.
    Greg wandte sich um. „O.k., ich gebe dir recht, Jenny. Fuck ist durchaus eine Option, aber ausnahmsweise bin ich dafür, dass wir noch etwas mehr tun.“ Er hielt den Schraubenzieher hoch. „Wir müssen uns bewaffnen.“
    Sie trugen ihr Arsenal auf dem großen Tisch im Salon zusammen: Küchenmesser, Taschenmesser, Flaschen und die beiden Äxte. Jan fühlte sich an einen mittelalterlichen Bauernaufstand erinnert. Auch die Aufregung, mit der sie das Haus nach waffentauglichem Material durchforstet hatten, passte dazu. Wie vor der ersten Schlacht, von der alle ahnten, dass es ihre letzte sein würde.
    „Wir sind nicht die Navy Seals.“ Greg stützte sich mit beiden Armen auf den Tisch. „Selbst wenn der Mörder allein ist, ist er uns überlegen. Er weiß, wo wir wohnen, er ist in der Wildnis erfahren und ziemlich sicher verfügt er über mehr Feuerkraft als wir.“
    „Und er hat bereits getötet“, fügte Anna hinzu. Laura fuhr zusammen und zerrte an der Haarsträhne, an der sie herumgespielt hatte.
    Greg überlegte kurz. „Ja, auch da ist er im Vorteil. Er wird im entscheidenden Sekundenbruchteil nicht zögern.“
    „Warum warnt er seine Opfer?“ Michael ließ eines der Messer auf dem Tisch kreiseln.
    Jenny hatte die Arme um sich geschlungen. „Er ist wie ein Werwolf. Wir sollen fliehen, ehe es Mitternacht wird.“
    Greg grinste. „Habt ihr noch irgendwas Abgefahreneres auf Lager?“
    „Er schwelgt in der Angst seiner Opfer.“ Laura sprach hastig. „Er will sie nicht entkommen lassen, er gibt ihnen keine Chance.“ Sie brach in Tränen aus und stieß hervor: „Er wird uns töten.“
    Greg legte ihr einen Arm um die Schulter. „Laura, Süße, denk an dein Make-up.“
    Sie hielt den Atem an, biss sich auf die Unterlippe und wischte sich mit dem Handrücken über die Wange.
    „Ein Vorschlag, der Laura aufpeppt?“ Niemand antwortete ihm. Alle schienen von Lauras Worten und Tränen gelähmt. „Dann gehen wir davon aus, dass er unseren Skalp will. Bevorzugt Annas Locken. Oder ist es ein Zufall, dass der Mörder ausgerechnet ihr den Kojoten hingehängt hat?“
    Anna erbleichte.
    „Die Mädchen sollten das Haus nicht mehr verlassen.“ Michael ließ das Messer erneut kreiseln und betrachtete es gedankenvoll. Jan erinnerte sich an die drehende Flasche vor dem Kamin. Lautete die Frage diesmal, wer sterben musste?
    Ein Schluchzen. Laura sprang auf und stolperte in die Küche.
    „Wir sollten das Haus auch nicht verlassen“, murmelte Jan.
    „Zumindest nicht die Wiese“, schloss Greg.
    Sie schauten sich an wie die Stammesführer eines belagerten Clans.
    „Wie lange reicht unser Essen?“, fragte Jenny leise in die Stille. „Ich meine nur, weil wir für vier Wochen geplant haben und noch jagen und fischen und Beeren sammeln wollten. Als ich heute Morgen die Vorratskammer aufgeräumt habe, musste ich einiges wegschmeißen.“
    Michael wollte dem Messer einen neuen Dreh versetzen, doch Greg drückte ihm die Hand auf den Tisch. Dann wandte er sich zu Jenny. „Erstell eine Liste, was noch vorhanden ist und wie wir es einteilen sollten, um drei Wochen damit auszukommen.“
    Jenny nickte und folgte Laura in die Küche.
    „Zurück zum Kriegsrat“, sagte Greg. „Wir müssen damit rechnen, dass der Feind uns aus dem Haus vertreiben will. Nachts muss mindestens einer im ersten Stock die Runde drehen und aus allen Fenstern schauen. Sobald es draußen dunkel wird, dürfen wir kein Licht mehr anmachen. Sonst kann der Feind sehen, wo wir uns aufhalten und sich in einem toten Winkel nähern. Ich glaube nicht, dass er einfach so auf uns schießen wird. Tagsüber können wir uns also an den Fenstern sehen lassen. Das wäre zu deprimierend, wenn wir ständig am Boden rumkrabbeln müssten. Auf den Balkon und die Veranda können wir uns auch noch wagen.“
    Jan war zum ersten Mal ein bisschen dankbar, dass Greg zur Gruppe gehörte. Diese Entschlossenheit, Kraft und Aggressivität, darauf waren sie nun angewiesen.
    Sie gingen zum Klohäuschen und rissen ein Brett nach dem anderen aus der Wand, bis nur noch die Eckpfosten,

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